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bei den Vigilien der Märtyrerfeste gedient haben; dass aber auch der Gedanke an
die Seelen der Todten darein verwebt wurde, scheint aus einer Verordnung des zu
Illiberis im Jahre 305 gehaltenen Concils hervorzugehen, welche das tägliche An-
zünden der Lichter auf den Cömeterien verbot, damit nicht dadurch die Geister
der Heiligen beunruhigt würden.1) Die Ansichten über diese Art der Todtenver-
ehrung waren sehr verschieden. Der berühmte Patriarch von Alexandrien, Atha-
nasius (j 373) empfahl das Anzünden der Lichter bei den Todten, und nannte es
ein Brandopfer, welches Gott dargebracht werde.2) Hieronymus, sein Zeitgenoss,
deutet den Gebrauch nur als ein Symbol des Glaubenslichtes, in welchem die Hei-
ligen gestorben, und des hellstrahlenden Ruhmes, in welchem sie nun im wahren
Vaterlande glänzten, 3) und wenn er in seiner Schrift gegen den Presbyter Vigi-
lantius, einen heftigen Gegner der Märtyrerverehrung, von dieser bei dem Volke
vorkommenden Sitte spricht, die jener als etwas Heidnisches verwarf und den Chri-
sten verbot, so vertheidigt er sie nicht, sondern nennt sie vielmehr einen Mangel
richtiger Erkenntniss unter dem Volke, wobei aber doch ein frommes Gefühl vorwalte.
Am meisten haben die fromme Aufmerksamkeit und den Scharfsinn der älteren
römischen Archäologen die gläsernen Gefässe beschäftigt, welche man in grosser
Anzahl, meist ausserhalb der Gräber, neben den Grabdeckeln besestigt gefunden,
und die man bald für sogenannte Lacrymatorien oder Thränengesässe, bald auch,
und am liebsten, für Behälter des beim Tode eines Märtyrers aufgefangenen Blutes
gehalten hat. Es sind diese Gefässe von den mannigsaltigsten Formen, theils Krüge
und Flaschen, theils Becher und flachere Schaalen. Viele derselben sind ohne alle
Abzeichen, Andere haben in dem Boden künstlich eingefiigte Bilder und Inschriften.4)
Ohne uns bei derjenigen Meinung aufzuhalten, die einen Theil dieser Gefässe
') Concil. Illiberit. Can. 34.: Cereos per diem placuit in coemeteriis non incendi; inquietandi enim san-
ctorum spiritus non sunt.
2) Athanas. sermo de dormientibb.: Si quis diem obierit, licet in aere deponatur humatus, ne omiseris
oleum et ceram, invocato Christo Deo, ad sepulchrum accendere.... oleum enim et cera holocaustum est.
3) Hieronym. in vita Paulae: Ad significandum lumine fidei illustratos sanctos decessisse et modo in
superna patria lumine gloriae splendere. — Hieronym. contra Vigilantium: Quod si aliqui propter imperi-
tiam et simplicitatcm saecularium hominum sed certe religiosarum feminarum, de quibus vere possumus
dicere: confiteor, zelum habent, sed non secundum scientiam, hoc pro honore martyrum faciunt, quin
inde perdis?
') Siehe die Abbildungen bei Bosio 1. c. pag. 197. fg. Boldetti 1. c. pag. 181 — 213
bei den Vigilien der Märtyrerfeste gedient haben; dass aber auch der Gedanke an
die Seelen der Todten darein verwebt wurde, scheint aus einer Verordnung des zu
Illiberis im Jahre 305 gehaltenen Concils hervorzugehen, welche das tägliche An-
zünden der Lichter auf den Cömeterien verbot, damit nicht dadurch die Geister
der Heiligen beunruhigt würden.1) Die Ansichten über diese Art der Todtenver-
ehrung waren sehr verschieden. Der berühmte Patriarch von Alexandrien, Atha-
nasius (j 373) empfahl das Anzünden der Lichter bei den Todten, und nannte es
ein Brandopfer, welches Gott dargebracht werde.2) Hieronymus, sein Zeitgenoss,
deutet den Gebrauch nur als ein Symbol des Glaubenslichtes, in welchem die Hei-
ligen gestorben, und des hellstrahlenden Ruhmes, in welchem sie nun im wahren
Vaterlande glänzten, 3) und wenn er in seiner Schrift gegen den Presbyter Vigi-
lantius, einen heftigen Gegner der Märtyrerverehrung, von dieser bei dem Volke
vorkommenden Sitte spricht, die jener als etwas Heidnisches verwarf und den Chri-
sten verbot, so vertheidigt er sie nicht, sondern nennt sie vielmehr einen Mangel
richtiger Erkenntniss unter dem Volke, wobei aber doch ein frommes Gefühl vorwalte.
Am meisten haben die fromme Aufmerksamkeit und den Scharfsinn der älteren
römischen Archäologen die gläsernen Gefässe beschäftigt, welche man in grosser
Anzahl, meist ausserhalb der Gräber, neben den Grabdeckeln besestigt gefunden,
und die man bald für sogenannte Lacrymatorien oder Thränengesässe, bald auch,
und am liebsten, für Behälter des beim Tode eines Märtyrers aufgefangenen Blutes
gehalten hat. Es sind diese Gefässe von den mannigsaltigsten Formen, theils Krüge
und Flaschen, theils Becher und flachere Schaalen. Viele derselben sind ohne alle
Abzeichen, Andere haben in dem Boden künstlich eingefiigte Bilder und Inschriften.4)
Ohne uns bei derjenigen Meinung aufzuhalten, die einen Theil dieser Gefässe
') Concil. Illiberit. Can. 34.: Cereos per diem placuit in coemeteriis non incendi; inquietandi enim san-
ctorum spiritus non sunt.
2) Athanas. sermo de dormientibb.: Si quis diem obierit, licet in aere deponatur humatus, ne omiseris
oleum et ceram, invocato Christo Deo, ad sepulchrum accendere.... oleum enim et cera holocaustum est.
3) Hieronym. in vita Paulae: Ad significandum lumine fidei illustratos sanctos decessisse et modo in
superna patria lumine gloriae splendere. — Hieronym. contra Vigilantium: Quod si aliqui propter imperi-
tiam et simplicitatcm saecularium hominum sed certe religiosarum feminarum, de quibus vere possumus
dicere: confiteor, zelum habent, sed non secundum scientiam, hoc pro honore martyrum faciunt, quin
inde perdis?
') Siehe die Abbildungen bei Bosio 1. c. pag. 197. fg. Boldetti 1. c. pag. 181 — 213