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Badische Fundberichte: amtl. Nachrichtenbl. für die ur- u. frühgeschichtl. Forschung Badens — 21.1958

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Dauber, Albrecht; Gerhardt, Kurt; Gandert, Otto-Friedrich: Neue Funde der Völkerwanderungszeit aus Baden: (Gerlachsheim, Ilvesheim, Zeutern)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43788#0154
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Albrecht Dauber

abgebildete Flasche von Wiesbaden. Gedrückter und unausgesprochener im tektonischen
Aufbau ist eine Flasche im Museum Worms.43) Noch fülliger im Umriß und auch in der
reichen Profilierung der Mündung abweichend ist die Flasche von Frankfurt/Intze-
straße.44) Die Flasche von Lorch45) bleibt ihres ganz abweichenden Umrisses wegen und
angesichts ihrer mitteldeutschen Parallele46) am besten ganz aus dem Spiel, ebenso wie
die Flasche von Niederursel.47) Unverzagt rechnet die Flaschen von Wiesbaden und
Museum Worms allgemein zu den ins 4. Jhdt. herunterreichenden Formen. Bei dem
weiten Formenspielraum innerhalb dieser kleinen Liste und dem seltenen Auftreten in
scharf datierbaren Fundzusammenhängen kann der Nigraflasche ein entscheidendes Mit-
sprechen bei der Datierung nicht zugestanden werden.
Sehr viel schwieriger zu beurteilen sind die keramischen Überreste aus den Gräbern 1
und 2 (Taf. 52, 7—14). Sie sind nur sehr bruchstückhaft erhalten (vgl. die Fundgeschichte)
und lassen sich im einzelnen auch nicht mehr auf die beiden Gräber aufteilen. Sicher ist
zunächst nur, daß aus den Gräbern 1 und 2 keine eindeutig römischen Typen vorliegen.
Es liegen mit Sicherheit Teile von fünf Gefäßen vor, von denen vier zur Gruppe der
nigraartigen Drehscheibengefäße gehören (Fundliste Grab 2 Nr. 8, b—e. Taf. 52, 7—13).
Nach Material und Farbe sind sie sich sehr ähnlich. Grauer bis gelbgrauer, schwach
gemagerter Ton, der trotz guten Brandes gelegentlich zu schiefriger Aufsplitterung
neigt, ist mit grauem bis schwarzgrauem Überzug versehen. Bei Taf. 52, 12 ist die Ober-
fläche weich geglättet, bei den übrigen Stücken feinsandig rauh. Wenn Brauntonigkeit
der Nigraware nach Unverzagt48 *) ein Kennzeichen linksrheinischer Herkunft ist, dann
ist keines der vier Stücke herkunftsmäßig dort zu lokalisieren. Mit hoher Wahrschein-
lichkeit liegt also mitteldeutsche Drehscheibenware vor. Mit größerer Sicherheit noch
kann dies von dem hellbraunen Drehscheibengefäß mit scharfem Bauchknick (Taf. 52,14)
angenommen werden, obschon ein Vergleichsstück nicht namhaft gemacht werden kann.
Dem aus Fibeln und Keramik ermittelten Zeitansatz für die Gerlachsheimer Gräber —
um 300 n. Chr. — fügen sich weitere Fundstücke zwanglos ein.
Das Bronzemesser mit Griffangel und facettiertem Rücken (Taf. 51,4) ist in etwas
schlankerer Form in dem Grab von Böchingen vertreten. Das Grab wird von Werner
um 300 angesetzt40), die von ihm angezogenen Vergleichsstücke, zu denen man in wei-
terem Sinne auch das silberne Messer aus Haßleben, Grab 8 (Fürstengrab)50), rechnen
darf, weisen in den elbgermanischen Raum.
Ebendort ist auch die Sitte der Beigabe von Beinnadeln mit profiliertem Kopf behei-
matet, wie sie in Gerlachsheim im Grab 4 gleich in zwei Stücken erscheint (Taf. 52,4—5).
Diese Beinnadeln begegnen zahlreich in Dahlhausen I, meist mit reichprofiliertem
43) Unverzagt, Alzei Abb. 19, 4 (Wiesbaden) u. 20, 1 (Worms).
44) Schleiermacher, Ber. RGK. 33, 1951, 160 Abb. 6, 1.
45) Schoppa, Nassauische Heimatbl. 41, 1951, 23 ff. Abb. 1, 2.
46) Walther Schulz, Das Fürstengrab von Haßleben. Röm.-Germ. Forschungen 7, 1933,
Taf. 24, 10.
47) A. u. h. V. 5, Taf. 4, 79.
48) Alzei 26,. — Vgl. dazu W. Schulz, Mitteldeutsch-Südwestdeutsche Beziehungen in der spät-
römischen Germanenkultur, Schumacher-Festschrift (1930) 320.
4B) Germania 22, 1938, 114 ff.
50) Schulz, Haßleben Taf. 7, 3.
 
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