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sehe Concilium vom Jahre 397 setzte in seinem sechsten Canon sest, dass den
Todten das Abendmahl nicht gegeben werden sollte: denn, heisst es dort, der Herr
sagt, nehmet hin und esset; aber die Leiber der Todten können weder hinnehmen
noch essen. ') Ein gleiches Verbot musste das Concilium Antissiodorense, welches
im Jahre 578 zu Auxerre in Gallien gehalten wurde, wiederholen, so wie noch
später das zweite Trullanische Concil, gehalten im Jahre 691 oder 692 im kaiser-
lichen Pallaste zu Constantinopel. Mithin kam dieser Gebrauch Jahrhunderte lang
im Orient wie im Occident vor. Diese Abendmahlsfeier wurde aber auch alljährlich
wiederholt, sowohl an den Festtagen der Märtyrer als an den Todestagen der ver-
storbenen Familienglieder, und es ist nicht unmöglich, dass auch bei dieser Gele-
genheit bisweilen den Todten neben ihren Gräbern wieder die Elemente des Abend-
mahls, besonders der Wein, dargebracht wurde.
Ausser dieser Feier des heiligen Abendmahls in der Nähe der Gräber bestand
in der alten Kirche auch noch eine andere Sitte, deren Ursprung vielleicht selbst
in den heidnischen Todtenseiern zu suchen ist. Dies sind die Gastmähler zu Ehren
der Märtyrer und anderer Verstorbener, 2) welche in den Vorhöfen der Kirchen
oder auf den Cömeterien in der Nähe der Gräber gehalten wurden. Anfänglich
mochten diese christlichen Symposien wohl im Geiste der Agapen oder Liebesmahle
gefeiert werden, aber als Todtenmahle fanden sie doch auch schon ein Vorbild in
jenen heidnischen Charistien, welche den Parentalien unmittelbar nachfolgten. Die
feierliche Erinnerung an die gestorbenen Glieder der Familie musste die Zurück-
gebliebenen zu desto innigerer Liebe vereinigen. So hielt denn auch mit Recht
der Christ dafür, dass er die Gebete für einen Entschlafenen und das Andenken an
ihn mit nichts Anderem besser und würdiger verbinden könne, als mit Werken der
Liebe und des Wohlthuns. Daher vereinigte der christliche Leidtragende an den
Begräbnisstagen der Seinen und später an den Jahrestagen ihres Todes nicht nur
die Blutsverwandten, sondern auch mit grösserem christlichen Herzen andere Glie-
der der Gemeine und besonders die Armen. Deswegen belobte Paulinus von Nola3)
') Concil. Carthag. III. Can. VI.: Placuit, ut corporibus defunctorum eucharistia non detur. Dictum est
enim a Domino: accipite et edite. Cadavera autem nec accipere possunt nec edere.
2) Neander Kirchengeschichte. Band 2. S. 717. Bd. 1. S. 1231.
3) Paulin. Nolan. Epist. XIII. ad Pammachium. Edit. Paris. 1685. pag. 73. Andere Zeugnisse für diese
Sitte siehe bei Bingham 1. c. T. X. pag. 69.
sehe Concilium vom Jahre 397 setzte in seinem sechsten Canon sest, dass den
Todten das Abendmahl nicht gegeben werden sollte: denn, heisst es dort, der Herr
sagt, nehmet hin und esset; aber die Leiber der Todten können weder hinnehmen
noch essen. ') Ein gleiches Verbot musste das Concilium Antissiodorense, welches
im Jahre 578 zu Auxerre in Gallien gehalten wurde, wiederholen, so wie noch
später das zweite Trullanische Concil, gehalten im Jahre 691 oder 692 im kaiser-
lichen Pallaste zu Constantinopel. Mithin kam dieser Gebrauch Jahrhunderte lang
im Orient wie im Occident vor. Diese Abendmahlsfeier wurde aber auch alljährlich
wiederholt, sowohl an den Festtagen der Märtyrer als an den Todestagen der ver-
storbenen Familienglieder, und es ist nicht unmöglich, dass auch bei dieser Gele-
genheit bisweilen den Todten neben ihren Gräbern wieder die Elemente des Abend-
mahls, besonders der Wein, dargebracht wurde.
Ausser dieser Feier des heiligen Abendmahls in der Nähe der Gräber bestand
in der alten Kirche auch noch eine andere Sitte, deren Ursprung vielleicht selbst
in den heidnischen Todtenseiern zu suchen ist. Dies sind die Gastmähler zu Ehren
der Märtyrer und anderer Verstorbener, 2) welche in den Vorhöfen der Kirchen
oder auf den Cömeterien in der Nähe der Gräber gehalten wurden. Anfänglich
mochten diese christlichen Symposien wohl im Geiste der Agapen oder Liebesmahle
gefeiert werden, aber als Todtenmahle fanden sie doch auch schon ein Vorbild in
jenen heidnischen Charistien, welche den Parentalien unmittelbar nachfolgten. Die
feierliche Erinnerung an die gestorbenen Glieder der Familie musste die Zurück-
gebliebenen zu desto innigerer Liebe vereinigen. So hielt denn auch mit Recht
der Christ dafür, dass er die Gebete für einen Entschlafenen und das Andenken an
ihn mit nichts Anderem besser und würdiger verbinden könne, als mit Werken der
Liebe und des Wohlthuns. Daher vereinigte der christliche Leidtragende an den
Begräbnisstagen der Seinen und später an den Jahrestagen ihres Todes nicht nur
die Blutsverwandten, sondern auch mit grösserem christlichen Herzen andere Glie-
der der Gemeine und besonders die Armen. Deswegen belobte Paulinus von Nola3)
') Concil. Carthag. III. Can. VI.: Placuit, ut corporibus defunctorum eucharistia non detur. Dictum est
enim a Domino: accipite et edite. Cadavera autem nec accipere possunt nec edere.
2) Neander Kirchengeschichte. Band 2. S. 717. Bd. 1. S. 1231.
3) Paulin. Nolan. Epist. XIII. ad Pammachium. Edit. Paris. 1685. pag. 73. Andere Zeugnisse für diese
Sitte siehe bei Bingham 1. c. T. X. pag. 69.