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Bellermann, Christian Friedrich
Über die ältesten christlichen Begräbnissstätten und besonders die Katakomben zu Neapel mit ihren Wandgemälden: ein Beitrag zur christlichen Alterthumskunde — Hamburg: bei Friedrich Perthes, 1839

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https://doi.org/10.11588/diglit.74040#0068
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dein Sterbenden sich aneignen und nichts was ihm angehörte entweihet sehen moch-
ten, aber eben so schwierig war gewiss die Aussührung solcher Wünsche, besonders
in Hinsicht auf das Blut der Märtyrer, so dass, wenn das Auflangen desselben ge-
lang, dies als eine seltenere Ausnahme angesehen werden muss, und dadurch die
vielen hunderte ') von jenen gläsernen Gefässen aus den römischen Katakomben
nicht erklärt sind. Man führt gewöhnlich die beiden Beispiele aus dem Prudentius
an. Christen sammeln die zerstreuten Gebeine des heiligen Hippolytus, 2) der nach
der Schilderung des Dichters mit auffallender Aehnlichkeit einen Tod wie Hippolyt,
der Phädra Stiefsohn, erleiden muss, und aucli sein Blut wird aus dem aufsaugenden
Sande mit Tüchern und von den Dornen der Hecken mit Schwämmen zu retten
gesucht. Seine Gebeine werden dann in der römischen Katakombe beigesetzt, und
sein Grab wird ein geweiheter Altar. Unter den Leiden des heiligen Vincentius 3)
in Sagunt zur Zeit der diocletianischen Verfolgung eilen gleichfalls die Gläubigen
herbei, trocknen seine Wunden und benetzen ihre linnenen Gewänder mit dem trö-
pfelnden Blute, um es in ihren Häusern als ein heiliges Schutzmittel ihren Nach-
kommen auszubewahren. Dies sind die beiden ältesten und daher wichtigsten Stel-
len, welche von der Ausbewahrung des Blutes der Märtyrer reden, und auf welche
auch von den römischen Archäologen als auf die entschiedensten Beispiele hinge-
wiesen wird. 4) Aber in der ersten Stelle wird des Blutes gar nicht weiter gedacht,
und die zweite deutet auf einen ganz anderen Gebrauch hin, nämlich auf den, das
Blut eines Heiligen gleich anderen Reliquien nicht am Grabe, sondern im eigenen
Hause als schützendes Amulet zu verwahren. Aber auch eine solche Aufbewahrung
des Blutes war gewiss nur ein seltener Fall; es waren vielmehr die festeren Theile,
an welche das Volk seine Anbetung knüpfte, und die man in kleinen Behältnissen
mit sich herum trug und im Hause aufbewahrte, weshalb die Gegner der Märtyrer-
verehrung, wie jener Vigilantius, die Verehrer der Märtyrer und ihrer Reliquien
Aschenanbeter, nicht Blutanbeter nannte.5)
]) Im Jahre 1672. wurden nur aus drei der vielen römischen Katakomben 289 solcher Gefässe hervor-
gesucht. S. Bolcletti pag. 248.
2) Prudent. Peristeph. Hymn. XI. v. 131. seq. 3) Prudent. Peristeph. Hymn. V. v. 341. seq.
4) Boldetti pag. 133. denkt auch bei jeder sonstigen Erwähnung des Märtyrerblutes, wo es nur den Tod
des Märtyrers bezeichnet, sogleich an ein vom Körper abgesondertes, aufgefangenes Blut.
5) Neander, Geschichte der christl. Religion und Kirche. Bd. 2. Abth. 2. S. 722.
 
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