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Becker, Hanna Luise; Altdorfer, Albrecht [Ill.]
Die Handzeichnungen Albrecht Altdorfers — München, 1938

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https://doi.org/10.11588/diglit.28867#0070
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gem Schein widerleuchtende Himmel wird zum Sinnbild für die
beglückende Stimmung eines taufrischen Morgens (Haarlem). In
der Dresdener Zeichnung ist schließlich das Bild einer wirklichen
Landschaft in klarer Durchsichtigkeit gegeben: im kühlen Blau
des Himmels und des Wassers und in dem rötlichen Braun der
Erde. Mehr als in den „Hell-dunkel-Zeichnungen“ liegt darin Alt-
dorfers wahrhafte Yerbundenheit zur Natur.

Bei einer Gesamtschau über die Zeichnungen Altdorfers — es
sind hier im wesentlichen die aus der frühen und mittleren Zeit
bis i5i8/20 ins Auge gefaßt — zeigt die Auswahl der Bildthe-
men, daß alle Darstellungen der zeichnerischen Form entgegen-
kommen oder doch in dieser besonders ausgewertet werden.

Es liegt im Wesen der Zeichnung bei Altdorfer, daß es nicht
auf die objektive Darstellung eines Vorganges und die wirkliche
Erscheinungsform eines Gegenstandes ankommt, sondern auf eine
„dichterische“ Ausdeutung in mehr oder weniger phantasievoller
Schilderung. Die reinen Federzeichnungen der Frühzeit, beson-
ders die genremäßigen Szenen, stehen in einer anderen — wirk-
lichkeitsnäheren — Erlehnissphäre als die meisten Darstellungen
auf farbigem Grund. Für diese sind vor allem in der Frühzeit
Themen gewählt, die schon ihrem Inhalt nach nicht-wirklich sind:
Hexen und Wilder Mann und jene Eifersuchtsszene der „Wald-
menschen“, die heute nicht mehr gedeutet werden kann. Solche
Szenen sind der Ausdruck für die naturhafte Bindung alles Mensch-
lichen bei Altdorfer; die Grenzen verwischen sich und der Riese
mit dem Baumstamm auf der Schulter ist wie ein Stück dieser ur-
welthaften Landschaft. Die Gestalten der Landsknechte in Beglei-
tung reitender Edelfrauen in prächtigem Zeitkostüm sind nicht
in einer Individualität erfaßt.

Im Vergleich mit gleichzeitigen Landsknechten auf Schweizer-
Zeichnungen erscheinen die Altdorfers fast koboldhaft. Der große
Fahnenträger des Urs Graf in Basel, der als ganze, hoch aufge-
reckte, stehende Figur die Bildfläche beherrscht, wird in seiner
befreiten menschlichen Erscheinung zum Ausdruck für eine Idee.
Vom rein Menschlichen her ist bei Altdorfer jede Figur nur inso-
weit erfaßt, wie sie aus ihrer Umgebung herauswächst. Der hei-

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