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Mesolithikum und Neolithikum.

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Unsere bisherigen Kenntnisse der jüngeren Steinzeit geben uns nur
über einen Teil der damaligen Kulturverhältnisse Aufschluß. Der Neo-
lithiker befand sich im großen und ganzen noch auf der Stufe der Eigen-
wirtschaft, in der jede Familie nur für den eigenen Bedarf sorgte. Der
Neolithiker sammelte, was ihm die Natur an nützlichen Pflanzen bot, er
jagte die Tiere in freier Natur; daneben verschaffte er sich seinen Unter-
halt durch Ackerbau und Viehzucht. Immerhin lassen sich aber auch
Ansätze von Gewerbebetrieb und Handel erkennen. Nicht überall in der
Umgebung der Siedlungen war das Rohmaterial für die Geräte und den
Schmuck vorhanden. Echter Kreidefeuerstein und Bernstein findet sich
weit von seinem natürlichen Vorkommen entfernt. Manche Gegenstände
aus ortsfremdem Gestein, manche Muschel und Schneckenschale, die am
Fundort nicht vorkam, manche Gefäße, die der großen Masse in Form
und Verzierung überlegen waren, lassen darauf schließen, daß schon
damals ein Austausch und Handel von Gütern erfolgte.
In Bayern kamen im Laufe der Zeit eine große Menge von Wohn-
und Abfallgruben im Lößgebiete der Donau und des Mains zutage,
die meist zu dorfartigen Siedlungen vereinigt waren. Einige dieser Sied-
lungen, wie Altheim, Haunersdorf und Kothingeichendorf, waren durch Wälle
und Gräben geschützt. Die Wohngruben enthielten Scherben mit Spiral-
mäander-, Stichband- und Tiefstichverzierungen. Diese drei Stilarten waren
meist gemeinsam in den Gruben, es kamen aber auch solche vor, in
denen jede der drei Keramikarten allein sich fand. Die Spiral-, Hinkel-
stein- und Rössener Keramik scheinen ziemlich gleichzeitig gewesen zu
sein, zeitliche Unterschiede und Aufeinanderfolge ließen sich bis jetzt
nicht feststellen. Wohngrubenfunde wurden auch im Ries gemacht und
außerhalb des geschlossenen Lößgebiets an der Donau dort, wo Löß vor-
kommt, z. B. isaraufwärts bei Landshut bis gegen Freising zu. In den
Höhlen des bayerischen Jura kommt vor allem der Rössener Stil vor,
Spiralkeramik scheint zu fehlen; es läßt dies darauf schließen, daß die
Bevölkerung des Tiefstichstiles in Bayern mehr der Jagd oblag als die
Bevölkerung der Spiral- und Hinkelsteinkeramik, die in erster Linie
Ackerbau betrieb. In Niederbayern gelang es zwei Stilarten festzustellen,
die sich von den drei genannten in Gefäßform und Verzierungsweise
unterscheiden; es ist dies der Altheimer Typus, genannt nach den
Funden in der neolithischen Befestigung zwischen Altheim und Holzen
nördlich von Landshut, und der Münchshöfener Typus, nach dem Fundort
Münchshöfen (B.-A. Straubing). Während die bandkeramischen Wohngruben
auf die Lößgebiete beschränkt zu sein scheinen, finden sich die Sied-
lungen mit Altheimer und Münchshöfener Keramik auch im Moränen-
gebiet, z. B. im Kalktuff von Glonn bei Grafing (B.-A. Ebersberg),
Münchshöfener Keramik und beide Keramiken auf den Höhensiedlungen
des Salzachtales bei Salzburg. Auch die Kultur der Pfahlbauten des Mond-
und Attersees weist enge Beziehungen zu den beiden niederbayerischen
Typen auf.
 
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