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Hans Holbein, der Jüngere
um das neuerbaute Haus des Schultheiß Jakob von Hartenstein mit
Malereien zu schmücken. Das Haus wurde im Jahre 1824 abgebrochen
und damit die noch zum Theil vorhandenen Fresken des großen Meisters
dem Untergange preisgegeben. Nach den Berichten von Augenzeugen war
die malerische Ausstattung im Innern, wie an den Außenseiten des Hauses
eine ungemein reichhaltige. Zwei Friese über den Fensterreihen schmückten
die Fa^ade, der.eine, Kinder mit Waffenspielen beschäftigt, der andere, einen
Triumphzug nach Andrea Mantegna darstellend. Die Wandflächen zwischen
den Fenstern enthielten Kampfscenen aus der Heldensage, die inneren Ge-
mächer legendarische Gegenstände, Jagden u. s. W. Nach Beendigung dieser
Arbeiten, welche ihn wohl länger als ein Jahr beschäftigt Haben mögen,
führte er wahrscheinlich die Flügelbilder eines Altars aus, welche sich jetzt
im Dome zu Freiburg im Breisgau befinden. Neben anderm Vortrefflichen
ist an dem einen dieser Gemälde, einer Anbetung der Hirten, vorzugs-
weise die Lichtwirkung im hohen Grade bewunderuswerth. Das Hauptlicht
geht nämlich, gemäß dem Bericht der alten Legende, von dem Christuskinde
aus und erhellt die nächtliche Scene. Wo nahm der jugendliche Meister
die Kühnheit her zur Lösung einer so schwierigen Aufgabe uud woher die
Mittel zu der überaus wahrheitsgetreuen Ausführung? Fast gleiche Be-
wunderung verdient das andere Bild, welches die Anbetung der Heil,
drei Könige darstellt und sich durch Neuheit der Gedanken, überaus richtig
empfundene Motive und eine große Mannigfaltigkeit der Figuren auszeichnet,
wie sie die deutsche Kunst vorher nicht kannte.
Das Baseler Bürgerrecht erwarb Holbein erst im Jahre 1520, nach-
dem er, sobald er mündig geworden, in der Zunft „zum Himmel" Auf-
nahme gefunden hatte. Vorher galt er vermuthlich nur als Gehilfe seines
Vaters oder eines anderen Meisters. Zu den Schöpfungen aus der ersten
Zeit seiner, nun auch nach bürgerlichem Rechte anerkannten, Meisterschaft
sind vor Allem die Malereien am uud im Rathhause zu Basel zu rechnen,
von deren reicher Fülle leider Nichts dem Verderben der Zeit entrissen ist
außer dem Bruchstück einer Darstellung des Empfangs der samnitischen Ge-
sandtschaft bei Curius Dentatns, welche nebst anderen Zügen republikanischer
Tugend die Regierenden und zu Gericht Sitzenden an strenge Uebung des
Rechts und treue Verwaltung öffentlicher Aemter mahnen sollte. „Die höchst
geistreiche, energische und doch gemäßigte Charakteristik der Köpfe, welche
jenes Fragment noch erkennen läßt, beweist zu welcher Meisterschaft Holbein
es schon frühe in der Historienmalerei gebracht hat, und welche Höhe er
Hans Holbein, der Jüngere
um das neuerbaute Haus des Schultheiß Jakob von Hartenstein mit
Malereien zu schmücken. Das Haus wurde im Jahre 1824 abgebrochen
und damit die noch zum Theil vorhandenen Fresken des großen Meisters
dem Untergange preisgegeben. Nach den Berichten von Augenzeugen war
die malerische Ausstattung im Innern, wie an den Außenseiten des Hauses
eine ungemein reichhaltige. Zwei Friese über den Fensterreihen schmückten
die Fa^ade, der.eine, Kinder mit Waffenspielen beschäftigt, der andere, einen
Triumphzug nach Andrea Mantegna darstellend. Die Wandflächen zwischen
den Fenstern enthielten Kampfscenen aus der Heldensage, die inneren Ge-
mächer legendarische Gegenstände, Jagden u. s. W. Nach Beendigung dieser
Arbeiten, welche ihn wohl länger als ein Jahr beschäftigt Haben mögen,
führte er wahrscheinlich die Flügelbilder eines Altars aus, welche sich jetzt
im Dome zu Freiburg im Breisgau befinden. Neben anderm Vortrefflichen
ist an dem einen dieser Gemälde, einer Anbetung der Hirten, vorzugs-
weise die Lichtwirkung im hohen Grade bewunderuswerth. Das Hauptlicht
geht nämlich, gemäß dem Bericht der alten Legende, von dem Christuskinde
aus und erhellt die nächtliche Scene. Wo nahm der jugendliche Meister
die Kühnheit her zur Lösung einer so schwierigen Aufgabe uud woher die
Mittel zu der überaus wahrheitsgetreuen Ausführung? Fast gleiche Be-
wunderung verdient das andere Bild, welches die Anbetung der Heil,
drei Könige darstellt und sich durch Neuheit der Gedanken, überaus richtig
empfundene Motive und eine große Mannigfaltigkeit der Figuren auszeichnet,
wie sie die deutsche Kunst vorher nicht kannte.
Das Baseler Bürgerrecht erwarb Holbein erst im Jahre 1520, nach-
dem er, sobald er mündig geworden, in der Zunft „zum Himmel" Auf-
nahme gefunden hatte. Vorher galt er vermuthlich nur als Gehilfe seines
Vaters oder eines anderen Meisters. Zu den Schöpfungen aus der ersten
Zeit seiner, nun auch nach bürgerlichem Rechte anerkannten, Meisterschaft
sind vor Allem die Malereien am uud im Rathhause zu Basel zu rechnen,
von deren reicher Fülle leider Nichts dem Verderben der Zeit entrissen ist
außer dem Bruchstück einer Darstellung des Empfangs der samnitischen Ge-
sandtschaft bei Curius Dentatns, welche nebst anderen Zügen republikanischer
Tugend die Regierenden und zu Gericht Sitzenden an strenge Uebung des
Rechts und treue Verwaltung öffentlicher Aemter mahnen sollte. „Die höchst
geistreiche, energische und doch gemäßigte Charakteristik der Köpfe, welche
jenes Fragment noch erkennen läßt, beweist zu welcher Meisterschaft Holbein
es schon frühe in der Historienmalerei gebracht hat, und welche Höhe er