Neue Cassoni
aber der edle Scipio nimmt die Gaben nicht an, sondern bestimmt sie zur Aussteuer bei
der Hochzeit der Lucretia mit Alucius, dem er herzlich die Hand drückt. Die Geschichte
ist oft gemalt worden, die ausführlichste Darstellung besitzt das Kensington Museum (Cas-
soni, Nr. 141) vom Meister des Turniers von Sa. Croce.
Ich hatte in meinen Cassoni unter Nr. 585-586 vier Bilder des Bartolommeo di
Giovanni zusammengestellt, von denen die beiden ersten (in New York) allgemeine Va-
riationen über die primitive Urzeit, über Satyrn und Nymphen, in Anlehnung an Stellen
wie Ovid Met. 12, 599 ff. bringen; die beiden anderen schildern den Kampf der Lapithen
und Kentauren bei der Hochzeit des Peirothoos und diese selbst. Der Zusammenhang, dachte
ich, ergebe sich aus dem Umstand, daß es im Urzustand noch keinen Wein gibt, der die
von Peirithoos zur Hochzeit geladenen und nun trunken gewordenen Kentauren dann zum
Unfug verführt. Nun stellte aber der Prinz Paul von Jugoslawien auf der Londoner italieni-
schen Ausstellung d. J. unter Nr. 225 als Piero di Cosimo ein Bild aus, das einen Wald-
brand darstellt und zweifellos zu jenen beiden Bildern in New York gehört, die Erde und
Wasser, dies also das Feuer symbolisiert (Taf. 5/1). Die Peirithoos-Bilder dürfen also mit den
Bildern der Elemente nicht eingereiht werden, obwohl sie dieselbe Größe haben. Wir
sehen hier eine phantastische Waldinsel, rechts und links Durchblicke in die Ferne, auf
See und Berge. Im Wald ist ein Feuer entstanden, erschreckt fliegen die Vögel auf, Rehe,
Bären und Löwen irren scheu umher, ein Hirte (?) jagt die blökenden Rinder vorwärts,
im Feuer sieht man seltsame Spukgestalten. Die Bizarrerie in der Schule des Piero di Co-
simo erreicht hier einen Höhepunkt; man spürt Leonardos Einfluß, der sich aber nie solche
Phantasmagorien erlaubte.
Zum Schluß noch zwei römische Geschichten von Schiavone, die Schicksale des Re-
gulus und Archimedes schildernd (Taf.4/1 u.4/2). Dieser Spätvenezianer ist in meinen Cassoni
nicht vertreten, weil ich da die Zeitgrenze 1550 festhielt; aber seine Produktion in schmalen
Supraporten und Truhenfronten ist in der Tat groß und oft bringt er seltene oder entlegene
Themata. Zwar das Thema Regulus, das das erste Bild bringt, ist nicht neu; meist wird
aber nicht seine Rede im Senat in Rom, sondern seine Marter in Karthago, z. B. von Giol-
fino in Verona (vergl. Cassoni Nr. 712), dargestellt. Hier dagegen rät er dem Senat ab, auf
das Friedensangebot der Karthager einzugehen, obwohl er weiß, daß er nun, nach Karthago
zurückgekehrt, gemartert wird. Diesem patriotischen Römer wird der philosopliische Grie-
che Archimedes zur Seite gestellt, der von dem Eroberer von Syrakus, Metellus, zwar
geschont werden soll, der aber von einem Soldaten, dem er die Worte: »noli disturbare
circulos meos« entgegenschleudert, doch getötet wird. Zwei Vorbilder also der Todesver-
achtung.
aber der edle Scipio nimmt die Gaben nicht an, sondern bestimmt sie zur Aussteuer bei
der Hochzeit der Lucretia mit Alucius, dem er herzlich die Hand drückt. Die Geschichte
ist oft gemalt worden, die ausführlichste Darstellung besitzt das Kensington Museum (Cas-
soni, Nr. 141) vom Meister des Turniers von Sa. Croce.
Ich hatte in meinen Cassoni unter Nr. 585-586 vier Bilder des Bartolommeo di
Giovanni zusammengestellt, von denen die beiden ersten (in New York) allgemeine Va-
riationen über die primitive Urzeit, über Satyrn und Nymphen, in Anlehnung an Stellen
wie Ovid Met. 12, 599 ff. bringen; die beiden anderen schildern den Kampf der Lapithen
und Kentauren bei der Hochzeit des Peirothoos und diese selbst. Der Zusammenhang, dachte
ich, ergebe sich aus dem Umstand, daß es im Urzustand noch keinen Wein gibt, der die
von Peirithoos zur Hochzeit geladenen und nun trunken gewordenen Kentauren dann zum
Unfug verführt. Nun stellte aber der Prinz Paul von Jugoslawien auf der Londoner italieni-
schen Ausstellung d. J. unter Nr. 225 als Piero di Cosimo ein Bild aus, das einen Wald-
brand darstellt und zweifellos zu jenen beiden Bildern in New York gehört, die Erde und
Wasser, dies also das Feuer symbolisiert (Taf. 5/1). Die Peirithoos-Bilder dürfen also mit den
Bildern der Elemente nicht eingereiht werden, obwohl sie dieselbe Größe haben. Wir
sehen hier eine phantastische Waldinsel, rechts und links Durchblicke in die Ferne, auf
See und Berge. Im Wald ist ein Feuer entstanden, erschreckt fliegen die Vögel auf, Rehe,
Bären und Löwen irren scheu umher, ein Hirte (?) jagt die blökenden Rinder vorwärts,
im Feuer sieht man seltsame Spukgestalten. Die Bizarrerie in der Schule des Piero di Co-
simo erreicht hier einen Höhepunkt; man spürt Leonardos Einfluß, der sich aber nie solche
Phantasmagorien erlaubte.
Zum Schluß noch zwei römische Geschichten von Schiavone, die Schicksale des Re-
gulus und Archimedes schildernd (Taf.4/1 u.4/2). Dieser Spätvenezianer ist in meinen Cassoni
nicht vertreten, weil ich da die Zeitgrenze 1550 festhielt; aber seine Produktion in schmalen
Supraporten und Truhenfronten ist in der Tat groß und oft bringt er seltene oder entlegene
Themata. Zwar das Thema Regulus, das das erste Bild bringt, ist nicht neu; meist wird
aber nicht seine Rede im Senat in Rom, sondern seine Marter in Karthago, z. B. von Giol-
fino in Verona (vergl. Cassoni Nr. 712), dargestellt. Hier dagegen rät er dem Senat ab, auf
das Friedensangebot der Karthager einzugehen, obwohl er weiß, daß er nun, nach Karthago
zurückgekehrt, gemartert wird. Diesem patriotischen Römer wird der philosopliische Grie-
che Archimedes zur Seite gestellt, der von dem Eroberer von Syrakus, Metellus, zwar
geschont werden soll, der aber von einem Soldaten, dem er die Worte: »noli disturbare
circulos meos« entgegenschleudert, doch getötet wird. Zwei Vorbilder also der Todesver-
achtung.