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Becker, Hanna Luise; Altdorfer, Albrecht [Ill.]
Die Handzeichnungen Albrecht Altdorfers — München, 1938

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https://doi.org/10.11588/diglit.28867#0054
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Als einzige ausführliche Vorzeichnung für ein Gemälde ist die

T.32 Susanna im Bade (Düsseldorf) für das Münchener Bild erhal-
ten. Im Vergleich mit den früheren Architekturzeichnungen ist
das Blatt von einem sehr feinen und gleichmäßigen Strich be-
stimmt. Landschaft und Architektur sind zu einem Ganzen ver-
schmolzen. Der üppige Palastbau ist nach Form und Aus-
schmückung detailliert gezeichnet, daneben ist der Garten und die
hinter dem Gitter aufsteigende Landschaft von kleinen Strich-
folgen überspielt. Die Differenziertheit im einzelnen verrät die
sehr überlegte Auswertung jeder Strichart. In lockeren großen
Zügen sind die unnaturalistischen Bauformen gegeben; die Berge
stehen in zittrigen Konturen auf der Fläche. Die Landschaft selbst
ist vvohl nicht mit der Folgerichtigkeit aufgebaut wie die etwas
früheren reinen Landschaften der Radierungen, und im Vergleich
mit dem Gemälde kann die Abstufung in der Stimmung, die durch
die Farbwerte entstehen, nicht greifbar werden. Die Zeichnung
ist hier im besten Sinne dem Bildgedanken untergeordnet, ohne
daß sie ihren eigenen Charakter verliert.

Altdorfer veränderte das Gemälde gegenüber diesem Entwurf
an verschiedenen Stellen (s. Kat. Nr. 28) und dies ist ein Beweis
dafür, wie sehr für ihn die Zeichnung auch Hilfsmittel zur Festi-
gung eines ersten Bildgedankens sein mußte.

T.29 Die Darstellung einer Kreuzigung in einer offenen Hal-
lenarchitektur (Wien, Slg. Liechtenstein) ist, sofern die Zu-
weisung an Altdorfer zu Recht besteht (s. Kat. Nr. 75) zeitlich
in die Nähe der Susannen-Zeichnung zu setzen. In der dekorativ
reiclv ausgestalteten architektonischen Umrahmung verrät sich die
Freude am Ornament, das in der gleichzeitigen Architektur Re-
gensburgs, z.B. in den Fenstern im Domkreuzgang, vielfache
Verwendung findet. Der sclimale gewölbte Hallenraum ist das
Wichtigste im Bildganzen, nur lose sind das Kreuz und die Figu-
ren von Maria und Johannes diesem verbunden, selbst im Strich
kann eine gleichgültigere Behandlung des Figürlichen festgestellt
werden. Die schlanken Proportionen von Maria und Johannes fin-
den in den Gestalten des Gemäldes von Christi Abschied von den
Frauen (London, Slg. Wernher) eine Parallele. Einzelformen der

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