Innern das Dämmern, in das dann das Licht der Ge-
schichte einstrahlt.
Das Bild ist dunkel. Das liegt nicht nur an der Erhal-
tung oder am Firnis. Schon die Zeitgenossen, schon sein
Schüler Hoogstraten wünschte, der Meister hätte darin
„etwas mehr Licht angesteckt“. Und die sorgfältige Rei-
nigung jetzt hat auch keine Tagwadhe daraus gemacht.
Aber die Dunkelheit ist wiederum nicht etwa anekdoti-
scher Art. Nicht in der Nacht, nicht in der Frühdämme-
rung spielt sich das Geschehen ab, und man hat einen
Beweis dafür entdeckt. Einer der beiden gepanzerten Be-
gleiter des Fähnrichs trägt die glühende Lunte und in der
andern Hand noch die Linse, mit der er sie entzündet
hat (Abb. 12). Also scheint die Sonne! Das Bild ist dun-
kel wie eben jedes andere Bild Rembrandts. Es ist das
Raumlicht von Rembrandts Bühne, auf der das Drama
sich entfaltet, das sonore Halbdunkel von Rembrandts
Dichtung, die alles Geschehen wie in einem warmen In-
nenraum umfängt. Wie der Ort, so ist auch der Augen-
blick nicht als Tatsache, sondern rein dichterisch bestimmt.
Das ist keine Reportage vom Abrücken der Schützen-
garde zum Spalierbilden beim Empfang der Maria von
Medici. Mag der Funke dabei übergesprungen sein, es
hat sicher völlig anders ausgesehen, als die Amsterdamer
Bürger zusammenkamen, um abzumarschieren. Es gibt
keinen Schlüssel zum Sinn dieses Werkes, keinen anderen
als Rembrandts Kunst selbst.
Es ist ein Schicksalsbild. Bis hierher hat Rembrandt
sein Volk emporgehoben — weiter nicht. Schon hier mißt
er sich nicht mehr an der holländischen Kunst, sondern
an der internationalen Barockmalerei. Das war für ihn
der Beginn einer großartigen Entfaltung seiner Kunst in
einer erneuten Zwiesprache mit Caravaggio "nd Tizian.
Es war aber auch der Beginn seiner Verkennung durch
seine Landsleute. So hoch wollten sie nicht hinaus. Eine
Großmacht zu werden, das ließen sie sich nicht zumuten.
Das überschritt ihre Grenzen. Ein solches Bild schien
ihnen nicht sachlich genug, nicht natürlich genug, nicht
bildnishaft, nicht demokratisch genug. Sie waren als Be-
freier, Entdecker und Händler ungeheuer gestiegen in
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schichte einstrahlt.
Das Bild ist dunkel. Das liegt nicht nur an der Erhal-
tung oder am Firnis. Schon die Zeitgenossen, schon sein
Schüler Hoogstraten wünschte, der Meister hätte darin
„etwas mehr Licht angesteckt“. Und die sorgfältige Rei-
nigung jetzt hat auch keine Tagwadhe daraus gemacht.
Aber die Dunkelheit ist wiederum nicht etwa anekdoti-
scher Art. Nicht in der Nacht, nicht in der Frühdämme-
rung spielt sich das Geschehen ab, und man hat einen
Beweis dafür entdeckt. Einer der beiden gepanzerten Be-
gleiter des Fähnrichs trägt die glühende Lunte und in der
andern Hand noch die Linse, mit der er sie entzündet
hat (Abb. 12). Also scheint die Sonne! Das Bild ist dun-
kel wie eben jedes andere Bild Rembrandts. Es ist das
Raumlicht von Rembrandts Bühne, auf der das Drama
sich entfaltet, das sonore Halbdunkel von Rembrandts
Dichtung, die alles Geschehen wie in einem warmen In-
nenraum umfängt. Wie der Ort, so ist auch der Augen-
blick nicht als Tatsache, sondern rein dichterisch bestimmt.
Das ist keine Reportage vom Abrücken der Schützen-
garde zum Spalierbilden beim Empfang der Maria von
Medici. Mag der Funke dabei übergesprungen sein, es
hat sicher völlig anders ausgesehen, als die Amsterdamer
Bürger zusammenkamen, um abzumarschieren. Es gibt
keinen Schlüssel zum Sinn dieses Werkes, keinen anderen
als Rembrandts Kunst selbst.
Es ist ein Schicksalsbild. Bis hierher hat Rembrandt
sein Volk emporgehoben — weiter nicht. Schon hier mißt
er sich nicht mehr an der holländischen Kunst, sondern
an der internationalen Barockmalerei. Das war für ihn
der Beginn einer großartigen Entfaltung seiner Kunst in
einer erneuten Zwiesprache mit Caravaggio "nd Tizian.
Es war aber auch der Beginn seiner Verkennung durch
seine Landsleute. So hoch wollten sie nicht hinaus. Eine
Großmacht zu werden, das ließen sie sich nicht zumuten.
Das überschritt ihre Grenzen. Ein solches Bild schien
ihnen nicht sachlich genug, nicht natürlich genug, nicht
bildnishaft, nicht demokratisch genug. Sie waren als Be-
freier, Entdecker und Händler ungeheuer gestiegen in
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