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Robert, Carl [Hrsg.]; Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (3,3): Einzelmythen: Niobiden - Triptolemos ungedeutet — Berlin, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.12730#0076
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daß sie einander überschneiden. Damit hängt zusammen,
daß sich der stürzende Wagen nicht unterhalb von den
Pferden, sondern links von ihnen befindet, und daß Phae-
thon in senkrechter Richtung aus ihm herausfällt, nur sein
linkes Bein war nach rechts gebogen. Statt der göttlichen
und heroischen Zuschauer ist hier nur ein einzelner Hirt
Zeuge des Sturzes; er hat einen kurzen Bart und ist mit
einer gegürteten Ärmeltunica bekleidet. Die 1. Hand stützte
er auf einen Stab, dessen unteres Ende noch zwischen den
beiden Widdern erhalten ist, die r. war mit einem Gestus
des Schreckens erhoben. Zwei Bruchstellen im Reliefgrund
lassen den Platz erkennen, wo die Hände aufsaßen; bei
Bottazzi sind beide Arme, wie er selbst p. 246 angibt, von
seinem Zeichner P. Straneo ergänzt. Links von Phaethon
kommt hinter der Säule heraus ein Apfelbaum zum Vorschein.

Die beiden Seitenfelder werden von den symmetrisch
gestellten Dioscuren eingenommen; vgl. 342a. 342b.
Beide haben langes lockiges Haar, tragen auf dem Kopfe
den Pileus und sind mit der Chlamys bekleidet, die bei
dem einen um den Hals gelegt ist, bei dem anderen von
der 1. Schulter herabfällt; beide halten ihr Pferd am Zügel,
das mit einer zottigen Schabracke bedeckt ist. Der links
trägt in der R. eine Lanze, der rechts in der L. deren zwei
und hat überdies ein Schwert an der Seite, wie überhaupt
in den Einzelheiten ein Streben nach Abwechslung ersicht-
lich ist. Bei dem Dioscuren links steht im Reliefgrund:
0APC6I GYreNGl öapasi, eo-fSMci (verschrieben für eöfsves),
bei dem anderen: 0YA6IC AOANATOC oöSet; äödvctxoc.
S. Sieburg Archiv für Religionswissensch. 1906 S. 390.

Die Felder der beiden Schmalseiten sind umrahmt;
in der oberen Umrahmung ein nach oben offener Bogen.
Auf der rechten Schmalseite Fig. 350a zwei Amoren,
der eine mit, der andere ohne Flügel, beim Astragalenspiel;
sie stehen auf einer ziemlich hohen Basis, deren Stirnfläche
zwar glatt gelassen ist, die aber doch wohl Terrain an-
deuten soll. Der ungeflügelte ist der Sieger. Er hält auf
dem linken Arme einen der unnatürlich groß gebildeten
Astragalen, den er bereits gewonnen zu haben scheint,
und deutet mit dem rechten Zeigefinger auf zwei an-
dere, die am Boden liegen. Von diesen, auf deren Wie-
dergabe große Sorgfalt verwandt ist, erscheint der dem
Sieger zunächstliegende auf der dem Beschauer zugewand-
ten Breitseite etwas konvex, das ist also xb rcpavei;, und auf
seiner Oberfläche glatt, das ist also xb ^ibv; beim zweiten
Astragal ist die Breitseite konkav, also xb uuxiov, die Ober-
fläche leicht vertieft, also xb zolov. Die Würfe sind demnach
der Xio? und der Ktoo;, und wir haben den berühmten Fall,
von dem der Vers des Strattis gilt: Xioc Trotpaaxa; K(oov
oüx sa XsTfeiv [fr. 23 K.; vgl. Sauppe Philol. XI 36 ff., Mau
in Pauly und Wissowas Real-Enzyklopädie II 1794). Zum
besseren Verständnis zeigt die folgende Abbildung den Wurf

Kcjio; und Xto?.

mit wirklichen Astragalen. Der geflügelte Amor, der sich
beschämt das Gesicht bedeckt, hat also diesen Wurf getan,
und sein Partner zeigt triumphierend auf den Xtoc.

Auf der linken Schmalseite Fig. 350b zwei geflügelte
Amoren, die ihre Hähne miteinander kämpfen lassen. Die
auch hier wiederkehrende, das Terrain andeutende Basis
hat an beiden Enden höckerartige Erhebungen, die den
Standplatz der Amoren bilden. In dem Räume dazwischen
findet der Kampf statt. Der Hahn zur L. hackt mit sei-
nem Schnabel in den Kamm seines Gegners, er ist also der
Sieger. Sein Herr schreitet in freudiger Erregung nach
vorwärts, indem er die rechte Hand vorstreckt und in der
linken bereits die Palme hält; der Herr des besiegten Hahns
erhebt bestürzt beide Hände.

Die Rückseite Fig. 350c ist wie die Vorderseite in ein
breites Mittelfeld und zwei halb so breite Seitenfelder zer-
legt, jedoch durch keine Säulen gegliedert. Das Mittelfeld
ist umrahmt, aber leer gelassen. Die Seitenfelder sind als
Bogennischen gestaltet. In jeder dieser Nischen steht ein
Hirte, in derselben Tracht wie der beim Sturz des Phae-
thon in dem Mittelfeld der Vorderseite gegenwärtige Hirte,
als dessen Kameraden wohl diese beiden zu denken sind.
Beide tragen an der Seite ihr Melkgeschirr. Der Hirt in
der linken Nische bläst auf der Querflöte, der in der rech-
ten hält in der Hand eine Syrinx, die er eben vom Munde
abgesetzt zu haben scheint. Dabei senkt er den Kopf und
blickt mit kläglichem Ausdruck auf den Blasenden. Es
scheint sich also hier um einen musikalischen Wettstreit zu
handeln, bei dem die Flöte über die Syrinx siegt. Der
Syrinxbläser trägt auf den Schultern einen Widder, ist also
in dem Typus dargestellt, den die altgriechische Kunst für
den Herdengott Hermes geschaffen und die altchristliche auf
den „guten Hirten" übertragen hat. Dadurch verführt, hat
man auch diesen Sarkophag früher für christlich gehalten,
ein Irrtum, dem zuerst Piper entgegengetreten ist. Zu Füßen
dieses Widderträgers sitzt auf jeder Seite ein Hund, und
seine Gestalt wird von zwei Apfelbäumen umrahmt, wäh-
rend über dem Flötenbläser sich ein Pinienbaum erhebt.

Der Deckel ist als Giebeldach gebildet. An den Schmal-
seiten Fig. 350 a. Fig. 350 b, wo die gewaltigen Versatz-
bossen stehen geblieben sind, ist im Giebelfeld beide Male
ein Medusenhaupt angebracht, mit Flügeln, zwischen denen
sich eine Locke wie eine Flamme emporhebt, während von
Stirn und Schläfe zwei Locken in ähnlicher Weise nach
 
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