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Apostel und Märtyrer als Säulen der Kirche sich beziehen können. Aber die zu
den Figuren gehörigen Namen PAVLVS und LAVR(entius) lassen eine zwiefache
Deutung zu. Entweder sind beide Figuren die Bilder zweier in der alten Kirche
seit früher Zeit verehrter Heiligen und Märtyrer, nämlich des grossen Apostels
Paulus, und des durch seinen, in der Decianischen Verfolgung im Jahre 258 stand-
haft erduldeten, Feuertod bekannten Laurentius, welcher daher in diesem Bilde die
Märtyrerkrone in der Hand trägt, oder die kleinere Figur stellt den in der Nische
begrabenen Todten als einen besonderen Verehrer des Apostels Paulus dar, der
jenen Kranz dem Apostel darreicht. Gegen die letztere Deutung scheint aber der
Umstand zu sprechen, dass die ganz gleiche Composition, nur ohne die Namen und
mit einem kurzen Säulenschaft statt der beiden Pfeiler, auf einer zweiten Nische,
dieser gegenüber vorkommt, wodurch eine geschichtliche Darstellung ohne Bezie-
hung auf den Todten wahrscheinlicher wird. Die auf dem Saume der Gewänder
befindlichen Buchstaben I, so wie die auf andern Bildern in gleicher Weise vor-
kommenden Buchstaben H, L, T, X und Y, sind schwer zu erklären und werden
von einigen für eine Nachbildung der Weberzeichen gehalten, die bei der Fabrica-
tion der Tücher eingewürkt wurden, von Andern für ein symbolisches Zeichen
irgend eines religiösen Gedankens.1) Uebrigens sprechen die schönen Uncialbuch-
staben der Inschriften, die alte einfache Bekleidung, der fehlende Heiligenschein
und die ganze Malerei für das höhere Alter des Bildes, das wohl dem fünsten Jahr-
hunderte angehören kann. Die Figuren sind fast drei Palmen hoch.
Nicht weit von den vorigen haben sich in zwei hinter einander liegenden Ni-
schen einer anderen Kammer noch zwei beachtenswerthe Bilder erhalten. Das
vordere, Taf. VIII., zeigt einen bärtigen Mann, eine Frau und in der Mitte ein Kind,
alle drei in betender Stellung. Der Anzug der beiden älteren Figuren, obgleich
nicht mehr deutlich zu erkennen, ist nicht ohne Schmuck. Das Kind ist mit einem
bunten Kleidchen angethan und trägt eine Perlenschnur im Haar, Ohrgehänge, Hals-
ketten und Gürtelmedaillons. Alles deutet auf die Grabstätte einer begüterten Fa-
milie, deren Glieder hier abgebildet sind.2) Aus der halb erloschenen Inschrift
ersieht man mit Gewissheit nur, dass die grössere weibliche Figur eine junge Frau
') S. Bottari Tom. I. pag. 207. Buonarruoti, vasi antichi di vetro, pag. 89.
2) Aehnliche Familienbilder finden sich auch in den römischen Katakomben, z. B. Bosio pag. 279.
Apostel und Märtyrer als Säulen der Kirche sich beziehen können. Aber die zu
den Figuren gehörigen Namen PAVLVS und LAVR(entius) lassen eine zwiefache
Deutung zu. Entweder sind beide Figuren die Bilder zweier in der alten Kirche
seit früher Zeit verehrter Heiligen und Märtyrer, nämlich des grossen Apostels
Paulus, und des durch seinen, in der Decianischen Verfolgung im Jahre 258 stand-
haft erduldeten, Feuertod bekannten Laurentius, welcher daher in diesem Bilde die
Märtyrerkrone in der Hand trägt, oder die kleinere Figur stellt den in der Nische
begrabenen Todten als einen besonderen Verehrer des Apostels Paulus dar, der
jenen Kranz dem Apostel darreicht. Gegen die letztere Deutung scheint aber der
Umstand zu sprechen, dass die ganz gleiche Composition, nur ohne die Namen und
mit einem kurzen Säulenschaft statt der beiden Pfeiler, auf einer zweiten Nische,
dieser gegenüber vorkommt, wodurch eine geschichtliche Darstellung ohne Bezie-
hung auf den Todten wahrscheinlicher wird. Die auf dem Saume der Gewänder
befindlichen Buchstaben I, so wie die auf andern Bildern in gleicher Weise vor-
kommenden Buchstaben H, L, T, X und Y, sind schwer zu erklären und werden
von einigen für eine Nachbildung der Weberzeichen gehalten, die bei der Fabrica-
tion der Tücher eingewürkt wurden, von Andern für ein symbolisches Zeichen
irgend eines religiösen Gedankens.1) Uebrigens sprechen die schönen Uncialbuch-
staben der Inschriften, die alte einfache Bekleidung, der fehlende Heiligenschein
und die ganze Malerei für das höhere Alter des Bildes, das wohl dem fünsten Jahr-
hunderte angehören kann. Die Figuren sind fast drei Palmen hoch.
Nicht weit von den vorigen haben sich in zwei hinter einander liegenden Ni-
schen einer anderen Kammer noch zwei beachtenswerthe Bilder erhalten. Das
vordere, Taf. VIII., zeigt einen bärtigen Mann, eine Frau und in der Mitte ein Kind,
alle drei in betender Stellung. Der Anzug der beiden älteren Figuren, obgleich
nicht mehr deutlich zu erkennen, ist nicht ohne Schmuck. Das Kind ist mit einem
bunten Kleidchen angethan und trägt eine Perlenschnur im Haar, Ohrgehänge, Hals-
ketten und Gürtelmedaillons. Alles deutet auf die Grabstätte einer begüterten Fa-
milie, deren Glieder hier abgebildet sind.2) Aus der halb erloschenen Inschrift
ersieht man mit Gewissheit nur, dass die grössere weibliche Figur eine junge Frau
') S. Bottari Tom. I. pag. 207. Buonarruoti, vasi antichi di vetro, pag. 89.
2) Aehnliche Familienbilder finden sich auch in den römischen Katakomben, z. B. Bosio pag. 279.