44°
PROMETHEUS
354) F. Rom, Vatikan, Saladeibusti. Fig. 354. L.0,98.
H. 0,68. Rh. 0,02. Zeichnung von Eichler 1893.
Unter Pius VI. erworben; nach Fea in Ostia gefunden.
Abbildungen: E.Q. Visconti // Museo Pio-Clementino IV 1788
tav. 34. Danach MlLLlN Galerie mythologique 1811 II pl. 92, 382 (da-
nach guigniaut Religions de Vanliquite pl. 157, 602) und d'agincourt
Histoire de Vart IV 1823 {sculpt.) pl. 1 nr. 15. — PiSTOLESl II Vati-
cano descritto ed illustrato 1829 V tav. 51. Danach müller und
Wieseler Denkmäler der alten Kunst II Taf. 65 Nr. 840; danach
Roschers Mythol. Lexikon III 3106 Fig. 11. — Amelung Die Sculp-
turen des vaticanischen Museums II 1908 Taf. LXVI Nr. 353.
Literatur: E.Q.Visconti a.a.O./.65^.; Zoega App.fol. 170,27
(Aug. 1797 an seinem jetzigen Platz), Ders. Abhandlungen S. 79 A. 5;
Ders. inWelckersZeitschrift S. 399 f.; P. Massi Indicazione antiquaria
1792 p. 66; H. Meyer und J. Schulze in Winckelmanns Werken
IV 1811 S. 349; Millin a. a. O.p. 65; Welcker Zeitschr. für Gesch.
u. Ausl. d. alt. Kunst 1818 S. 21 o; Fea Nuova Descrizione del Vati-
cano 1819 p. 106; d'Agincourt a. a. O. II 23; Panofka Lettera
alP Abbate Maggiore (Giornale di scienze, lettere ed arti per la Sictlia
XXX 1825)/. 11 11.6; PiSTOLESl a. a. O.p. 77 ss.; BrÖNDSTEDT Reisen
und Untersuchungen in Griechenland II 1830 S. 220 Anm. 9; gerhard
u. Platner Beschreibung der Stadt Rom II 2, 1834, S. 189 ff. Nr. 73;
Böttiger Ideen zur Kunst-Mythologie II 1836 S.372 ff.; Ders. Kleine
Schriften II 1838 S. 331 ff.; O. Jahn Archäologische Beitr. S. 139ff.;
Ders. Sitz.-Ber. der sächs.Ges. I 1849 S. 172. XIII 1861 S. 294 A. 11 f.;
Müller und Wieseler a. a. O. S. 25 f.; Massi Descrizione dei Musei
Vaticanip. 32g ss. nr. 353; Collignona.a.O./. 422 s. nr.ibS; Konitzer
a. a. O. p. 22 ss.; BiRT Buchrolle in der Kunst 1907 S. 69 A. 4; Bapp
in Roschers Mythol. Lex. III 1903 S. 3106; Amelung a. a. O. S. 541 ff.
Nr. 353-
Visconti hat in dem Fragment Fig. 354 den Rest eines
Sarkophags erkannt, was Amelung mit Unrecht bestreitet.
Denn für alle Singularitäten, die das Stück allerdings auf-
weist, finden sich auf anderen Sarkophagen mehr oder weni-
ger entsprechende Parallelen; so für die Beischriften auf
342 c. Aber allerdings bedarf Viscontis Ansicht in einigen
Punkten der Modifikation. So irrte er darin, daß er sich
die Bildfläche, nach Analogie der christlichen Sarkophage,
in zwei gleich hohe Streifen geteilt dachte. Der untere
Streifen war vielmehr niedriger und ist als Sockel zu den-
ken, wie bei 127. 132 und 435. Dieser Tatbestand ergibt
sich aus den Maßen des Eckpfeilers, der von unerhörter
Schlankheit sein würde, wenn man ihn nach unten hin um
das Doppelte verlängern wollte. Auch würden dann die
Kanelluren bis zu dreiviertel der Höhe gefüllt gewesen sein,
wofür es ebensowenig ein Beispiel gibt. Verlängert man
hingegen den Pfeiler nur bis zum unteren Rand des obe-
ren Streifens, so reicht die Füllung der Kanelluren, wie es
sich gehört, gerade bis zur Hälfte der Schafthöhe. End-
lich hat der obere Streifen unten eine vorspringende Rand-
leiste, auf die die Eckpfeiler aufsetzten. Ebenso springt
der obere Rand des Sockels etwas vor. Ferner stammt das
Fragment, wie schon die geringe Relieferhebung beweist,
nicht von der Vorder-, sondern von der Rückseite des
Sarkophags. Die Einrahmung der Bildfläche durch Eck-
pfeiler ist zwar bei römischen Sarkophagen nicht so häufig
wie bei griechischen (s. II 20. 68 und vermutlich 138J, fehlt
aber auch dort nicht ganz, s. III 164 a. 164 b und vermut-
lich II 63 b. Allerdings handelt es sich in diesen Fällen um
Schmalseiten; aber man darf nicht vergessen, daß der Sar-
kophag, von dem das Bruchstück herrührt, auch darin grä-
cisiert, daß er den plastischen Schmuck auch auf die Rück-
seite ausdehnt. Auf diesen korinthischen Eckpfeilern, für
deren Form III 128 und 192 zu vergleichen sind, ruht der
obere Randstreifen, der mit einer Ranke von Spiralen ge-
schmückt ist.
Das Zentrum der Komposition nimmt, wie auf 351 und
353, die Gruppe der Parzen ein, jedoch in anderer Gruppie-
rung. In der Mitte steht Lachesis, LACHE SIS, mit Himmels-
globus und Stäbchen, zu ihrer Rechten Clotho, [CLOTJHO,
mit einer geschlossenen Buchrolle in jeder Hand, zu ihrer
Linken Atropos, ATPOPOS, auf die Sonnenuhr zeigend.
Die Darstellung von Erschaffung und Tod des Menschen
ist diesmal auf die rechte Seite gestellt. Prometheus,
PROMETHES, hat sein hier auf der Erde stehendes Geschöpf,
das durch die Beischrift MV LI ER als weiblich bezeichnet ist,
mit der linken Hand am Arm gefaßt, während die rechte
Hand auf dessen Kopf Hegt. Der Gegenstand, den diese
Hand hielt, ist durch Verstoßung unkenntlich geworden, doch
scheint der Gedanke an ein Modellierholz durch die Finger-
stellung, die ähnlich ist wie die der Minerva auf 351. 352,
ausgeschlossen. Vielmehr wird man an die Chrysalide den-
ken, so daß hier Prometheus das Weib nicht nur formt,
sondern auch beseelt. Auch dies kann man als Umbildung
der Platonischen Vorstellung im Protagoras 321 C ansehen,
wo Prometheus den dort allerdings von den Göttern ge-
schaffenen Menschen durch den Feuerraub die evte^vo? oocpi'a
verleiht. Über Prometheus stehen auf einem Felsen ein
grasender Esel, ASINVS, und ein Stier, TAVRVS, neben
seinem Sitz liegt ein Hund. Auch diese sind von ihm ge-
schaffen nach der zuerst bei Philemon nachweisbaren Vor-
stellung {fr. 89 K.):
xai TaXXcc irdvxa Ccoa.
Richtig bemerkt Amelung, daß mit Absicht die Haustiere
des Menschen gewählt sind. Links schließt sich die Todes-
szene an. Das Weib liegt entseelt auf dem Rücken, wäh-
rend Mercur, MERCVRIVS, die Psyche, ANIMA, entführt.
Diesem Exemplar eigentümlich sind zwei zu beiden Seiten
der Atropos stehende kleine nackte Figuren, die durch die
Verschiedenheit der Kopfform und die Körperbildung deutlich
von der „muh'er" unterschieden und durch das Geschlechts-
glied als Männer gekennzeichnet sind. Also liegt hier keines-
wegs die durch Erinna (Anth. Pal. VI 352) und Menander
i/r- 535 K.) bezeugte Anschauung vor, daß nur die Frauen
von Prometheus geschaffen sind. Der eine dieser Männer
PROMETHEUS
354) F. Rom, Vatikan, Saladeibusti. Fig. 354. L.0,98.
H. 0,68. Rh. 0,02. Zeichnung von Eichler 1893.
Unter Pius VI. erworben; nach Fea in Ostia gefunden.
Abbildungen: E.Q. Visconti // Museo Pio-Clementino IV 1788
tav. 34. Danach MlLLlN Galerie mythologique 1811 II pl. 92, 382 (da-
nach guigniaut Religions de Vanliquite pl. 157, 602) und d'agincourt
Histoire de Vart IV 1823 {sculpt.) pl. 1 nr. 15. — PiSTOLESl II Vati-
cano descritto ed illustrato 1829 V tav. 51. Danach müller und
Wieseler Denkmäler der alten Kunst II Taf. 65 Nr. 840; danach
Roschers Mythol. Lexikon III 3106 Fig. 11. — Amelung Die Sculp-
turen des vaticanischen Museums II 1908 Taf. LXVI Nr. 353.
Literatur: E.Q.Visconti a.a.O./.65^.; Zoega App.fol. 170,27
(Aug. 1797 an seinem jetzigen Platz), Ders. Abhandlungen S. 79 A. 5;
Ders. inWelckersZeitschrift S. 399 f.; P. Massi Indicazione antiquaria
1792 p. 66; H. Meyer und J. Schulze in Winckelmanns Werken
IV 1811 S. 349; Millin a. a. O.p. 65; Welcker Zeitschr. für Gesch.
u. Ausl. d. alt. Kunst 1818 S. 21 o; Fea Nuova Descrizione del Vati-
cano 1819 p. 106; d'Agincourt a. a. O. II 23; Panofka Lettera
alP Abbate Maggiore (Giornale di scienze, lettere ed arti per la Sictlia
XXX 1825)/. 11 11.6; PiSTOLESl a. a. O.p. 77 ss.; BrÖNDSTEDT Reisen
und Untersuchungen in Griechenland II 1830 S. 220 Anm. 9; gerhard
u. Platner Beschreibung der Stadt Rom II 2, 1834, S. 189 ff. Nr. 73;
Böttiger Ideen zur Kunst-Mythologie II 1836 S.372 ff.; Ders. Kleine
Schriften II 1838 S. 331 ff.; O. Jahn Archäologische Beitr. S. 139ff.;
Ders. Sitz.-Ber. der sächs.Ges. I 1849 S. 172. XIII 1861 S. 294 A. 11 f.;
Müller und Wieseler a. a. O. S. 25 f.; Massi Descrizione dei Musei
Vaticanip. 32g ss. nr. 353; Collignona.a.O./. 422 s. nr.ibS; Konitzer
a. a. O. p. 22 ss.; BiRT Buchrolle in der Kunst 1907 S. 69 A. 4; Bapp
in Roschers Mythol. Lex. III 1903 S. 3106; Amelung a. a. O. S. 541 ff.
Nr. 353-
Visconti hat in dem Fragment Fig. 354 den Rest eines
Sarkophags erkannt, was Amelung mit Unrecht bestreitet.
Denn für alle Singularitäten, die das Stück allerdings auf-
weist, finden sich auf anderen Sarkophagen mehr oder weni-
ger entsprechende Parallelen; so für die Beischriften auf
342 c. Aber allerdings bedarf Viscontis Ansicht in einigen
Punkten der Modifikation. So irrte er darin, daß er sich
die Bildfläche, nach Analogie der christlichen Sarkophage,
in zwei gleich hohe Streifen geteilt dachte. Der untere
Streifen war vielmehr niedriger und ist als Sockel zu den-
ken, wie bei 127. 132 und 435. Dieser Tatbestand ergibt
sich aus den Maßen des Eckpfeilers, der von unerhörter
Schlankheit sein würde, wenn man ihn nach unten hin um
das Doppelte verlängern wollte. Auch würden dann die
Kanelluren bis zu dreiviertel der Höhe gefüllt gewesen sein,
wofür es ebensowenig ein Beispiel gibt. Verlängert man
hingegen den Pfeiler nur bis zum unteren Rand des obe-
ren Streifens, so reicht die Füllung der Kanelluren, wie es
sich gehört, gerade bis zur Hälfte der Schafthöhe. End-
lich hat der obere Streifen unten eine vorspringende Rand-
leiste, auf die die Eckpfeiler aufsetzten. Ebenso springt
der obere Rand des Sockels etwas vor. Ferner stammt das
Fragment, wie schon die geringe Relieferhebung beweist,
nicht von der Vorder-, sondern von der Rückseite des
Sarkophags. Die Einrahmung der Bildfläche durch Eck-
pfeiler ist zwar bei römischen Sarkophagen nicht so häufig
wie bei griechischen (s. II 20. 68 und vermutlich 138J, fehlt
aber auch dort nicht ganz, s. III 164 a. 164 b und vermut-
lich II 63 b. Allerdings handelt es sich in diesen Fällen um
Schmalseiten; aber man darf nicht vergessen, daß der Sar-
kophag, von dem das Bruchstück herrührt, auch darin grä-
cisiert, daß er den plastischen Schmuck auch auf die Rück-
seite ausdehnt. Auf diesen korinthischen Eckpfeilern, für
deren Form III 128 und 192 zu vergleichen sind, ruht der
obere Randstreifen, der mit einer Ranke von Spiralen ge-
schmückt ist.
Das Zentrum der Komposition nimmt, wie auf 351 und
353, die Gruppe der Parzen ein, jedoch in anderer Gruppie-
rung. In der Mitte steht Lachesis, LACHE SIS, mit Himmels-
globus und Stäbchen, zu ihrer Rechten Clotho, [CLOTJHO,
mit einer geschlossenen Buchrolle in jeder Hand, zu ihrer
Linken Atropos, ATPOPOS, auf die Sonnenuhr zeigend.
Die Darstellung von Erschaffung und Tod des Menschen
ist diesmal auf die rechte Seite gestellt. Prometheus,
PROMETHES, hat sein hier auf der Erde stehendes Geschöpf,
das durch die Beischrift MV LI ER als weiblich bezeichnet ist,
mit der linken Hand am Arm gefaßt, während die rechte
Hand auf dessen Kopf Hegt. Der Gegenstand, den diese
Hand hielt, ist durch Verstoßung unkenntlich geworden, doch
scheint der Gedanke an ein Modellierholz durch die Finger-
stellung, die ähnlich ist wie die der Minerva auf 351. 352,
ausgeschlossen. Vielmehr wird man an die Chrysalide den-
ken, so daß hier Prometheus das Weib nicht nur formt,
sondern auch beseelt. Auch dies kann man als Umbildung
der Platonischen Vorstellung im Protagoras 321 C ansehen,
wo Prometheus den dort allerdings von den Göttern ge-
schaffenen Menschen durch den Feuerraub die evte^vo? oocpi'a
verleiht. Über Prometheus stehen auf einem Felsen ein
grasender Esel, ASINVS, und ein Stier, TAVRVS, neben
seinem Sitz liegt ein Hund. Auch diese sind von ihm ge-
schaffen nach der zuerst bei Philemon nachweisbaren Vor-
stellung {fr. 89 K.):
xai TaXXcc irdvxa Ccoa.
Richtig bemerkt Amelung, daß mit Absicht die Haustiere
des Menschen gewählt sind. Links schließt sich die Todes-
szene an. Das Weib liegt entseelt auf dem Rücken, wäh-
rend Mercur, MERCVRIVS, die Psyche, ANIMA, entführt.
Diesem Exemplar eigentümlich sind zwei zu beiden Seiten
der Atropos stehende kleine nackte Figuren, die durch die
Verschiedenheit der Kopfform und die Körperbildung deutlich
von der „muh'er" unterschieden und durch das Geschlechts-
glied als Männer gekennzeichnet sind. Also liegt hier keines-
wegs die durch Erinna (Anth. Pal. VI 352) und Menander
i/r- 535 K.) bezeugte Anschauung vor, daß nur die Frauen
von Prometheus geschaffen sind. Der eine dieser Männer