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Robert, Carl [Hrsg.]; Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (3,3): Einzelmythen: Niobiden - Triptolemos ungedeutet — Berlin, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.12730#0078
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T. PROMETHEUS.

Maßgebend für die Wahl dieses Mythus zum Sarkophag-
schmuck war natürlich die Vorstellung von Prometheus
als Menschenbildner. Zu der Erschaffung des Menschen
tritt dann von vornherein als Gegenstück die symbolische
Darstellung seines Todes. Doch werden hiermit bei der
ersten Klasse (351—355) noch zwei weitere Szenen aus
dem Prometheusmythus verbunden, der Feuerraub und die
Befreiung des an den Caucasus gefesselten Titanen durch
Hercules, so daß diese Sarkophage die ganze Geschichte
des Prometheus illustrieren. Im Gegensatz hierzu beschränkt
sich bei der zweiten nur durch ein einziges Exemplar 356
vertretenen Klasse die Darstellung auf das Werden und
Vergehen des Menschen, bei der dritten, von der gleich-
falls nur ein einziges Exemplar 357 existiert, nur auf das
erstere.

Über das Alter der Fabel von Prometheus' Menschen-
schöpfung, ihre Entstehung und Verbreitung verweise ich
auf die Darlegungen im Hermes XLIX 1914 S. 34 fr. Für
das Verständnis der Sarkophagdarstellungen kommt es vor
allem auf die Frage an, wie das neue Gebilde beseelt wird,
wodurch dann wieder die Art, wie sein Tod dargestellt
wird, bedingt ist. In dieser Beziehung scheiden sich die
Prometheus-Sarkophage in zwei Gruppen, die sich mit den
eben konstatierten Klassen nur teilweise decken. Auf den
ältesten Exemplaren der ersten Klasse 351 und 352 wird
die Beseelung dadurch vollzogen, daß Minerva dem Ton-
geschöpf einen Schmetterling oder, korrekt gesprochen,
eine Chrysalide in den Kopf einführt. Die Mitarbeit der
Göttin ist literarisch bezeugt durch Lukian Prometheus es
in verb. 3 auvsipYa'Cexo os xi xal ^ Ädvjva gjjnrvEouaa xbv injXbv
xal IjJKpo^a iroiouaa ehai xa TuXdajiaxa (vgl. Prom.s. Cauc. 13),
was aber eher auf ein Einblasen des Lebensatems zu deu-
ten scheint wie im Pentateuch, und Hygin fab. 142 cui Mi-
nerva animam dedit, womit das Einsetzen der Chrysalide
zwar gemeint sein kann, aber nicht gemeint zu sein braucht.
Der Tod aber wird auf diesen Sarkophagen so verbildlicht,
daß Mercur als Seelenführer die Psyche aus dem Leichnam
entführt. Während des Menschenlebens hat sich also die
Chrysalide zu einem Mädchen mit Schmetterlingsflügeln
entwickelt. Daß diese Vorstellung auf Platonischer Grund-
lage beruht, braucht nicht bewiesen zu werden.

Auf den jüngeren Sarkophagen tritt neben oder an Stelle
der Belebung durch Einsetzen des Schmetterlings noch eine

andere Art der Beseelung. Dabei geht man am besten
von 355 aus? wo sicn beide nebeneinander finden. Hier
steht hinter der die Chrysalide haltenden Minerva eine ver-
hüllte Gestalt in dem Typus, in dem sonst auf den Sarko-
phagen die Schatten Verstorbener dargestellt zu werden
pflegen; s. unten 423 und II 26. 32. 155. 155 a. 163, vgl.
E. Petersen Rom. Mitteilungen XVI 1901 S. 91. Und an-
dererseits wird in der Sterbeszene nicht nur die Psyche von
Mercur entführt, sondern es fliegt auch über dem Leichnam
ein Schmetterling. Es ist klar, daß dieser der Chrysalide
und die Psyche der Schattengestalt entspricht. Somit wird
ein Unterschied gemacht zwischen Belebung und Beseelung,
ähnlich dem zwischen animus und anima, jedoch nicht da-
mit identisch. Durch die Chrysalide wird der Körper be-
lebt; die Seele aber ist ein Wesen für sich, das eine Zeit-
lang im Körper Wohnung nehmen muß. Und wie die
Chrysalide sich zum Schmetterling entwickelt, so wachsen
der Psyche am Ende ihrer irdischen Laufbahn die Schmet-
terlingsflügel. Auch diese Vorstellung ist handgreiflich eine
Vergröberung und teilweise Umkehrung platonischer Ideen.
Auf 354 fehlt Minerva und es scheint als ob Prometheus
hier auch die Belebung vornähme. Auch auf den Exem-
plaren der zweiten und dritten Klasse ist die Belebung
durch Minerva ausgeschaltet; denn auf 356 ist sie zwar
zugegen, aber nur als Zuschauerin oder höchstens als
Helferin bei der Menschenbildung. Auf demselben Sarko-
phage findet sich der wiederum auf Platon zurückgehende
Zug, daß Psyche ungern in den Körper eingeht, so daß
ihr die Parze zureden muß. Noch stärker ist diese Abnei-
gung auf 357 ausgedrückt, wo Psyche sich von dem Kör-
per abwendet und das Gewand, das ihr beim Eintritt in
die irdische Behausung abfällt, mit der Hand festzuhalten
sucht. Ganz singulär aber und, wie es scheint, literarisch
nicht zu belegen ist die dort begegnende Vorstellung, daß
die Olympier die Psyche dem Unterweltsgott wie einen
Sklaven durch eine Geldsumme abkaufen müssen. Hieraus
ergibt sich, daß auf 355 zwei Vorstellungen von der Be-
seelung kombiniert sind, wie ja dort auch neben dem spä-
teren heidnischen Glauben von dem Entstehen des Men-
schengeschlechts der jüdisch-christliche erscheint. Aber auch
die Exemplare 356 und 357, die jedes eine Klasse für sich
bilden, weisen so viele Besonderheiten auf, daß man zu der
Ansicht gedrängt wird, die philosophische Anschauung der
 
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