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Die Zeit des Manierismus.
Zeigt sich bei den vorgenannten Meistern noch durchschnittlich ein leb-
haftes und liebevolles Eingehen aus die Schöpfungen ihrer Palette, so daß
sie nicht selten Werke von tiefempfundener Wahrheit und poetischem Inhalte
zu schaffen wissen, so tritt die innere Zusammenhanglosigkeit zwischen Künst-
ler und Kunstwerk, die Virtuosität des äußeren Machwerks schon viel greller
zn Tage bei den Florentinern, deren A nnd O der „göttliche" Michelangelo
War. Hier steht in vorderer Reihe der vielbeschästigte Giorgio Vasari
ans Arezzo (1512 — 1574), der ebenso schreibselig wie pinselfertig erscheint,
und dessen schriftstellerische Thätigkeit für die Kunstgeschichte von ungleich
höherer Bedeutung wurde als seiue künstlerische Productivität. Seine Lei-
stnugen sind, was Schnelligkeit der Ausführung anlangt, wahrhaft erstaun-
lich und stehen in dieser Beziehung mit denen Tintoretto's ans gleicher
Stnfe. Beiden ebenbürtig, aber noch betriebsamer nnd kühner an Unter-
nehmnngsgeist waren die Zuccari in Rom, namentlich der jüngere Bruder
Federigo (1543 — 1609), den man sich als Prototyp der Manieristen zn
betrachten gewöhnt hat.
Federigo Zuccaro war kein geringes Talent. Er besaß reiche Erfin-
dungsgabe und war von regem Eifer beseelt, aber die Zeitströmung ließ, wie
bei Tintoretto so anch bei ihm, das bessere Selbst nicht aufkommen. Daß
er Tüchtiges zn leisten im Stande war, beweisen seine Historischen Com-
positionen in dem Schlosse der Farnese Caprarola. Gegen Ende des Jahr-
hunderts mußte er den Vorrang, den er sich in Rom vor allen anderen
Bernfsgenossen nicht sowohl durch seine Kunstfertigkeit, als durch die geschickte
Weise, mit welcher er seine eigene Person in Scene setzte, errungen
Hatte, an den Cavaliere d'Arpino, eigentlich Ginseppe Cesari (nm
1560 — 1640), abtreten, der, nicht minder prodnctiv und znr Selbstüber-
hebung geneigt, mit seinen Schülern und Genossen viele große Wandflächen
römischer Paläste und Kirchen mit Freskobildern bemalt hat.
Ueber die Ursachen des raschen Verblühens der Künste in Italien ist
in den vorhergehenden Blättern schon mehrfach die Rede gewesen. Im in-
nersten Grnnde knüpft sich dieselbe nicht so sehr an Persönlichkeiten als an
den veränderten Zustand der Bildung und Gesittung des Zeitalters. Wenn
Italien auch nicht direct von dem Kampfe erschüttert wurde, der auf der
anderen Seite der Alpen gegen die Mißbräuche der kirchlichen Macht geführt
wurde und das geistige Interesse der Menschheit von der Kunstübung ab-
lenkte, so vollzog sich doch anch hier allmälig eine Umwandlung der kirch-
lichen zugleich mit den politischen nnd socialen Zuständen, die eine gewisse
Die Zeit des Manierismus.
Zeigt sich bei den vorgenannten Meistern noch durchschnittlich ein leb-
haftes und liebevolles Eingehen aus die Schöpfungen ihrer Palette, so daß
sie nicht selten Werke von tiefempfundener Wahrheit und poetischem Inhalte
zu schaffen wissen, so tritt die innere Zusammenhanglosigkeit zwischen Künst-
ler und Kunstwerk, die Virtuosität des äußeren Machwerks schon viel greller
zn Tage bei den Florentinern, deren A nnd O der „göttliche" Michelangelo
War. Hier steht in vorderer Reihe der vielbeschästigte Giorgio Vasari
ans Arezzo (1512 — 1574), der ebenso schreibselig wie pinselfertig erscheint,
und dessen schriftstellerische Thätigkeit für die Kunstgeschichte von ungleich
höherer Bedeutung wurde als seiue künstlerische Productivität. Seine Lei-
stnugen sind, was Schnelligkeit der Ausführung anlangt, wahrhaft erstaun-
lich und stehen in dieser Beziehung mit denen Tintoretto's ans gleicher
Stnfe. Beiden ebenbürtig, aber noch betriebsamer nnd kühner an Unter-
nehmnngsgeist waren die Zuccari in Rom, namentlich der jüngere Bruder
Federigo (1543 — 1609), den man sich als Prototyp der Manieristen zn
betrachten gewöhnt hat.
Federigo Zuccaro war kein geringes Talent. Er besaß reiche Erfin-
dungsgabe und war von regem Eifer beseelt, aber die Zeitströmung ließ, wie
bei Tintoretto so anch bei ihm, das bessere Selbst nicht aufkommen. Daß
er Tüchtiges zn leisten im Stande war, beweisen seine Historischen Com-
positionen in dem Schlosse der Farnese Caprarola. Gegen Ende des Jahr-
hunderts mußte er den Vorrang, den er sich in Rom vor allen anderen
Bernfsgenossen nicht sowohl durch seine Kunstfertigkeit, als durch die geschickte
Weise, mit welcher er seine eigene Person in Scene setzte, errungen
Hatte, an den Cavaliere d'Arpino, eigentlich Ginseppe Cesari (nm
1560 — 1640), abtreten, der, nicht minder prodnctiv und znr Selbstüber-
hebung geneigt, mit seinen Schülern und Genossen viele große Wandflächen
römischer Paläste und Kirchen mit Freskobildern bemalt hat.
Ueber die Ursachen des raschen Verblühens der Künste in Italien ist
in den vorhergehenden Blättern schon mehrfach die Rede gewesen. Im in-
nersten Grnnde knüpft sich dieselbe nicht so sehr an Persönlichkeiten als an
den veränderten Zustand der Bildung und Gesittung des Zeitalters. Wenn
Italien auch nicht direct von dem Kampfe erschüttert wurde, der auf der
anderen Seite der Alpen gegen die Mißbräuche der kirchlichen Macht geführt
wurde und das geistige Interesse der Menschheit von der Kunstübung ab-
lenkte, so vollzog sich doch anch hier allmälig eine Umwandlung der kirch-
lichen zugleich mit den politischen nnd socialen Zuständen, die eine gewisse