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12 Die venetianische Schule.
Zeit, ließ sich damals von unserm Meister portraitiren. Durch solche,
gewiß mit schwerem Golde Honorirte Arbeiteu der Sorgen um seine Existenz
enthoben, vermochte sich Barbarelli seinem Berufe mit allem Feuer seines
mächtigen Geistes hinzugeben. Es entstand eine Reihe bewunderungswürdiger
Gemälde, meist Halbfignrenbilder, in denen er das nieversiegende Füllhorn
der Poesie anSgoß, das Wiegengeschenk eines gütigen Gottes.
Aber es war nicht der Künstler allein, der an Barbarelli geschätzt wurde.
Auch als Meusch imponirte er durch seine körperliche Bildung, mit welcher
sich ein seiner, liebenswürdiger Geist verband. Im klebrigen war er leicht
verletzbar, und nicht ohne eine gewisse Eitelkeit, so daß er es nicht ver-
winden konnte, daß seinem ehemaligen Mitschüler, Tizian, der die Brücken-
fa^ade der deutschen Kaufhalle mit Freskeu geschmückt hatte, der Preis
zuerkauut wurde, uud iu Folge dessen allen Verkehr mit dem früheren
Kameraden abbrach. Wie peinlich es ihm gewesen sein muß, das Lob
der großen Herren abzulehnen, welche, nicht bekannt mit den Verhält-
nissen, ihn am Tage der Enthüllung wegen desjenigen Theils jenes Bilder-
schmncks besonders beglückwünschten, der von Tizian herrührte, läßt sich
denken; denn Giorgione war sich wohl bewußt, daß Tizian ihm hinsichtlich
des Colorits das Beste zu dankeu hatte. Trotz dieser Niederlage fand er indeß
in den höhern Gesellschaftskreisen immer mehr Anfnahme, wozu nicht wenig
seine musikalische Begabuug beitrug; denu Gesang und Saitenspiel war seine
Erholung, wenn das farbenmüde Auge sich von Stasfelei nnd Palette abwandte.
Es war im Jahre 151t, im drei und dreißigsten Jahre seines noch
zn großen Erwartungen berechtigenden Lebens, als der Meister in der Fülle
seiner Thatkraft vom Tode hingerafft wnrde. Nach Einigen soll ihn die
Pest ergriffen haben, als er ahnungslos seiner bereits von der Seuche be-
falleneu Geliebteu eiueu Besuch abstattete. Verbreiteter ist die vou Ridolfi*)
herrühreude Erzählung von der Ursache seines frühzeitigen Todes, der da-
durch einen romantischen Nimbns erhalten. Nach dieser war er in heftiger,
stürmischer Leidenschaft zn einein schönen Mädchen entbrannt, welches ihn
eines Tages trenlos verließ, um mit eiuem seiner Schüler davonzngehen.
Der Gram über diesen doppelten Treubruch soll so sehr an dem Herzen
Giorgione's genagt haben, daß er darüber zu Grunde gegangen ist.
Giorgione's Wirksamkeit war von der größten Bedentung für die
venetianische Schule. Nicht sowohl die Schüler, die er in seiner kurzen

*) Kiäolti, 1^6 mar^viAlW (WIN arte ete. Vensz. 1643.
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