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Benndorf, Otto
Die Metopen von Selinunt: mit Untersuchungen über die Geschichte, die Topographie und die Tempel von Selinunt — Berlin, 1873

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https://doi.org/10.11588/diglit.1109#0085
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\orstello. — Lloyd') dagegen wollte im Stierbilde sowohl als in der Schlangeden Acheloos erkennen,
der sich unter der letztern Form der widerstrebenden Dejanira nähere. Die gewöhnlichste Deutung
endlich gehl auf die Hygieia, welche, nach der Beschreibung eines Exemplars der Sammlung
Santangelo, No. 83Ii), der Schlange eine Schale hinreiche. So verlockend aber diese Beschreibung
für unbedenkliche Annahme der zuletzt angeführten Deutung willen mag, so muss ich leider doch
eine Täuschung dabei vermuthen; denn was der Verfasser des Catalogs für eine Schale hallen
mochte, wird sich bei näherer Prüfung des Originals wohl nur als die rechte Brust der Frau heraus-
stellen, an welche diese ihre röchle Hand prossl. In der Darstellung (No. 3$ und 33) wo die
nämliche weibliche Figur die Enden ihres Obergewandes Uber dem eigenen Haupte emporhält, ist
ihr auch keine Schale als Atlribul beigegeben. Nach genauer Prüfung all' der verschiedenen
Originale, welche ich von den betreffenden Münzen besitze und anderswo gesehen, scheint mir so
•viel sicher, dass die sitzende Frau ihre vorgestreckte offene rechte Hand ah den vor ihr empor-
gerichteten Leib der Schlange legt, mehr um das ungestüme Andringen des Thieres zu besänftigen,
als abzuwehren.

Am liebsten würde man wohl dorn Stiere und der Frau die nämliche Bedeutung wie
den Bildern der grossen Sitb'ermilnzen beilegen, und in dem erstem die Verderben erzeugende
Kraft, in der letztem dagegen die Gesundheitsgöttin erblicken. Gegen eine derartige Deutung geben
aber beide Typen durch ihre eigenthiimliche und verschiedene Darstellungsweise zu vielen und be-
gründeten Einwendungen Veranlassung; zudem scheinen die fraglichen Obolen den spätesten Prä-
gungen Selinunt's vor dem Jahre 409, einzelne sogar vielleicht der zweiten Epoche der Stadt anzu-
gehören, so dass gar wohl an die Wahl von Münzbildern aus einem ganz neuen Ideenkreis gedacht
werden kann. In diesem Falle bliebe Eckhel's Erklärung der Frau als Persephone und des Stieres
mit Menschengesicht als Dionysos die wahrscheinlichste2 .

') Num. Chron. X, p, IIB. (9. 10 nachweisbar; Persephone's Verehrung war aber, be-

-) Der Dionysoskult der Selinuntier ist aus Paus. VI. kanntlich durch ganz Sicilien verbreitet.

Winterthur, 10. März 1872.

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