Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bellermann, Christian Friedrich
Über die ältesten christlichen Begräbnissstätten und besonders die Katakomben zu Neapel mit ihren Wandgemälden: ein Beitrag zur christlichen Alterthumskunde — Hamburg: bei Friedrich Perthes, 1839

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.74040#0112
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
100

Volterra und an vielen anderen Orten aufgedeckt daliegen, haben einen geringen
Umfang, indem sie aus einer einzigen oder nur ein paar mit einander verbundenen
Kammern bestehen, und also Familiengräber sind. Sie liegen in Tuff unter Ebenen
mit hinabführenden Treppen oder sind in senkrechte Felswände eingeliauen. Sie
zeigen einen grossen Fleiss in der regelmässigen Anlage und in mannigfacher archi-
tektonischer und malerischer Ausschmückung. Die Körper liegen ausgestreckt in
Sarkophagen oder auf Steinbetten. (Vergl. die Werke von Micali, Inghirami, die
Annali dell' Inst, archeol. und 0. Müller Handbuch der Archäol. der Kunst. §.170.)
Die ältesten römischen Gräber waren zum Theil ebensalls unterirdische
Kammern, jedoch schmuckloser und weniger regelmässig angelegt als die etruskischen,
wie die im Jahre 1780 entdeckte Familiengruft der Scipionen beweist. Sie ist in
Tuffstein gehauen, und die Körper lagen theils in Sarkophagen, theils in Wandgrä-
bern, wie in den beschriebenen römischen und neapolitanischen Katakomben. (Vergl.
E. Q. Visconti Monum. degli Scipioni in dessen Oeuvres diverses, publ. par Labus.
Milan. 1827. Vol. 1.) Aber auch diese römischen Gräber waren nur Familiengräber
oder sie umfassten andere kleine Gemeinschaften, so wie bisweilen die Freigelas-
senen und Diener vornehmer Personen ein gemeinsames Grab erhielten, oder die
Dienerschaft, die familia im alten Sinne, ihre Ruhestätte aucli in der Gruft ihrer
Gebieter hatte. Nur die Armuth war das weite Band, das viele Tausende auch im
Tode noch in einer grossen gemeinschaftlichen Grabstätte vereinigte, die sich auf
den Esquilien besand, bis Mäcenas diese Gegend in Besitz nahm und in grosse
Gartenanlagen umwandelte. Jedoch ging bei den Römern die alte Sitte des Be-
grabens mit den Zeiten des erhöheten Wohlstandes und des Luxus in die des kost-
bareren Verbrennens der Todten über, und ausser den Kindern vor dem siebenten
Jahre (genito dente) und den vom Blitz erschlagenen Personen, welche stets be-
graben werden mussten, blieben nur noch einzelne Familien der alten Sitte getreu,
wie bekanntlich in der Familie der Scipionen Sulla der erste war, welcher nach
seiner eigenen Anordnung, aus Furcht vor der Misshandlung seines Leichnams,
verbrannt wurde. Und diese neuere Sitte erhielt sich bis zur Zeit Theodosius
des Grossen.
So wie aber bei den Griechen das Begraben der Todten zu allen Zeiten neben
dem Verbrennen im Gebrauch und Gräberkammern in Felsen eine uralte Sitte dieses
 
Annotationen