Buch I. Art. 85.
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Bibliotheken, und bewundert er die ungeheure Mannich-
faltigkeit der vorhandenen Bücher, so wird sein Staunen
sich in das Gegentheil verkehren, wenn er den Gegen-
stand und Inhalt dieser Bücher untersucht und näher be-
trachtet. Wenn er da gesehen hat, dass die Wieder-
holungen kein Ende nehmen, und die Menschen immer
dasselbe reden und treiben, so wird seine Bewunderung
dieser Mannichfaltigkeit sich umwandeln in ein Ver-
wundern über die Dürftigkeit und Geringfügigkeit dessen,
was den Verstand der Menschen bis jetzt gefesselt und
beschäftigt hat.
Wendet er sich aber zur Betrachtung dessen, was mehr für
merkwürdig als verständig gilt, und betrachtet er die Werke
der Alchymisten und Magier von innen, so wird er vielleicht
schwanken, ob sie mehr belacht oder beweint zu werden
verdienen. Der Alchymist hat ein unverwüstliches Hoffen;
gelingt ihm etwas nicht, so ist nur sein Irrthum daran
Schuld; er überlegt bei sich, dass er die Ausdrücke der
Kunst oder der Autoren nicht recht verstanden; er passt
auf die Ueberlieferungen und das Geflüster von Ohren-
zeugen; er meint, dass er in den schwierigen Punkten
und Theilen seines Verfahrens etwas versehen habe; er
widerholt deshalb die Versuche ohne Ende, und geräth er
bei diesen Versuchen zufällig auf etwas, was wegen sei-
ner Neuheit oder Nützlichkeit nicht zu verachten ist, so
weidet er an solchen Ergebnissen seine Seele, rühmt und
preist dies übermässig und vertröstet wegen des Uebrigen
auf Hoffnungen. Dennoch kann man nicht leugnen, dass
die Alchymisten Manches entdeckt und die Menschheit mit
nützlichen Erfindungen beschenkt haben. Aber die Fabel
von jenem Greise passt gut auf sie, welcher seinen Söhnen
einen, angeblich in seinem Weinberge vergrabenen Schatz
vermachte, von dem er nur die Stelle nicht zu wissen vor-
gab. So gruben die Söhne fleissig in dem Weinberg und
fanden zwar keinen Schatz, aber die Weinlese wurde durch
diese Bearbeitung reicher.
Dagegen haben Die, welche sich der natürlichen Magie
befleissigten und Alles mit der Sympathie der Dinge er-
reichen wollten, nach müssigen und grundlosen Ver-
muthungen den Dingen wunderbare Kräfte und Wirksam-
keiten beigelegt, und wenn sie einmal etwas zu Stande
gebracht haben, so diente es doch mehr dem Staunen und
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Bibliotheken, und bewundert er die ungeheure Mannich-
faltigkeit der vorhandenen Bücher, so wird sein Staunen
sich in das Gegentheil verkehren, wenn er den Gegen-
stand und Inhalt dieser Bücher untersucht und näher be-
trachtet. Wenn er da gesehen hat, dass die Wieder-
holungen kein Ende nehmen, und die Menschen immer
dasselbe reden und treiben, so wird seine Bewunderung
dieser Mannichfaltigkeit sich umwandeln in ein Ver-
wundern über die Dürftigkeit und Geringfügigkeit dessen,
was den Verstand der Menschen bis jetzt gefesselt und
beschäftigt hat.
Wendet er sich aber zur Betrachtung dessen, was mehr für
merkwürdig als verständig gilt, und betrachtet er die Werke
der Alchymisten und Magier von innen, so wird er vielleicht
schwanken, ob sie mehr belacht oder beweint zu werden
verdienen. Der Alchymist hat ein unverwüstliches Hoffen;
gelingt ihm etwas nicht, so ist nur sein Irrthum daran
Schuld; er überlegt bei sich, dass er die Ausdrücke der
Kunst oder der Autoren nicht recht verstanden; er passt
auf die Ueberlieferungen und das Geflüster von Ohren-
zeugen; er meint, dass er in den schwierigen Punkten
und Theilen seines Verfahrens etwas versehen habe; er
widerholt deshalb die Versuche ohne Ende, und geräth er
bei diesen Versuchen zufällig auf etwas, was wegen sei-
ner Neuheit oder Nützlichkeit nicht zu verachten ist, so
weidet er an solchen Ergebnissen seine Seele, rühmt und
preist dies übermässig und vertröstet wegen des Uebrigen
auf Hoffnungen. Dennoch kann man nicht leugnen, dass
die Alchymisten Manches entdeckt und die Menschheit mit
nützlichen Erfindungen beschenkt haben. Aber die Fabel
von jenem Greise passt gut auf sie, welcher seinen Söhnen
einen, angeblich in seinem Weinberge vergrabenen Schatz
vermachte, von dem er nur die Stelle nicht zu wissen vor-
gab. So gruben die Söhne fleissig in dem Weinberg und
fanden zwar keinen Schatz, aber die Weinlese wurde durch
diese Bearbeitung reicher.
Dagegen haben Die, welche sich der natürlichen Magie
befleissigten und Alles mit der Sympathie der Dinge er-
reichen wollten, nach müssigen und grundlosen Ver-
muthungen den Dingen wunderbare Kräfte und Wirksam-
keiten beigelegt, und wenn sie einmal etwas zu Stande
gebracht haben, so diente es doch mehr dem Staunen und