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Baedeker, Karl; Baedeker, Karl [Hrsg.]
Ägypten: Handbuch für Reisende (Band 1): Unter-Aegypten bis zum Fayûm und die Sinai-Halbinsel — Leipzig, 1877

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https://doi.org/10.11588/diglit.5554#0220
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204

X. Die arabische Sprache.

Mit der grossen nationalen Erhebung der Araber, die durch 'iß'1
Islam zum Ausbruch kam, traf auch das goldene Zeitalter ihrer
Literatur zusammen; die damals entstandenen Gedichte nebst
einigen aus früherer Zeit und der Koran sind die classischen Werke
der arabischen Literatur. Neben der Literatursprache, zu welcher
der Dialect von Kureisch (Mohammed's Familie) erhöben worden
war, herrschten bei den einzelnen arabischen Stämmen verschiedene
Volksmundarten (ungefähr wie auch hei uns im Deutschen); nur
ist das Arabische trotz seiner grossen Ausdehnung von Yemen bis
Mesopotamien, von Baghdäd bis Marokko, viel einheitlicher. Ge-
schrieben wird noch heute das classische Arabisch, je nach der
Bildung des Schreibenden mit mehr oder weniger Einflüssen der
Volkssprache.

Das Arabische gehört zu der semitischen Spraehengruppe; eine
Urverwandtschaft derselben mit unsern Sprachen ist wissenschaft-
lich iioc.1l nicht nachgewiesen. Mit der hebräischen Sprache hat die
arabische und namentlich der Volksdialect viele Verwandtschaft.
Die arabische Schrift hat sich aus der syrischen, diese wieder aus
der hebräisch-phünicischen entwickelt. Die Form der Huehstaben,
wie wir sie in älteren Handschriften finden, ist in der Kegel schöner
als heutzutage: die heutige Gurrentschrift ist undeutlich, klein und
hässlich; die Typen, welche in den Druckereien des Orients ver-
wendet werden, sind in Kairo in der Kegel klein , in Beirut etwas
grösser und deutlicher. Die Vokalzeichen werden heute fast nie
mehr beigefügt, sodass das Lesen des Arabischen schon eine genaue
Kenntniss der grammatischen Kegeln erfordert.

Die Laute des Arabischen sind von denen unsrer Sprache theil-
weise verschieden. Am reinsten sprechen nicht die Städter, son-
dern die Bauern und die Bewohner der Wüste, d. h. ihr Idiom
nähert sich mehr der classischen Sprache als das der Städter. Die
Muslimen sprechen durchgängig besser als die Christen, weil sie
schon durch das tägliche Hersagen des Korans sich eine feinere
Sprache und Aussprache aneignen. Der Hauptunterschied zwischen
der Sprache des Korans und der heutigen Umgangssprache besteht
darin, dass letzterer gewisse Flexionsendungen fehlen.

Die aeyyptische Mundart unterscheidet sich von der syrischen
durch etwas andere Aussprache einiger Buchstaben, namentlich
des ^ (s.S.205), oft durch andere Vokale zwischen den Consonanten
z. B. kern syrisch und kam aegyptisch, manche andere viel ge-
bräuchliche Wortbildungen und Worte für denselben Begriff, z. B.
hr.ne oder liine aegyptisch, htm syrisch = hier, und oft verschiedene
Bedeutung desselben Worts, so ist z. B. chöch in Syrien = Pflau-
men, in Aegypten = Pfirsich. Aehnlich, aber viel geringer ist
auch der Unterschied zwischen der Mundart Ober- und Unter-
aegyptens, namentlich ist hier auffallend die verschiedene Aus-
 
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