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Assmann, Jan
Die Gott-Mythologien der Josephsromane — Düsseldorf, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.37076#0031
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Die Zeit, in der Thomas Mann diese Konzeption eines Zusam-
menspieis von Geist und Seeie im Sinne des Segens von oben und
unten entwickelte, war von einer militanten Geistfeindlichkeit
geprägt. Nachdem der Platonismus Geist und Seele unterschie-
den und Schopenhauer diese Unterscheidung als Wille und Vor-
stellung universalisiert hatte, haben bestimmte, an Bergson und
Nietzsche anknüpfende Richtungen der Lebensphilosophie - hier
ist vor allem der Name Ludwig Klages zu nennen — die Seele
gegen den Geist ausgespielt und den Geist — mit deutlich anti-
semitischen Untertönen - als ein lebensfeindliches Prinzip des-
avouiert. Aus dieser Quelle speiste sich der Anti-Intellektualismus
der NS-Bewegung, gegen die Thomas Mann leidenschaftlich zu
Felde zog.
In dem ideologisch und politisch zerstrittenen und zerrissenen
Klima dieser Jahre bietet Thomas Mann eine geniale Lösung
an: Geist und Seele muss man unterscheiden, aber man darf sie
nicht trennen. Beide gehören zusammen und bilden das Ganze
der Welt und des Menschen in ihr. So gehören auch Mythos und
Monotheismus zusammen. Die Götter haben ihr seelisches, Gott
sein geistiges Recht. »Denn Gott ist eine Anstrengung, aber die
Götter sind ein Vergnügen«, lässt Thomas Mann seinen Jaakob
gegen Ende des Romanwerks sagen (1274). Die Götter - das ist
der Mythos in dessen Urformen die Seele sich spiegelnd wandelt.
Gott, das ist der Geist, der über das Gegebene hinausdrängt.

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