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Deutsches Archäologisches Institut / Römisch-Germanische Kommission [Hrsg.]
Bericht über die Fortschritte der römisch-germanischen Forschung: im Jahre ... — 2.1905

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Dragendorff, Hans: Bericht über die Tätigkeit der Römisch-Germanischen Kommission im Jahre 1905
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Schuchhardt, Carl: Fränkisches und Sächsisches in Nordwestdeutschland
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https://doi.org/10.11588/diglit.26254#0106
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Schildbuckel, [Saxe, Lanzenspitzen und eine spätestens dem 3. Jahrhundert
angehörige Terra-Sigillata-Schüssel dabei, und die Gräbersitte befindet sieh im
Übergang vom Verbrennen zum Bestatten. Prof. Averdunk-Duisburg, der
die letzten Aufdeckungen genau beobachtet hat, bezieht diese auf die Bauern-
liöfe bei Diissern, die reicheren an der Friedrich-Wilhelmstrasse auf die dortige
Burganlage, die damit in sehr frtihe Zeit zurückginge. Die „Burg“ freilich
ist damals wohl erst ein Herrenhof gewesen, aber auf die Identität mit Deuso,
dessen Herkules Kaiser Postumus auf seinen Münzen verewigte, und in dessen
Nachbarschaft 374 die Franken mit den Sachsen kämpften, gewinnt Duisburg
jedenfalls berechtigten Anspruch.

Berührt sich hier Fränkisches und Sächsisches so früh, so ist von Interesse
auch der Hiuweis Schumachers, den er mir gibt, dass er die Funde von
Beckum keineswegs sämtlich fiir karolingisch halte, sondern dass verschiedene
etwas ältere Stiicke (besouders Bronzen) dazwischen seien. Einmal wird da-
mit um so klarer, dass es sich bei Beckum nieht um die Bestattung
von in der Schlacht Gefallenen handelt, und zum anderu zeigt sich, dass
hier mitten im Bruktererlande fränkischer Einfluss sclion vor der Nieder-
werfung der Sachsen durch Karl d. Gr. vorhanden war. Karl d. Gr. hat
das Land 775 den Sachsen abgenommen, die Sachsen hatten es für sich
erst 80 Jahre vorher gewonnen. Wie haben sie es wäkrend dieser Zeit be-
handelt, uud wie weit war es vorher schon fränkisch beeinflusst? Das sind
die Fragen, die sich der archäologischen Forschung in Westfalen fitr diese
Zeitperiode stellen.

Ein paar Streiflichter hat in dieser Beziehung das letzte Jalir schon ge-
bracht. Auf der Babilonie bei Lübbecke hat mit ünterstützung der Röm.-Germ.
Komm. der Bielefelder Verein gegraben. Die Befestigung, im Atlas vorg. Bef. in
Niedersachsen Heft I 5 seit lange veröffentlicht, durch ihre stattliche Erhaltung und
durch Wittekindsagen weithin bekannt, konnte nach Grundriss und Bauart
Zweifel erwecken, ob sie fränkisck oder sächsisek sei. Sie hat sick als säck-
sisch, aber als ganz spätsächsisch herausgestellt ; unter den zahlreichen Gefäss-
scherben war keine einzige fränkiscke, alle zeigten sächsische Form, aber schon
ziemlick harten Brand, während z. B. auf der fränkischen curtis Bossendorf
b. Haltern 1904 sich unter tausenden von fränkischen Scherben gerade eine
säcksiscke fand. In der obersten Wallinie der Babilonie fand sich eine
mit Kalkmörtel hergestellte Mauer. Nach diesem Ergebnis diirfen wir nun
auch andere Befestigungen, deren Bestimmung bisher zweifelhaft war, wie das
Tönsberglager b. Oerlinghausen für sächsisch halten und im allgemeinen an-
nehmen, dass die spätsächsischen Lager die fränkische Kalkmauer sehon
kennen, dass aber nicht umgekehrt der säclisiscke Doppelwall für eine frän-
kische Befestigung iibernommen ist.

Die kleinen, anscheinend sächsischen Ringwälle, von denen ich schon
im vorigen Berichte sprach, habe ich auch in diesem Jahre weiter ver-
folgt und in einem von ihnen, dem „Judenkirchhof“ bei Duhnen (Cuxhaven)
gegraben. Es ergab sich sehr klar der Holzbau des Walles: auf Schwellen
 
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