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Badische Fundberichte: amtl. Nachrichtenbl. für die ur- u. frühgeschichtl. Forschung Badens — 23.1967

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Gerhardt, Kurt: Alexander Ecker und der urgeschichtliche Mensch: Eine Skizze
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https://doi.org/10.11588/diglit.44899#0220

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Kurt Gerhardt

(v. Baer 1861)7). Inspirator und fruchtbarster Teilnehmer dieses Symposiums war
v. Baer selbst, Gastgeber in Göttingen Rudolph Wagner. Ecker hatte v. Baer, wie ich
bereits sagte, im Jahre 1858 in Karlsruhe kennen- und sogleich hochschätzen gelernt.
K. E. v. Baer besuchte Ecker im Oktober des gleichen Jahres in Freiburg und diskutierte
mit ihm über die dortigen Schädel aus den Reihengräbern sowie über die eigenen
soeben in Chur vorgenommenen Studien an Graubündner Schädeln; vor allem aber
besprachen sie nochmals wie bereits in Karlsruhe die Notwendigkeit der Herausgabe
einer eigenen anthropologischen Fachzeitschrift. Leider konnte Ecker, der zu dem klei-
nen Kreis der nach Göttingen Geladenen gehörte, nicht teilnehmen, auch andere Herren
waren verhindert, so daß schließlich von den Gelehrten mit praktischen Erfahrungen in
der Anthropologie lediglich vier — neben fünf interessierten, gerade in Göttingen
weilenden Anatomen — zugegen waren: Karl Ernst v. Baer, Rudolph Wagner, Johann
Christian Gustav Lucae, Willem Vrolik8 9). Leider war Carl Gustav Carus nicht geladen
worden, obwohl er sich interessiert gezeigt hatte (Ottow 1966). Das war — und blieb —
jammerschade. Diese Unterlassung war die Folge von Bedenken, die sowohl v. Baer als
auch — in stärkerem Maße — Anders Adolf Retzius, dessen Teilnahme v. Baer ursprüng-
lich erhofft hatte, ausgesprochen hatten (Briefwechsel bei Benno Ottow 1963, 1966); sie
blieben wirksam auch nach dem Tode von Retzius im April 1860. So kam die Anthro-
pologie um eine dramatische Begegnung zwischen zwei Großen, v. Baer und Carus, die
nicht anders als fruchtbar für das Fach hätte sein können; zudem hätte Carus den Einfluß
Lucaes, in welchem gleichfalls künstlerische und naturwissenschaftliche Anlagen im
Goethischen Sinne eine glückliche Verbindung bildeten, verstärkt. Aber lassen wir das
Wägen einer entschwundenen Möglichkeit: die Realität der Zusammenkunft, insbeson-
dere die des „Berichtes“, der im wesentlichen von v. Baer verfaßt wurde (Ottow 1966)
und randvoll mit Einsichten und Vorschlägen — und zwar richtigen — gefüllt war, trug
alsbald Früchte.
Eckers kraniologische Bemühung um den „alemannischen Stamm“ wurde im „Bericht“
als beispielhaft hervorgehoben (S. 14), die Förderung durch den „Bericht“ erwähnt Ecker
selbst (1863). Das Werk „Crania Germaniae meridionalis occidentalis“ erschien als erstes
Heft (S. 1—18 und Taf. 1—6) im Frühjahr 1863, dann als Ganzes — unter Einschluß
dieses ersten Heftes — im Sommer 1865. Die Wirkung war nachhaltig; wohl ist es heute
leicht, methodische Mängel und sonstige Zeitgebundenheiten gewisser Auffassungen zu
rügen, entscheidend allein waren und blieben die unmittelbar augenfällige Darbietung,
die sorgliche Morphognose8), die sachliche Umsichtigkeit der Folgerungen. Nur wenige
der späteren und auch der heutigen paläanthropologischen Studien erreichten, bei Be-
rücksichtigung der differenzierteren Möglichkeiten, dieses Niveau (Eugen Fischer 1942).
Es schmälert das Verdienst Eckers nicht, wenn ich hier — stärker als bisher üblich —
darauf hinweise, daß praktisch gleichzeitig mit Eckers Bemühungen diejenigen von
7) Der „Bericht über die Zusammenkunft“ meldet als Erscheinungsjahr 1861. Er kann aber
frühestens im Januar 1862 ausgeliefert worden sein, da das gedruckte Nachwort von R. Wagner
das Datum vom „28. December 1861“ trägt.
8) Egon v. Eickstedt (1938, S. 316) führt noch Hermann Schaaffhausen als teilnehmenden An-
thropologen an; indessen steht in dem „Bericht“ (S. 2—3) verzeichnet, daß Schaaffhausen im
letzten Augenblick absagen mußte.
9) Diese erstreckte sich nur auf den Hirnschädel, das anatomische Gesicht ließ Ecker — wie es
damals weithin noch üblich war — unbehandelt.
 
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