Peter Bischer.
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können, daß die freie Weise, mit welcher hier Gothik und Renaissance in
Eins verschmölzen Mördern Werke eine ganz eigenthümliche Schönheit und
einen absonderlichen Reiz verliehen hat. Rur Vie originale Kraft eines
bedeutenden Genie's, wie es Peter Vischer war, konnte die Dissonanz
zweier entgegensteheuver Richtungen in volle Harmonie auflösen, so daß
Mittelalter und Neuzeit sich über diesem Denkmal deutscher Kunst friedlich
die Hände reichen. Auf überraschende Weise*) tritt uns in der Anlage
des Ganzen der Grundgedanke der christlichen Baukunst ' wieder vor Äugens
Venn in seinen VeseMlschen Bestandtheilen ist der Baldachin, der sich über
dem aus älterer Zeit stammenden Sarge des Heiligen , erhebt, nichts, als
das Pfeilergerüst des Kirchenbau's. Aber auch die Sculptur nimmt alte
Gedankenverbindungen wieder -mrf und erweitert sie nur nach der Seite der
Natur und Mythologie. Stumme Fische und lautlos kriechende Schnecken
träger- das Grabmal und mahnen an das ewige Schweigen des Todes.
Dem- ^öde aber ist wie der Sünde die Macht genommen? darum sehen
wir an den vier Ecken des Monuments die Bewältiger von Löwen und
Schlangen, den- Sinnbildern von Tod und Sünde, den Simson und
Herkules, den Nimrod und Theseus; za was sich ' etwa vom Heidenthum
erhalten hat in der Anschauung, der Natur und des Lebens, wird (wie von
deZ Weltgeschichte) als Unterlage verwendete als Wehr? und Schutz find
dazu die vier christlichen CardinaltUgenden gestellt. So kann sich im Schirm
der Kirche rings um- die Stille des Grabes das Leben regen. Und es
regt sich auf mannigfache Weises verschieden nach den verschiedenen Graden
christlicher Erleuchtung. Sinnreich Hat der Künstler -feinen Gedanken in
Kinderspiele gehüllt. Die Füß-e der Pfeiler und Candelaber sind durch Halb-
kränze verbunden, darauf Kinder in allerhand unnützen und übermüthigen
Bewegungen sitzen; höher oben auf dem Gesims des Sarggestells sitzen
wieder ringsum Kinbor, schon ein wenig verständiger, aber doch ungeschickt
genug, um verkehrt in's Horn zu blasen oder mit der Faust die Laute zu
schlagen; erst ganz oben aus den Candelaberkerzen sitzen die ganz erleuchteten
Setzten, lobsingende, jubilirende Kinder. An den Pfeilern des Baldachins
stehen die Apostel, die Pfeiler der Kirche, ans den Spitzen der. Pfeiler an
Stelle der gothischen Fialen die Statuetten der zwölf Profeten des alten
Bundes; auf der Spitze aber der mittleren Dachphramide ' sieht der Fürst
des Lebens, das Fleisch gewordene Wort, Christus als Kind, die Weltkugel
*) E^Förster^ Gesch. der deutschen Kunst. M'M29^
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können, daß die freie Weise, mit welcher hier Gothik und Renaissance in
Eins verschmölzen Mördern Werke eine ganz eigenthümliche Schönheit und
einen absonderlichen Reiz verliehen hat. Rur Vie originale Kraft eines
bedeutenden Genie's, wie es Peter Vischer war, konnte die Dissonanz
zweier entgegensteheuver Richtungen in volle Harmonie auflösen, so daß
Mittelalter und Neuzeit sich über diesem Denkmal deutscher Kunst friedlich
die Hände reichen. Auf überraschende Weise*) tritt uns in der Anlage
des Ganzen der Grundgedanke der christlichen Baukunst ' wieder vor Äugens
Venn in seinen VeseMlschen Bestandtheilen ist der Baldachin, der sich über
dem aus älterer Zeit stammenden Sarge des Heiligen , erhebt, nichts, als
das Pfeilergerüst des Kirchenbau's. Aber auch die Sculptur nimmt alte
Gedankenverbindungen wieder -mrf und erweitert sie nur nach der Seite der
Natur und Mythologie. Stumme Fische und lautlos kriechende Schnecken
träger- das Grabmal und mahnen an das ewige Schweigen des Todes.
Dem- ^öde aber ist wie der Sünde die Macht genommen? darum sehen
wir an den vier Ecken des Monuments die Bewältiger von Löwen und
Schlangen, den- Sinnbildern von Tod und Sünde, den Simson und
Herkules, den Nimrod und Theseus; za was sich ' etwa vom Heidenthum
erhalten hat in der Anschauung, der Natur und des Lebens, wird (wie von
deZ Weltgeschichte) als Unterlage verwendete als Wehr? und Schutz find
dazu die vier christlichen CardinaltUgenden gestellt. So kann sich im Schirm
der Kirche rings um- die Stille des Grabes das Leben regen. Und es
regt sich auf mannigfache Weises verschieden nach den verschiedenen Graden
christlicher Erleuchtung. Sinnreich Hat der Künstler -feinen Gedanken in
Kinderspiele gehüllt. Die Füß-e der Pfeiler und Candelaber sind durch Halb-
kränze verbunden, darauf Kinder in allerhand unnützen und übermüthigen
Bewegungen sitzen; höher oben auf dem Gesims des Sarggestells sitzen
wieder ringsum Kinbor, schon ein wenig verständiger, aber doch ungeschickt
genug, um verkehrt in's Horn zu blasen oder mit der Faust die Laute zu
schlagen; erst ganz oben aus den Candelaberkerzen sitzen die ganz erleuchteten
Setzten, lobsingende, jubilirende Kinder. An den Pfeilern des Baldachins
stehen die Apostel, die Pfeiler der Kirche, ans den Spitzen der. Pfeiler an
Stelle der gothischen Fialen die Statuetten der zwölf Profeten des alten
Bundes; auf der Spitze aber der mittleren Dachphramide ' sieht der Fürst
des Lebens, das Fleisch gewordene Wort, Christus als Kind, die Weltkugel
*) E^Förster^ Gesch. der deutschen Kunst. M'M29^