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versteckten Oerter, wo, seit Christen in Neapel lebten, diese ihre Todten, getrennt
von den heidnischen Gräbern zu bestatten pflegten. Die örtliche Beschreibung
trisst ganz genau zu, und nichts stellt sich dagegen, in unsern Katakomben eins jener
ältesten Cömeterien wieder zu erkennen. Die Gegend, in welcher die Katakomben
sich befinden, gehörte damals nicht mit zu der Stadt, sondern war von dieser durch
das Thal geschieden, in welches man noch jetzt tief hinabsteigeu muss, um zu die-
sem alten Begräbnissorte zu gelangen. Er hiess mit Recht die Ruhestätte vor der
Stadt.1) Diese Entfernung begünstigte die heimliche Begräbnissfeier in den ersten
Jahrhunderten und in diese Zeit ist höchst wahrscheinlich die Einrichtung und Be-
nutzung jener beiden ersten grössern Hallen des untern und obern Stockwerkes
zu setzen, die sich durch ihre schönen und dem Antiken annähernden Decken-
stücke auszeichnen. Denn obgleich die Christen in den ersten Jahrhunderten bild-
liche Darstellungen heiliger Gegenstände besonders an ihren Andachtsorten verschmä-
heten, so ist doch nicht unwahrscheinlich, dass man in Wohnungen für Lebende
und sür Todte sicli allerlei Ausschmückung erlaubte; und besonders konnte in einer
Stadt wie Neapel, die sich durch Künstlerschulen und Reichthum an Gemälden
auszeichnete, ~) der allgemeine Geschmack auch die Christen zu solchen Verzierun-
gen der Kunst verleiten.
So wäre denn der erste christliche Gebrauch der Katakomben vielleicht so alt,
als das Christenthum in Neapel selbst. Zwar bleibt es auch nach dem Berichte
des Johannes Diaconus ungewiss, ob der Leichnam des Bischofs Maro3) mit sei-
nen Vorgängern hier schon geruhet habe, indem Johannes nur erzählt, dass die Lei-
ber jener Bischöfe zu seiner Zeit, also im neunten Jahrhundert, durch den Bischof
Johannes Scriba von ihrem ersten Begräbnissorte nach der Ecclesia Stephania, das
heisst nach der alten Stadtkathedrale, jetzt S. Restituta, gebracht worden wären,
doch den ersten Begräbnissort derselben nennt er nicht. Aber von dem Bischos
Agrippinus, welcher als Zeitgenoss des römischen Kaisers Heliogabalus gegen
220 lebte, scheint es gewiss, dass er sein Grab in unserer Katakombe hatte. Denn
^ Cymeterium foris urbe; so nennt ihn Johannes Diaconus im Leben des dreizehnten Bischofs Ursus.
2) Man denke nur an die von den beiden Philostraten im 3. Jahrhundert beschriebenen Gemäldegallerien.
3) Maro gehört nach Blanchini und Mazocchi dem zweiten Jahrhundert an, indem er zur Zeit der rö-
mischen Bischöfe Hyginus und Pius I., und des Kaisers Antoninus Pius und seiner Söhne lebte. Mazocchi,
Kalendar. marmor. T. I. p. 628.
versteckten Oerter, wo, seit Christen in Neapel lebten, diese ihre Todten, getrennt
von den heidnischen Gräbern zu bestatten pflegten. Die örtliche Beschreibung
trisst ganz genau zu, und nichts stellt sich dagegen, in unsern Katakomben eins jener
ältesten Cömeterien wieder zu erkennen. Die Gegend, in welcher die Katakomben
sich befinden, gehörte damals nicht mit zu der Stadt, sondern war von dieser durch
das Thal geschieden, in welches man noch jetzt tief hinabsteigeu muss, um zu die-
sem alten Begräbnissorte zu gelangen. Er hiess mit Recht die Ruhestätte vor der
Stadt.1) Diese Entfernung begünstigte die heimliche Begräbnissfeier in den ersten
Jahrhunderten und in diese Zeit ist höchst wahrscheinlich die Einrichtung und Be-
nutzung jener beiden ersten grössern Hallen des untern und obern Stockwerkes
zu setzen, die sich durch ihre schönen und dem Antiken annähernden Decken-
stücke auszeichnen. Denn obgleich die Christen in den ersten Jahrhunderten bild-
liche Darstellungen heiliger Gegenstände besonders an ihren Andachtsorten verschmä-
heten, so ist doch nicht unwahrscheinlich, dass man in Wohnungen für Lebende
und sür Todte sicli allerlei Ausschmückung erlaubte; und besonders konnte in einer
Stadt wie Neapel, die sich durch Künstlerschulen und Reichthum an Gemälden
auszeichnete, ~) der allgemeine Geschmack auch die Christen zu solchen Verzierun-
gen der Kunst verleiten.
So wäre denn der erste christliche Gebrauch der Katakomben vielleicht so alt,
als das Christenthum in Neapel selbst. Zwar bleibt es auch nach dem Berichte
des Johannes Diaconus ungewiss, ob der Leichnam des Bischofs Maro3) mit sei-
nen Vorgängern hier schon geruhet habe, indem Johannes nur erzählt, dass die Lei-
ber jener Bischöfe zu seiner Zeit, also im neunten Jahrhundert, durch den Bischof
Johannes Scriba von ihrem ersten Begräbnissorte nach der Ecclesia Stephania, das
heisst nach der alten Stadtkathedrale, jetzt S. Restituta, gebracht worden wären,
doch den ersten Begräbnissort derselben nennt er nicht. Aber von dem Bischos
Agrippinus, welcher als Zeitgenoss des römischen Kaisers Heliogabalus gegen
220 lebte, scheint es gewiss, dass er sein Grab in unserer Katakombe hatte. Denn
^ Cymeterium foris urbe; so nennt ihn Johannes Diaconus im Leben des dreizehnten Bischofs Ursus.
2) Man denke nur an die von den beiden Philostraten im 3. Jahrhundert beschriebenen Gemäldegallerien.
3) Maro gehört nach Blanchini und Mazocchi dem zweiten Jahrhundert an, indem er zur Zeit der rö-
mischen Bischöfe Hyginus und Pius I., und des Kaisers Antoninus Pius und seiner Söhne lebte. Mazocchi,
Kalendar. marmor. T. I. p. 628.