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Benndorf, Otto ; Hirschfeld, Otto
Festschrift zur fünzigjährigen Gründungsfeier des Archäologischen Instituts in Rom — Wien, 1879

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https://doi.org/10.11588/diglit.661#0023
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21

worden. Aber in allen diesen Gründen Hegt schlechterdings nichts Entschei-
dendes. Dass der Baustil der Tempel nicht diejenige Bedeutung für den Cultus
besass, die man ihm früher beilegte, haben kürzliche Untersuchungen und
neugewonnene Thatsachen zur Genüge erwiesen. Cultusbilder aus Holz sind,
wie unter Anderem die Hekate des Myron in Aigina und der Hermes des
Damophon in Megalepolis zeigen können, noch im fünften und vierten Jahr-
hundert von angesehenen Künstlern gearbeitet worden; und in der blossen
Thatsächlichkeit einer Cultusgemeinschaft ist selbstverständlich ein Beweis
für ihr hohes Alter noch keineswegs gegeben: sie würde in diesem Falle
ebenso gut oder vielleicht noch besser zu begreifen sein, wenn der Cultus
der Athena Nike in historischer Zeit entstanden oder auch von auswärts
nach Athen übertragen worden wäre und sich hier mit alteinheimischen Vor-
stellungen und Gebräuchen naturgemäss verschmolzen hätte. Das hohe Alter
des Cultus in Athen ist demnach keineswegs verbürgt. Man wird im Gegen-
theil behaupten dürfen, dass ein sicheres Urtheil über seinen Ursprung so
lange aussteht, als die eigenthümliche Gestalt des Cultusbildes ihrer Be-
deutung nach nicht in allen Einzelheiten vollkommen aufgehellt ist.

Einer vorzüglichen Quelle, dem Werke des Periegeten Heliodor über
die Akropolis, danken wir die Nachricht, dass das Cultusbild in der Linken
den Helm, in der Rechten einen Granatapfel trug*). Leider ist eine Dar-
stellung, welche dieser Beschreibung genau entspräche, bis jetzt nicht auf-
gefunden worden, und damit fehlt ein Anhalt, ob wir uns die Göttin in
aufrechter Haltung oder, wie an sich vielleicht natürlicher wäre, thronend
vorzustellen haben. Stehend erscheint sie an dem Tempel selbst, in der
Mitte des Frieses der Eingangsseite, und an dieser bedeutsamen Stelle möchte
man am ehesten eine stricte Wiederholung des Bildes der Cella erwarten;
aber Athena führt dort den Schild am Arme. Sitzend ist sie in den Reliefs
der Nikebalustrade angebracht; hier trug sie indessen, wie auf einigen atti-
schen Reliefs"") und in einer Marmorstatue der Akropolis, den Helm nicht
in der Hand, sondern im Schoose ruhend. Auch eine von Beule' in Vergleich

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A8nva; Eaavov dntepov, tyov lv fitv Tf) öeEi§ pöav iv bä Tft cütuvü.uiiJ Kpavoi;, Stlhüto
irap' 'Aerjvaiotc, öeöi]\ujKev 'HXiöbuipoc. ö 7repnyfr|Tt'i^ t.v a'uepi äKpowöXeui^. Vgl.Suidass.v.
") Richard Schone griechische Reliefs n. 52, 91, . .
 
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