Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Badische Ortsbeschreibung [Hrsg.]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 1.1859

DOI Heft:
Inhalt
DOI Artikel:
Reich, L.: Die badische Landschaft Baar und ihre Bewohner
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42306#0465
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
447

Charakter unserer Hochebene, jedenfalls besser, als der schmäch-
tige Spitzthurm, vomit moderne Baukünstler da und dort die
Gegend verzieren vollen.
Von allen Garen unseres Großherzogthums hat die Baar,
den eigentlichen Süwarzwald und das Kinzigthal ausgenommen,
noch am meisten alb Landestrachten bewahrt. Wer eine Hoch-
zeit in Hochemmincen, Pf-Hren oder Mundelfingen, einen Jörgen-
markt zu Donaueschingen, in Hüfingen den Klausen- oder in
Villingen den Pfiagstmarkt besucht, der wird Gelegenheit genug
finden, Trachten studier: zu machen.
Freilich ist schon manches Nationelle im Verlaufe eines
Menschenalters dahin geschwunden. Die Tracht der Bürgerin
mit ihrer schwäbischen „Schnellkappe", die Trauertracht der Bäue-
rin, das rothe „Wollenhemd" des Bauers und sein breiter
farbiger Hosenträger über dem zinnoberrothen „Leible", sie alle
gehören zu den vergangenen Dingen, während auch die jung-
fräulich-bräutliche „Schappeltracht" meines Wissens nur noch in
wenigen Dörfern der äußeren Baar bei festlichen Veranlassungen
zu sehen ist. Selbst die ächte Weibertracht gehört bereits zu
den seltenen Erscheinungen, und schon find die Handwerksleute
nicht mehr da, welche das Zugehörige verfertigen.
Und doch, welch' ein stattliches Bild altbäuerlichen Pa-
triziates, die behäbige Bäuerin in vollem Staate zur Kirche
wandeln zu sehen: in der gefältelten Beleg- (Besatz-) jüppe, mit
dem silbernen Gürtel und goldverzierten Brustlatz, dem rothen,
vom seidenen Mailänder Halstuch bedeckten Göller, dem weißen
Strohhute über der schwarzen, eng anliegenden, mit flatternden
Bändern verzierten Kappe, einen farbigen Wachsstock und das
lange, reichverzierte „Nister" in der Hand!
Ganz verschieden von der katholischen Baar und überein-
stimmend mit dem angränzenden Theile der wirtenbergischen tragen
sich die Frauen und Mädchen der protestantischen Dörfer Oe fin-
gen, Biesingen und Oberbaldingen. Die Farbe des
Mieders und Rockes ist schwarz, letzterer kurz genug, um die
zinnoberrothen Strümpfe ein gutes Theil sehen zu lassen; statt
des Göllers umschließt ein weißes, feingefältetes Kräglein den
 
Annotationen