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Badische Fundberichte: amtl. Nachrichtenbl. für die ur- u. frühgeschichtl. Forschung Badens — 22.1962

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Gerhardt, Kurt: Oberrheinische und hochrheinische Frühbronzezeitler im anthropologischen Gruppenvergleich
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https://doi.org/10.11588/diglit.43789#0216

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208

Kurt Gerhardt

der Sagittalumriß eine hohe, wenig akzentuiert rasante Kurve, die Stirn ist über der
vorgewölbten Glabellapartie wenig nach hinten geneigt. Das Nasion sitzt hoch unter
der Stirn, ist dabei aber tief hinter den Glabellapunkt zurückgesetzt. Die Reste des
Gesichtes erlauben folgende Angaben: Die Stirn ist auffallend schmal mit einer Klein-
sten Stirnbreite von 94 mm. Das Untergesicht ist auch schmal, die Unterkieferwinkel
sind nicht betont, die Äste steigen schräg nach außen oben an. Das Alveolenstück des
Oberkiefers ist hoch, engbogig, hager modelliert. Hält man das Jochbeinfragment an
die rechte Stirnecke, ergibt sich eine hohe gerundete rechte Orbita. Über die Nase ist
nichts zu sagen. — Immerhin läßt sich aus den vorhandenen Resten auf ein schlankes,
längliches, hoch-rundäugiges Gesicht schließen. Die Hinteransicht des Hirnschädels ist
hoch-hausförmig, dabei sind die Seitenwände leicht ausgewölbt, und der First ist etwas
verstrichen.
Nach alledem wäre dieser Schädel in die Nähe des archaischen, dolicho-
m o r p h e n Typus zu stellen.
*
Der „brachymorphe Cromagnide“ ist von mir als Typus schon mehrmals beschrieben
und abgebildet worden (1951 a Abb. 1, 5; 1951 b; 1953 Taf. 10,1—5; 1957), so daß wir
über seine individuelle, morphotypologische Variabilität recht gut Bescheid wissen. Der
„tauride“ Kraniotypus ist als solcher schon altbekannt, ich erinnere hier nur an die
vielen instruktiven Abbildungen bei Toldt (1910); in neuerer Zeit haben vor allem
Breitinger (1940) und ich (1953) zahlreiche individuelle Beispiele dieses „Planoccipitalen
Steilkopfes“ vor Augen geführt; auch hierüber brauche ich also keine weiteren Angaben
zu machen. Zum Kraniotypus der „Archaischen Dolichomorphen“ (Gerhardt 1951 b,
Abb. 2. 5 u. 6) hingegen muß einiges gesagt werden. In der eben zitierten Publikation
habe ich seine Hirnschädelform beschrieben und auch vom Problem seiner Beziehung
zu den Teuto-Nordiden kurz gehandelt, leider aber nur wenig über sein Gesichtsskelett
mitteilen können. Inzwischen sind mir einige neolithische und später zu datierende
Kranien dieses Typus in die Hände gekommen, d. h. solche mit gut erhaltenen Ge-
sichtern: Diese sind ganz auffallend hoch-schmalförmig.
Die eben vorbereitete Veröffentlichung darüber wird auch darlegen, wieso es für die
Paläanthropologie ratsam ist, diesen Kraniotypus zu beachten und vorerst einmal
ganz für sich zu verfolgen.
B. Vergleich mit den Adlerbergern
Schon die Möglichkeit, unter 13 bzw. 17 Schädeln Leitschädel von drei ganz verschie-
denen Kraniotypen zu fassen, deutet darauf hin, daß wir es — jedenfalls nach dem mir
verfügbaren Material — bei den Singener Frühbronzezeitlern mit einer Bevölkerung zu
tun haben, die in populationsgenetischer Hinsicht eher ein Typen g e m e n g e als ein
Typen g e m i s c h darstellt. Hierfür spricht auch, daß die übrigen Singener sich zu-
meist den Leitschädeln zuteilen lassen und nur einige wenige sich als Formenmischlinge
ausweisen (ich vertröste auf die spätere Monographie der Singener). Ein sehr ähnlicher
Zustand hat sich nun aber auch im Adlerberger Material gezeigt (Gerhardt 1953); ich
zitiere: „Drei mit aller wünschenswerten Deutlichkeit zu charakterisierende Typen
 
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