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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1923 (Januar bis Juni)

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Nr. 119 - 148 (1. Mai 1923 - 31. Mai 1923)
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https://doi.org/10.11588/diglit.15611#0774
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Frankreich und Velgien sich nicht mit den neuen deutschen Vor-
schlägen begnügen. Sie brauchlen Gewißheiten. Als Gegen-
leistung für zum Teil unannehmbare, zum Teil unzulängliche Vor-
schläge beanspruche die deutsche Regierung, datz der Ausgangspunkt
der Verhandlungen die Wiederherstellung des 8tatus guo aute des
Friedensvertrages sein mützte und in Anwendung diessr allgemeinen
Bestimmungen" verlange sie namentlich, datz die neuerdings in
vollem Einklang mit dem Versailler Vertrag (?)
besetzten Eebiete geräumt werden, datz die in den Rheinlanden von
der Rheinlandkommission zur Sicherung Les Versailler Vertrags
ergriffenen Matznahmen zurückgezogen würden, datz die wegen Verletz-
und der regelrecht erlassenen Ordonnanzen verhafteten und ausgewie-
senen Deutschen befreit und in ihre Wohnstätten und Dienststellen
wieder eingesetzt würden. Also während viereinhalb Iahren, das
heitzt während der Periode, in der die französische und die belzische
Regierung sich bemiiht hätten, Sachlieferungen und Geldzahlungen
zu empfangen und den Wiederaufkau Ler verwü-steten Eebiete durch-
zuführen, mutzten sie geduldig ohne Pfänder und ohne Earantien
warten, da es der deutschen Regierung gefiel, die Matznahmen zu
ergreifen, die ihr paßten, um dann eine unbestimmte und winzige
Sümme anzubieten. Aus dem Ruhrgebiet mützten sie sogar heraus,
in das sie doch nur eingerückt seien, um die Earantien und Vliinder
in der Hand zu haben.'auf die sie einen Anspruch hätten, und die
ihnen verweigert worden seien. (!) Die belgische und die französische
Regierung hätten beschloss-en,

die neubesetzten Gebiete nur nach Matzgabe und im Verhältnis
der geleisteten Zahlungen zu räumen.

An diesem Veschlutz hätten sie nichts zu ändern. Sie könnten im
übrigen nicht die Bemerkung unterlassen, datz die deutsche Note von
Anfang bis Ende nur der kaum verhehlte Ausdruck einer systema-
tischen Auflehnung gegen den Versailler Vertrag sei. Dies
würde schlietzlich notgedrungen zur vollkommensn und endgültigen
Zerstörung dieses Vertrags führen. Dies würde sogar zu einer
moralischen, wirtschaftlichen, politischen und militärischen Revanche
Deutschlands führen. (!)

Änmittelbar nachdem die Botschafterkonferenz noch einmal ein-
mütig festgestellt habe, datz Deutschland seine Verpflichtungen nicht
erfüllt, sollten Frankreich und Velgien auf

Garantien sprecheit kann. Die Gärantien der dentfchen Wkrt-
schaft sind in der deutschen Note enthalten; das ist übrigens in dsr
Rede des Reichskanzlers noch deutlicher als in der Note selbst zum
Ausdruck gekommen. Jn Details einzugehen dürfte versehlt sein,
weil sie Forderungen internationaler Ängelegenhmten sind und in
Verbindung mit einer iniernationalen Anleihe stehen.

Jn der Frage der Earantien fllr die Sicherheit Frankreichs hat
die deutsche Regierung mit den Vorschlägen, die sie in dieser Hinsicht
im vorigcn Jahre machte, schlechte Erfahrungen gemacht. Aber auch
diesesmal hat sie den Eedanken der Sicherheit, die selbstverständlich
nur auf G e g e n s e i t i g k c i t beruhen kann, erneut ausgesprochen
und hat sich zu jeder Diskussion bereit erklärt. — Der Widerstand
der Äuhrbevölkerung ist ein spontaner und wer ihn in
Frankreich auch heute noch auf die Matznahmen der Reichsregierung
zurückführt, der würde dadurch nur beweisen, datz Frankreich anch
heute, nach vier Monaten der Ruhrbesetzung, noch nicht einmal in
der Lage ist, die -Sinnesart der Ruhrbevölkerung auch nur
einigermatzen zu verstehen. Heute'liegen die Dinge so, datz der
passive Widcrstand auch dann seine Fortsetzung finden würde,
wenn irgendeine deutsche Regierung ihn zu beseitigen die Absicht
haben wllrde. Die beste Veseitigung ist die W i e d e r h e r st e l l u n g
der Freiheit im Nuhrgebiet und oie Veseitigung der unmöglichen
Politik, die man im Ruhrgebiet durch die französischen Offiziere und
Soldaten in die Praxis umsetzen lätzt.

Wenn schlietzlich Frankreich eine Umbildung des deutschen
Kabinetts fordert, um zur Einleitung von Verhandlungen zu
kommen, so möge es darüber klar sein, datz eine solche Ümbildung des
deu,,chen Kabinetts eine Angelegenheit ist, die nur Deutsch land
und keinen andern in der Wolt irgendetwas angeht
und datz sich Frankreich einem Jrrtum hingibt, wenn es glauot, d-rtz
die unmögliche Politik, die eine jetzige Regierung getrieben hat, und
die, wie wir wissen, im Widerspruch zu weitsn matzgebenden
französischen Kreisen selbst steht, von irgendeinem Kabinett in
Deutschland angenommen werden mützte.

Jnnerpolitisch vertrat Dr. Stresemann mit aller Tnt-
schiedenheit den Standpunkt dcr Koalitionspolitik,

Sie deüffche Mmzlage.

die sriedliche» Sanktionen (!)

verzichten, die zu ergreifen Deutschland sie gezwungen habe. Dsutsch-
land solle von den Aufgaben befreit werden, unter dencn es nach
seinen Erklärungen zusammenbreche und die es für unproduktiv
erkläre. Damit scheine es die Besatzungstruppen im Auge
zu haben, um Frankreich und Belgien'so der solidesten Grundlagen
berauben zu wollen, die ihnen Sicherheit und die Befolgung der vsr-
tragsmätzigen Earantien gewährleisten sollten. Die Reparations-
kommission solle desavouiert und aufgehoben oder bis zur Ohnmacht
eingeschränkt werden. Deutschland solle befreit werdsn von dem,
was es die politischen und wirtschaftlichen Fesseln des Vertrags
nennt. Die Alliierten mützten Deutschland sofort wieder in den
Eenuß der Meistbegünstigungsklauseln setzen, was ihm gestatten
werde, von den Ruinen, die es in Belgien und Frankreich gehäuft
habe, Nutzen zu ziehen, um sich rasch die industrielle Ueberlegenheit
über die Länder zu sichern, die es verwüstet habe. Für die Repara-
tionsfrage solle nicht mehr, wie d.er Versailler Vertrag es vorsehe,
eine ^Kommission zuständig sein, deren Entscheidungen zu befolgen
Deutschland sich verpflichtet haüe; die Entscheidungen sollten viel-
mehr internationalen Kommissionen unterbreitet werden. Belgien
und Frankreich sollten ihre Pfänder aus der Hand geben. Sie
sollten der Eewalttätigkeit der deutschenRegierungs-
beamten (!) ausgesetzt bleiben und als Eegenlcistung für alle
diess Ovfer würden ihnen noch einmal ein paar auf Papier geschrie-
bene Worte gegeben werden. Die deutsche Regierung werde, wenn
sie über diese Dinge einmal nachdenken wolle, stch nicht wundern, datz
Frankreich und Velgien eine derartige Haltung ablehnten.

Sr. Stresemann über -ie deutsche Aote.

Widerlegung und Klarstellung französtscher Behauptungen.

Eigene Drahtmeldung.

Jena, 6. Mai.

JnEisenach sprach am Sonntag in einer grotzanaelegten Rede
der Reichstagsabgeordnete Dr. Stresemann über die politischen
Eegenwartsfragen und führte u. a. folgendes aus: Die Politik der
Regierunq Cuno war Lereits seit ihren Noten zur Londoner und
Pariser Konferenz eine Politik der A k t i v i t ä t. Falsch wäre es,
in' der Fortsetzung dieser Politik, wie sie die jetzige deutsche Note
darstellt, eine Politik der Schwäche zu sehen, zumal nach der Redc
Lord Turzons eins Nichtbeantwortung ein schwerer Fehler
gewesen wäre. Der ersten Aufwallung im Äuslande ist doch mehr
und mehr eine sachliche Prüfung der Note gefolgt. D.-e Note enthält
die politischen Grundlagen für die Erörterung aller Problsme, die
im Zusammenhang mit der jetzigen Lage in der Oeffentlichkeit aus-
geworfen worden sind. Mit Vezug aui Deutschlands Leistunqen legt
sie mehr das Hauptgewicht aus die Prüfung des Weltkredites und
auf die Eutachten internationaler Sachverständiger, als datz sie sich
bemllht, Zifferngrenzen, die augenblicklich wsder in Deutschl-and noch
im Auslande festgesetzt werden können. anzugeben. llnverständ-
lich ist, wie die französische Kritik von einem Fehlen der

Eine Darstellung des Reichssinanzministers Dr. Hermes.

Berlin, F. Mai.

Jm Haushaltungsausschutz des Reichstages gab, wie bereits kurz
gemeldet, bei der Etatsberatung seines Ministeriums Reichsfinanz-
minister Dr- Hermes eine Darstellung der allgemeincn
Finanzlage desDeutschen Reiches. Der Minister schil-
derte die verwaltungstechnischen und innerpolitischen Schwierig-
keiten in der Finanzverwaltung und führte aus, datz alle diese
Schwierigköiten infolge der wirtsckaitlichen Verhältnisse weit zurück-
getreten seien hinter die Beeinträchtigung, die die Finanzverwal-
tung durch den VölkerrechtsLruch im Westen und die
empörenden Vorgänge der letzten Monate erfahrcn habe.

Zur Kennzeichnung der allgemeinen Finanzlage des Reiches
diene zunächst die Tatsache, datz

dic schwebendc Schuld

in den Monaten von Ianuar bis Ende März von 1480 Milliarden
auf 6600 Milliarden Mark gestiegen sei. Die Ausgaben des Reichs
hätten in dieser Zeit rund 6.8 Villionen Mark betragen, wovon nur
1.7 Billionen durch die direkten Einnahmen hätten gedeckt werden
können. Die Hauptursache für dieje Ausgabensteigerung liege
nicht in den besonderen Aufwendungen ftir den Ruhrkampf. ion-
dern sie sei nur der ungeheuren Geldemtwertung zuzu-
schreiben. die der Ruhrkampf zur Folge hatte. An erster Stelle stehe
die deutsche Reichsbahn, die einen Zuschutz von 1.7 Billionen
Mark erforderte. Für den Etat des Friedensvertrages
seien 1.6 Billionen Mark auszugeben gswesen. Die Ueberweisungen
an die Länder für Besoldungsvorschüsse und Darlehen hätten Lber
1 Billion betraqen. Die übrigen Ausgaben verteilten sich aui kleinere
Posten für verschiedene Zwecke. Unmittelbar aus der Besetzung des
Ruhrgebietes seien his znm 31. März erst 374 Milliarden Mark Aus-
gabeii entstanden.

Der Minister fuhr fort: Nach den vorläufigen Aüschlüssen'ergibt
fich folgendes Eesamtergebnis des Reichshaushalteg
für das Rechnungsjahr 1922: Die Ausgab-en des Reiches
haben im Januar 8,62 Billionen Mark betragen. Davon sind rund
2,3 Billionen durch eiaeiie Einnahmen, 6,3 Billwn-n durch Jnanspruch-
nahme der schwebenden Schuld gedeckt worden. - An der Zunahme
der schwebenden Schuld stnd beteiligt die Betriebsvcrwaltung (Post
und Eisenbahn) mit rund 2.6 Villio-nen Mark, die Ausführung des
Friedensoertrages mit 2 Billionen Mark, die allgemsine Finanz-
verwaltung mit 1,6 Villionen M-ark. Ohne die Ausgabe sür die
Ausfllhrung Les Friedensvertrafles haben in den ersten vier Monatsn
des Etatsjahres, April bis Juli 1922, die Einnahmen nicht nur die
laufenden Ausgaben und den Jnvestitionsbed-arf der Betriebs-
verwaltung qedeckt, sondern darllber hinaus auch noch cinen erhsb-
lichen Ueüerschutz von vier bis acht Milliarden monatlich ergeben.
Infolge der Eeldentwertung ist dicser Ueberschutz verschwunden und
sind die Fehlbeträge in immer stärkerem Matze gewachsen.

Die von der Reichsbank auf Wunsch der Reichsregierung durch-
geführte

Der steuerliche Apnlscherz.

Nachklan-g zum 30. April 1923.

Von Justizrat Dr. Julius Vurghold.

Auch diesen schönen alten Brauch scheint die Revolution
revolutioniert zu haben: Früher wurde man i n den April geschickt,
diesmal aus dem April. Wohin? Aus L-en — doch davon später!

Ein reizender Aprilscherz, das Steuerkursblatt des Reichs-
anzeigers. Sie halten ihn doch, den Reichsanzciger? Das em"ftehlt
sich wirklich: dann konnten Sie nämlich in dem, ich weitz nicht
wievielten, Nachtrag zum amtlichen Steuerkursblait bereits ganze
zwei Tags vor Ablauf der Steuerfrist wenigstens den einen oder
anderen der in den frllheren Steuerkursblättern sehlenden Kurse
ftnden. Wobei freilich als Pflicht e-ines jeden deutjchen Staats-
bürzers vorausgesetzt ist, datz er sich in diesen kritischen Tagen in
der Reichshauvtstaüt, dem Erscheinungsorte des Neichsanzeiasrs.
aufhielt- Denn der Herr Finanzminister w-ird doch allen den Bür-
gern, die im Schweitze ihres Angesichts Samstaz mit ihren
Steuererklärungen und ihrsr Zwangsanleihe-Zeichnung sertig ge-
worden sind, nicht Zuflemutet haben. auf Grund der „in der Provinz"
ihnen erst durch die M o n t a g s - Morgenblättsr bekannt werdenden
Nachtragskurse im Laufe weniger Stunüen alles wieder umzurechnen,
vom Finanzamt sich meue Formulare zu holen — wenn er sie be-
kommt! —. die Ausfüllung von neuem zu beginnen und ein etwaizes
Plus Zwangsanleih-e n-achzuzeichnen und nachzuzahlen. Und dies
alles noch an dem unseligen Montaz, 30. April! Denn — einen Tag
später und es droht die Strafe des fünfzehnproz-entigen Sreuer-
zuschlags. Der Steuerpflichtige aber, der durch den Nachtrag erfährt,
datz er zu viel gezahlt hat, ist in der Tat ein Elückspilz: Lei der
Vlitzgeschwindigkeit, mit der heute unser so prompt funktionierender
Deamtenappar-at arbeitst, werden seine Urenkel mit den gesetzlichen
8 Prozent Iahreszinsen einmal ein stattliches Kapital an dann noch
mehr stabilisierten Reichsmark von der dann noch mehr stabilisierten
Republil ausgezahlt bekommen. Sie waren nun so klug, statt einer
Harpener Aktie 3'^proz.Württembergische Staatsanleihe zu kaufen der-
einst in schöneren Tagen, da zwischen beiden Pavieren keine Kurs-
klust wie heute gähnte und die als solider Vermögensverwalter das
sichere (ach so sichere!) Staatspapier vorzogen. Hsute werden
Sie königlich Lelohnt: sparen Sie doch dadurch 8017 Mark Zwangs-
anleihe, — wobei ich annehme, datz Sie bei solch kaufmännischer
Eenialität jetzt mindestens sechssacher Millionär (vor 1914 rief man
hier: „Hört, hört!" — heute??) sind. Iene genaue Zahl ist freilich
in Wahrheit gar nicht so genau. Dis Harpener Zifser konnten Sie
mit Hilse des Steuerkursblattes präzise errechnen; aber die Würt-
temberger: Da beginnt Ler Aprilscherz. Sie schlagen Jhre 3!4proz.

im Kursblatt nach, natllrlich unter W. Wo? W? — O weh! Das
Kursblatt ist ja g«r nicht alphabetisch ang-eordnet, sondern nach
Börsen und Wertpapier-Artcn eingetcilt. Nun. jedem Dankier ist
doch geläufig, an welcher BLrse ein Papier gehandelt wird. Sie
meinen, auch Nicht-Bankiers besätzen Wertvapiere. Gewitz, sehr
richtig, aber — na, sprechen Sie darüber m-it dem Herrn Finanz-
minister! Bei Jhren Würtiembergern werden Sie sich übriqens
auch als Banklai-e nicht den Kopf zu zerbrechen brauchen und alsbald
„Stuttgart" ausswlaaen. Da geht's Jhnen aber wic im Konvsr-
sationslexikon: „Si-He VIII." Und da VIII „Frankfurt" ist, ziehen
Sie von der Stuttgarter Börse nach der Frankfurier um. Aber
was sehen Jhre Augen, wenn ste jenem kategorischen „Siehs!"
flesolgt sind? Jn Stuttgart waren acht verschiedene Arten jenes
Papiers notiert, in Frankfurt sind es nur drei. Warum hiernach
fünf Arien ohne jeden Kurs aufgeführt sind? Svrechen Sie darüber
mit dem Herrn Finanzminister! Hoffentlich qehören Jhre Paviere
zu jenen drei. Sie sind einer der nicht allzn häusigen, gewissenhasten
Menschen, die die Nummern ihrer Papiere in jhre Bücher eintragen.
Ietzt endlich crnten Sie die Früchie dieser jahrelang geübtsn
Pedanterie. Doch siehe da: das Nummernvsrzeichnis, das Ihnen
seinerzcit Ihre Bank aufgegeben hat, weist lateinische Buchstaben
auf, das Steuerkursblatt a'rabische Zahlen, und wie sich in jedem
einzelnen Fall Buchstabe (Litera) zu Zahl (Emiffionsjahr) verhält,
das ist nicht einmal einem Bankier geläufig: ein Vankbeamter hat
mir mit übernächtigen Augen zugeblinzelt, es falle ihm gar nicht
ein. in derlei Fällen. dis übrigens recht häufig seien, sedesmal ver-
gleichende arithmetisch--alphaZetische Studien anzustellen: er setze
einfach den niedrigstsn Kurs ein. Durch diese Eröffnung wurde mir
so recht klar, wie gut es doch war. solche Quantitäten Zeit, Papier
und Drucksrschwärze auf die Difserenzierung all dieser manchmal
kaum 40 Pfennige (Papierpfennige!) von einander abweichenden
Eattungen zu verwenden — nämlich von seiten der hohen Obrigksit:
denn wieviel Zeit und Mühe der unglückliche Steusrzahler aus all
diese unproduktiven Einzelberechnungen verwenden mutzte, lätzt sich'
nicht in Aahlen ausdrücken.

llnd in Zahlen sollen wir doch so v-ieles ausdrücksn! Zum
Betspiel den Steuerwert der inländ-i-schen Wertpapiere, die in
Deutschland keinen Kurswert haben. Da brauchen wir uns ja neben
dem affiziellen Steuerkursblatt nebst seinen verschiedenen Nachträqen
nur noch ein offizielles Kursblatt vom 31. Dezember 1922 zu kaufen.
(Hosfentlich ist noch eines irgendwo aufzutrei'ben!) Allerdings,
wenn das Letreffen'de Papier an jenem Tage nicklt gehandelt wurde,
müssen wir den Verkaufswert des letzten, vorhsrgehenden Notie-
rungstages ermitteln, also die Kursblätter vom 28. oder vielleicht
27., vielleicht 23. Dezember und s-o weiter rückwärts schreitend ins
Jahrhundert uns anschafferr. Sie finden das ein wenig umständlich

Stützungsaktkon für die Mark

hat den Dollär von seinem höchsten Siand mit 49 000 äm
Januartag bis Mitte Februar auf u-nter 20 000 herabgedruckt. weil
Beginn des letzten Drittels des Monats Februar bis zum 17. -Äpri
gelang es der Reichsbank, den Dollar auf einem Stand zwiicy«
20 und 22 000 Mark zu halten. Die schon vorher unerträqliche Tage
der deutschen Wirtschaft verschlimmerte sich noch mehr, als die -v
setzung und die immer schärfere Abschlietzung des Ruhr- und -vhe.
'gebietes den Eüterverkehr aus diesen Gegenden nach und nam °
zum Erliegen brachte. Dazu kam der erhöhte Einfuhrbedars sur ^
Versorgung des Einbruchsgebietes mit Lebensmitteln und <

mittelreserven-, sowi-e fllr die Versorgung des unbesetzten Deut>m> ^
mi-t Kohle und sonstigen notwendigen Elltern. Gewaltige Ä
waren und sind erforderlich zur Unterstützung der im Einbruchsze ^
brachliegenden Industrien, sowie für die Unterhaltung d-r
leidenden Beoökksrung, insbesondere der Beamten- und -urrei
schaft. Auch die Finanzen der Reichsbahn, die am Ende des
1922 ihreAusqaben undEinnahmen balancicren konnte,wurdeno .
den Ruhreinbruch sckwer betroffen. Jhr notwendiger Eeldv z»;.
trug in erheblichem Matz-e zur Verschlech-terung der Finanzlags
Die Folge aller dieser Umstände war ein beklagenswertes, -
unvermeidliches

Anschwellen der schwebenden Reichsschuld.

Diese Umständ-e lassen klar erkennen, datz eine weitere Eniwernu^
der Mark nur mit dem Aufgeüot aller Energie verhinderr
kann. Von einer auf wirtschrftlicher Gesunduna oder por
Besserstellung aufgebauten dauernden Stabilisierunz °er
konnte und kann jetztnochnichtdieRedes -! "ftnatigen
darf es nicht wunder nehm-en, datz nach einem zweieinhälbn>°M,^ga--
erfolgreich durchflefiihrten Festhalten der Mark auf
stand von etwa 20 000 die S ch w i e r i gk e i t e n der Stutzuns
sich allmählich verschärften. GegenLLer der >"iM^ ^ auf
anwachsenden Nachfrage n-ach Deoisen, die in der Haupll" ÄZhn«
natürlichen Bedarf, zum Teil aber auch auf den durch die "^ssimiS'
liche Haltung und die Eewaltakte Frankreichs verinehrten
mus des Jn- und Auslandes in Bezug auf die politische Lag - tzek
zuführen ist, hat es die Reichsbank in Üebereinstimmung
Reichsregierung gerade im Jnteresse einer nachhaltigen Ä?^DeviseN"
der Markstützunq sür richtig gehalten, nicht unbödingt 1-0- rchlim«
nachfrag-e zu befriedigen, sondern dem Ansturm an bejonver
men Tagen auch einmal auszuweichen. um ihre Mittel s wak
s-etzu-ng der Ruhrabw-ehr zu schonen. Ein solch schlimmer .
der 18. April, an welchem der erste Einbruch >" iin»
erfolgte. Jnwieweit dabei spekulative Käufe ä^j mu»
Auslandes mitgewirkt haben, wird jetzt nachgeprüft. jst, S"

man sich darüber klar sein. datz es autzeror-dentlich ^ ni»>''

benrteilen, welche Devisen-käufe wirtschaftl-ich notwendig . ^ Ilir-
not-w-endig sind. Der Ueberülick wird noch erschwert durm ^^ueN
möglichkeit, die Markverkäuse an ausländischen Börien uno

Kontrolle ,zu unterziehen. Es erscheint jeden-alls ung ;hrsr

U'Nzutre'sfend, der deutscken Wirtschaft als solcher u?o gge oer
Eesamtheit etwa den Vorwurf einer Löswilligen ^j,»,nein-r'°
Stützungsaktion zu machen. Man sollte derartige Be

Behäuptungen v-ermeiden, d-ie nur zu einer Bergistung lönnt-n-
ziehungen der einzelnen Volksteile untereinander ^uhre ^ w«.

Soweit Dsvisenkäuse an inländ-ischen Börs-en in Fraze kom ^ kuriew
den die bereits eingelsiteten S-chritte der Regierung bm ^ ilec-e
eine gewisse Aufklärung däfür geben, inwieweit sve-kulai u» -
griffe ber der nngünstigen Markbewegung der letzten -u
gewirkt habe-n. Es ist d-ie Absicht der Regierung,

Lie Devisenkontrolle noch erheblich schärfer zu

gestalten-

N-i^

Diesem Zwecke dient zunächst die im Entwurf jetzt d-m .^it 8,.^
vorli-eflende Novelle zur Devisenordnung, welche »ie Mog gerlu
jederzeit über vorhandene Devisenbestände Aufklärung Z vr'U.Pi
und unwirtschastlich anaesammelt-e Devisenbestände „ -„tslh^ä'ir
Hand zu übernehmen. Die Regierung ist jedenfalls
flemeinsam mit der Reichsbank die Markstützungsalctw 1

Kräften weiter fortzusetzen. Die Entschloffenheft ^"-^getr-t^"
wird auch nicht durch den in. den allerletzten Tag-n -
neuen Marksturz Leeinträchtigt.

Weiter erklärte der Minister,

die Wirkung der Eeldentwertung auf den Haushnlt

Jahres 1923 werde auherordentlich 1-'"- ?m

Es sei mit der Tatsache zu rechnen, datz das
ordentlichen Haushalt nicht mehr erreicht wer- r,er
langs die französisch-s Pfänd-erxoliti'k am Rhein uno es
jede ordentliche Staatsverwaltung unmöglich machä velftv!!.''„A
Finanzverwaltung noch in den ersten drei Monaten »e
Nechnungsjahres gelang, nicht nur den Etat der -u „u-

und der Leiden Betriebsverwaltungen im Gleichfl-«'hera
sondern auch noch erheoliche Beträge fllr Reparation-i
zuwirtschaften, so müffc sich d-ie Ueberzeugung jj^jukeo.,^

d«s

auch heute noch möglich wäre, zu die'sem Zustand
Voraussetzung sei allerdings die völlig-e llmke'hr v
französischen PolitV.

bishe'

:g->e

sprechen Sie mit dem Herrn


und zeitraubend . .

Oder seien Sie doch lieber gleich glücklicher B-Mr Aje
Valutapapiere ohne deutschen Kurswert. Da urauw
nichts wsiter zu tun. als den Kurs des Papiers an . zg22
börse am 30. Juni 1920, am 30. Juni 1921, am 30. -1 festz"!.stW
am 3. Oktober 1922. oder am vorhergehenden Börs-nrag- d>u „
(Sie haben doch hoffentlich die Londoner usw. Kursz-' - „ add^ir
paar Tagen zur Hand?) und dann di« drei ersten Kuri o>-
und dann die Summe durch 3 zu dividieren und ^""-,-vidier-"
Kurs dazuzuzählen und dann die Summe üurch 2 M o ,^n ha - ^
dann das Resultat mit 4 zu multiplizieren und ^ Iahl-scheN
Sis'»-. Beiläufig: Sie haben doch im Kopf. in welm- fteundU^»
denen Andustrie-Obligationen die Sie aus

verschiedenen Jndustrie-Obligationen die Sie aui

Rat Jqrer Bank gekauft halen, rückzahlbar, ^und


und Jüngsten sSon an de^Börse eingcführt sind? .
nicht Jhre Sprötzlinge. die Sie zu diesem -Zw.-n- Fr-un-:
geschickt haben, ich meine Jhre Wkticn.) Ia, meM V„!ster- ^„„d
diess Wissenschaft verlangt von Ihnen der Herr „,,sfü6-" 41-'

sonst können Sie unmöglich richtig Ihre Formu-ar >n

Ihre Zwangsanleihe zahlen. Uird dann kann gar Ihr- ^ Zi-
oder vier Jahren. wenn der geplagte FinanzLeanne hav-n,.^i>
„rHrnni tnmnil „nd pinen Flebler entdeckt. — gin-m d>-

'"könn-n„AE

prüfunz kommt und einen Fshler entdeckt,
auch nur die Verichtigung «ines Druckfehlers

Kursblatt durch ein späteres übersehen —: ^ann >"'7 M ov"
Freude erleben, nicht allein den Rückstand von v>ell- Zusch^S„nN^
zahlen zu dllrfen, sondern dazu noch den gefttzliM^. erst-". s

monailich 30 Pio;o!i, I (m'r ° r»

bei jährlich 360 Prozent auf so eiu paar ^nhrch ^ siihl-^ H-s-
Sie werden sich von da an aller Steucrsoraen -n-h ^ ab-r ^ ^ h-'b
'ltblutM Ernsi Richw «sZ'l -

§teu-r^. ^

Finanzminftter auf Ihr verängstetes Eesicht.:
gegessen usw., dann sagen Sie ihm, es
Aprilscherz gewesen. . ^ ^

Wenn man derart mit dem vom Glück und . frag " ^jr>
heute so sehr begünstigten -'Kapitalisten' u^'^'^nen L"" a»
erst einmal einen Kaufmann. einen Fabrftanten. -
nach seinen Steuerfreuden! Fällt Jhnen aber D-raN ä d--

eincm Jhrer freundlichen Bekannten l-n- Porst-ll" Ua"'!

aus, die man in Franksurt gewohnt ist. diel-r.^ndft

Affcnsteines zu assoziieren, so seien Sie ".b"'^waltung
genietzt ein grotzes Vertrauen, man hat d>e „^tzte ^Ä„la-'-
Vermögen in seine Hände gelegt. er hat 'das >n ^

gerechtsertigt und nach bestem Wiss-n und ^^g„gsanle v
Steuerkurse errechnet, Formulare ausgeft»", o
zeichnet, Nachsteuer gezahlt und jetzt
Jetzt ist er svweit!
 
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