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Bauch, Kurt; Rembrandt
Die Nachtwache: Rembrandt van Rijn; 1642; Einführung — Werkmonographien zur bildenden Kunst in Reclams Universal-Bibliothek, Band 20: Stuttgart: Reclam, 1957

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https://doi.org/10.11588/diglit.63633#0006
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Die Menschen sind lebensgroß und nehmen doch nur
etwa die Hälfte der Höhe in dem riesigen Bilde ein. Die
Leinewand mißt 3,50X4,33 m. Und das ist noch nicht
die ursprüngliche Größe, sie war 4X4,75 m. Denn das
Gemälde ist, als es 1715 von seinem ursprünglichen Platz
fort und zum erstenmal in eine Art Museum verbracht
wurde, oben und an beiden Seiten rücksichtslos verklei-
nert worden. Eine alte Kopie, bald nach der Entstehung
gemalt von dem schwachen Maler Gerrit Lundens (Ab-
bildung 9), zeigt, daß links die Treppe zu einer Gracht
hinabführte, daß über der Brüstung links von dem Ser-
geanten noch zwei Figuren und rechts der Trommler
noch voll zu sehen waren und daß oben der Bogen des
Eingangstores noch ganz durchlief. Es gab also mehr
Luft nach allen Seiten, und die beiden seitlichen Gruppen
entstanden ebenfalls erst im Bilde selbst. Die Hauptfigu-
ren waren nicht in der Mitte, sondern gingen darauf z . .
In dieser Kopie ist an der Säule des Eingangstores noch
nicht der ovale Steinschild zu sehen, der wenig später in
Rembrandts Bild hineingemalt worden ist. Auf ihm sind
18 Namen von Amsterdamer Bürgern verzeichnet. Diese
sind auf dem Bilde dargestellt. Die Nachtwache stellt
also jemanden dar: diese phantastisch und ganz verschie-
den gekleideten Krieger sind bestimmte Personen. Die
Nachtwache ist ein Bildnis, sie gibt die Bildnisse einer
Anzahl von Amsterdamer Bürgern, die hier als Gruppe
porträtiert sind. Alle gehören einer bestimmten Abtei-
lung der Bürgerwehr an, nämlich der Kompanie des
Kapitäns Frans Banning Cocq, Herrn von Purmerland,
und seines Leutnants Willem van Ruytenburg, Herrn
von Vlaardingen. Es waren die „Cloveniercn“, d. h.
Büchsenschützen, ein alter, altmodischer iJaffie. Von den
anderen Kompanien nannten sich manche sogar noch
Bogen- oder Armbrustschützen. Das stammte aus der mit-
telalterlichen Zeit, von den alten Schützenbruderschaften.
Sie waren nach wie vor das militärische Aufgebot der
Bürgerschaft, in Notzeiten zum kriegerischen Einsatz be-
stimmt, sonst zur Repräsentation bei feierlichen Anläs-
sen. Regelmäßig traf man sich zu Übungen auf den
Schießplätzen. Die Schützen hatten überall ihre Doelen,

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