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und seine Schule.
durch solche Willkür gur Architektur gerätst, die ja eben die, nach künstle-
rischen Gesetzen angeordnete, feste Umschließung eines bestimmten Raumes
ist. Coreggio führte ein Wunderding aus, um Wunderdiuge als wirklich
erscheinen zu lassen, während es doch für Wunder überhaupt keiue natür-
lichen Gesetze, keine Wirklichkeit geben kann. Den Verstoß gegen die Sitte
wird der Gebildete an einem Kunstwerk rügen, aber eine Verläugnnng des
gesunden Menschenverstandes läßt sich anch der große Haufen nicht gefallen.
Man kann daher jenen frommen Pater nicht tadeln, der nach Enthüllung
der Decke des Doms zu Parma, statt in Bewunderung auszubrechen, ausrief:
Voi ei avete katto un Aua^eto cii ranel (Ihr habt uns da ein Frosch-
ragout gemacht!)
Coreggio's Realismus war weseutlich anderer Natur als derjenige,
welcher die Venetianer auszeichnet. Die Schönheit der sinnlichen Er-
scheinung steht bei ihm erst in zweiter Reihe. Er konnte gelegentlich sehr
unschöne Engel und sehr ordinär aussehende Heilige malen. Seine weib-
lichen Figuren kann man durchweg wohl hübsch nennen, selten aber schön.
Sie stehen dem Genre näher als der Historie.
Ist bei den Venetianern der Moment der Ruhe und Würde vor-
wiegend, so herrscht bei ihm die sinnlich-geistige Erregtheit und die Grazie in
den Bewegungen vor. Seine Gestalten kennen nicht das dauernde Behagen
einer glücklichen Existenz, sie erscheinen fast immer unter dem Einfluß eines
momentanen Affects von vorwiegend heiterer Färbung. Jnteresfiren uns
die venetianischen Charakterköpfe durch die in ihnen ausgesprochene Indi-
vidualität, durch die menschliche Bedeutsamkeit, die von der dargestellten Situ-
ation unabhängig ist, so fesselt uns bei Coreggio der Moment selbst und
die von dessen Einflüssen bedingte höhere Erregtheit des Nervenlebens.
Seine Gestalten durchpulst ein rasches Blut. Sie sind nicht blos genuß-
fähig, sondern genießend bis zum völligen Sinnenrausche. Von der muth-
willigen Fröhlichkeit schäkernder Kinder bis zu den Wonneschauern der Wollust
ist ihm die ganze Scala freudiger Empfindungen geläufig. Und selbst wo
er den Schmerz darstellt, leiblichem oder seelischen, hält er den Balsam der
Freude oder des Trostes bereit, und das Pathos erreicht wohl einen leiden-
schaftlichen, nie aber einen innigen, tiefempfundenen Ausdruck. Gern weicht
er den schmerzlichen Empfindungen aus und weiß selbst schmerzhaften Ge-
genständen eine heitere Seite abzugewinnen, wie in seinem H. Sebastian, wo
der Gegenstand dieses Bildes nicht das Leiden des Märtyrers, sondern der
Jubel des Himmlischen über den Sieg des Märthrerthums ist. Ebenso ist
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