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Der Bauernstand, welcher durch den Adel und die
Klöster bei seinem ursprünglichen Wesen lange erhalten worden
und mit ihnen das conservative Element im Staate ge-
bildet, geht nunmehr durch den Alles beherrschenden Geist der
Städte und ihrer Jndustrie einer Umwandlung entgegen, deren
Folgen nicht zu berechnen sind. Es könnte wohl aber die Zeit
wicderkehren, wo die Bauernschaften, ausgesogen, wie ihr
Grnnd und Boden, und die Städte entsittlicht und ent-
kräftet, als Ruinen einer übermüthigen, in ihren Ausschwei-
fungen erstickten Luxusbildung, traurig darnieder lagen.
Vom Boller Schlosse stiegen wir hinab irlls Boller Bad.
Der Weg führte sehr abschüssig zwischen wechselnden Felsen und
Gehölzen hindurch urrd ließ mich ahnen, in welche Tiefe wir ge-
langen müßten. Wirklich ruht die einsame Wisenau, welche das
freundliche Badgebäude umgibt, von hohen, steilen Bcrghal-
den eng nmschlossen, und man fühlet sich da unten, zwischen
den düstern Waldhöhen, an der tosenden Wutach, wie abge-
schnitten von aller Welt.
Der alte Badhos „im Diefert" gehörte zu denjenigen sanct-
blasischen Maierhöfen, welche von „allen Steuern und Anlagen
in Kriegs-, wie Friedenszeiten gänzlich befreit" waren und immer
aus eine Anzahl von Jahren in Bestand gegeben wurden.
Solche Hosbestände erwiesen sich aber als unersprießlich;
dcnn die Maier konnten dadurch zu keiner Verbesserung der Güter
ermuntert, sondern nnr dazu angespornt werden, für die kurze
Bestandeszeit allein auf ihren Eigennutzen bedacht zu sein,
während sie bei Mißjahren und Unglückssällen die Herrschaft
durch Hilfs- und Nachlaßgesuche belästigten. Es entschloß sich
daher S. Blasien 1765, seine Bestandhöfe zn Bondorf, Boll,
Thanneck, Oetiswald, Rockenbach, Horben, Rombach, Rohr,
Windberg und Schwarzenbach in Schupslehenhöse zu ver-
4) Die s. g. Schnptlehen wnrden „auf den Leib" verliehen, d. h.
auf die Lebenszeit des Lehenmannes, nach dessen Tod seine Erben davon
„gejchupn" werden konnten; doch hatten Fran nnd Kinder (Söhne und Töchter)
die erste Anwartschaft auf das an den Lehenherrn rnckerstorbene Lehen.
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Der Bauernstand, welcher durch den Adel und die
Klöster bei seinem ursprünglichen Wesen lange erhalten worden
und mit ihnen das conservative Element im Staate ge-
bildet, geht nunmehr durch den Alles beherrschenden Geist der
Städte und ihrer Jndustrie einer Umwandlung entgegen, deren
Folgen nicht zu berechnen sind. Es könnte wohl aber die Zeit
wicderkehren, wo die Bauernschaften, ausgesogen, wie ihr
Grnnd und Boden, und die Städte entsittlicht und ent-
kräftet, als Ruinen einer übermüthigen, in ihren Ausschwei-
fungen erstickten Luxusbildung, traurig darnieder lagen.
Vom Boller Schlosse stiegen wir hinab irlls Boller Bad.
Der Weg führte sehr abschüssig zwischen wechselnden Felsen und
Gehölzen hindurch urrd ließ mich ahnen, in welche Tiefe wir ge-
langen müßten. Wirklich ruht die einsame Wisenau, welche das
freundliche Badgebäude umgibt, von hohen, steilen Bcrghal-
den eng nmschlossen, und man fühlet sich da unten, zwischen
den düstern Waldhöhen, an der tosenden Wutach, wie abge-
schnitten von aller Welt.
Der alte Badhos „im Diefert" gehörte zu denjenigen sanct-
blasischen Maierhöfen, welche von „allen Steuern und Anlagen
in Kriegs-, wie Friedenszeiten gänzlich befreit" waren und immer
aus eine Anzahl von Jahren in Bestand gegeben wurden.
Solche Hosbestände erwiesen sich aber als unersprießlich;
dcnn die Maier konnten dadurch zu keiner Verbesserung der Güter
ermuntert, sondern nnr dazu angespornt werden, für die kurze
Bestandeszeit allein auf ihren Eigennutzen bedacht zu sein,
während sie bei Mißjahren und Unglückssällen die Herrschaft
durch Hilfs- und Nachlaßgesuche belästigten. Es entschloß sich
daher S. Blasien 1765, seine Bestandhöfe zn Bondorf, Boll,
Thanneck, Oetiswald, Rockenbach, Horben, Rombach, Rohr,
Windberg und Schwarzenbach in Schupslehenhöse zu ver-
4) Die s. g. Schnptlehen wnrden „auf den Leib" verliehen, d. h.
auf die Lebenszeit des Lehenmannes, nach dessen Tod seine Erben davon
„gejchupn" werden konnten; doch hatten Fran nnd Kinder (Söhne und Töchter)
die erste Anwartschaft auf das an den Lehenherrn rnckerstorbene Lehen.
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