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Berichte des Alterthums-Vereines zu Wien — 1.1854

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Über einige alt- italienische Gemälde in der kaiserl. königl. Akademie der bildenden Künste in Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.70122#0169

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über einige alt-italienische Gemälde.

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Giottisten in Padua sind die Werke in der sala della Ragione und die Fresken im Chor der Erimitaner-
Kirche, beide aus der ersten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts. Erstere wurden ursprünglich von Giotto
während seines Aufenthaltes in Padua gemalt, sie gingen aber bei einem Brande im J. 1420 zu Grunde, und
wurden, wie der Anonymus Morellianus erzählt, von einem gewissen Zuan Miretto Padovano und einem
Ferraresen restauriert.
Giotto selbst war wahrscheinlich nur Einmal in Padua, als jüngerer Mann um das J. 1306. Er mag
sich damals längere Zeit in Padua aufgehalten haben. So viel scheint man schliessen zu können aus den Worten
des Michael Savonarola 1 2), eines gewissenhaften Schriftstellers, der ein Jahrhundert nach Giotto
lebte, und nach Erwähnung der Capelle der Scrovegni und des Capitels des heil. Antonius sagt: Et tantum
dignitas Civitatis cum commovit, ut maxumam suae vilae partem in ea consumavit. Damals begegnete,
wie Benvenuto da Smola erzählt, der florentinische Maler in Padua Dante, der zwischen den Jahren 1302
und 1321 sich mehrmals längere Zeit in den Städten und Schlössern Oberitaliens aufhielt, als die Versuche
der Ghibellinen, sich der Herrschaft von Florenz zu bemächtigen, an deren ersten unter der Anführung des
Alessandro von Romena Dante Antheil nahm, scheiterten. Damals war Francesco da Cavrana Herr in Padua,
ein Freund und Gönner für Dichter und Künstler. Die Geschichte der Paduaner Kunst, sowohl zur Zeit
Giotto’s als der Squarcioni’s und Mantegna’s ist bis jetzt noch nicht im Zusammenhänge und mit Rücksicht auf
die innere Entwicklung und die Culturzustände Padua’s erzählt worden 2).
Das Gemälde aus der Schule Giotto’s in der kais. Akademie ist ein Temperagemälde
3' hoch und 1' 8" breit. Der Gegenstand ist aus der Apokalypse 3) entnommen. Die Mitte des Gemäldes
bildet GottVater sitzend auf auf einem weissen Throne. — Auf seinem Schoosse liegt ein blaues verschlos-
senes Buch und das Lamm. Gott Vater ist als Greis vor^estellt, bärtig mit weissen Haaren. der Mantel ist
grün , das Unterkleid roth und der Hintergrund blau. Den Kopf GottVaters umgibt ein Nimbus mit einem in
jenen Zeiten sehr häufig vorkommenden Ornamente. Die ganze Gestalt ist mit einem grossen mandelförmigen
Nimbus (der Mandorla der Paulianer) umschlossen. Diesen grösseren Nimbus umgeben an seinen Enden die
Symbole der vier Evangelisten, oben der Adler, das Buch in den Krallen haltend, und der Engel mit dem
Buche in der Hand, unten der Löwe und der Ochse , mit den Büchern bei den Füssen. Eine besondere
Eigenthümlichkeit dieser vier Symbole der Evangelisten sind: erstens, dass sie ganz mit Augen bedeckt sind,
selbst die Köpfe und das Gesicht des Symbols des heil. Johannes nicht ausgenommon, und zweitens, dass jede
dieser Gestalten auf jeder Seite mit je drei Flügeln versehen ist. Diess Vorkommen der Augen und der Flügel
erklärt sich vollkommen aus der Stelle der Apokalypse, ist übrigens mehr ungewohnte als ungewöhnliche
Erscheinung. In die Apokalypse sind sie ohne Zweifel aus IsaiasIV. 2. und EzechielX. 12. herüber gekommen.

1) De laudibus Patavii in Muratori: Herum. Ital. Script. T. XXIV.
2) Siehe über dieKunslentwicklung Padua’s unter andern K u g 1 e r ’s Zusammenstellung in seinem trefflichen Bandbuch derMalerei,
vorzüglich die erwähnte Monographie von Selvalico’s, dessen Guida di Padova, die Biographien Giotto’s, Squarcione’s
und Mantegna’s in der Lemonier’schen Ausgabe Vas ar i’s, die Monographien E. Förster’s in seinen Beiträgen
zur Kunstgeschichte, Leipzig 1835, und in seiner Schrift: Die Wandgemälde der St. Georgen - Kapelle zu Padua.
Berlin 1841.
3) Die das Gemälde erläuternden Stellen der Apocalypsis IV. sind folgende: et statim fui in spiritu; et ecce, sedes
posita erat in coelo, et supra sedem sedens, .... et in conspectu sedis et in circuitu sedis quatuor animalia
plena oculis ante et retro. Et animal primum simile leoni, et secundum animal simile vitulo et tertium habens
faciem quasi hominis, et quartum animal simile aquilae volanti. Et quatuor animalia singula eorum habebant alas
senas, et in circuitu et intus plena sunt oculis ... Et cum darent illa animalia gloriam et honorem et benedictio-
nem sedenti uper thronum, viventi in secula seculorum procidebant uiginti quatuor seniores ante sedentem in
throno et adorabant viventem in secula seculorum, et mitlebant coronas sua ante thronum.
 
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