J. Feil zu F. 0. v. Leber''s Burgenbeschreibungen.
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weder eine nähere Erklärung des von Leber Gesagten, oder die Andeutung über seither eingetretene
Änderungen im Gegenstände der Schilderung enthalten. Alle übrigen dem Texte beigefügten Anmerkungen
rühren von Leber selbst her.
In Bezug auf die oben S. 42 in der Anmerkung enthaltene Bemerkung Lebe r ’s über den grossen
Rathsaal zu Prag, erhielt ich von hochverehrter Hand eine dankenswerthe Berichtigung, die ich ihrem ganzen
Inhalte nach hier mittheile, und nur die Bemerkung hinzufüge, dass ich diese Anmerkung Leb er’s gewiss
ganz weggelassen oder doch entsprechend modificiert hätte, wenn mir die theilweise thatsächliche Unrichtigkeit
jener Anführung, auf Welche ich nun aufmerksam gemacht wurde, früher bekannt gewesen wäre. Der hoch-
geschätzte Kunst - Referent im k. k. Cultus- und Unterrichts-Ministerium, Herr Graf Franz Thun, machte mir
nämlich in einem am 10. Februar 1855; bereits während des, seiner glücklich überstandenen schweren Erkran-
kung vorausgegangenen Unwohlseins, geschriebenen Briefe folgende sehr dankenswerthe Mittheilung hierüber:
In der Anmerkung ') zu Lebcrs archäologischen Beschreibung der Ritierburgen und Schlösser im Kreise unter dem
Wiener Wald (p. 42) heisst es daselbst:
grossen prächtigen Rathssaale sw Prag, — der leider abgerissen wurde'. — hingen noch im Jahre 1835
„die ungeheuren Balken an schweren, mit Malergold übergoldeten Ketten. Statt das alte Gebäude in allen seinen
„Verhältnissen getreu wiederzugeben, erbaute die Stadt mit grossen Kosten einen architektonischen Gallimathias,
„dessen Beginn sie nun bitter bereut.“
Wenn sich diese Angabe, wie kaum zu zweifeln scheint, auf den alten Judicialsenal-Saal des Prager Rathhauses be-
zieht, so ist sie nicht richtig; denn derselbe ist sammt seinem in vergoldeten Ketten hängenden Plafond
noch immer wie im J. 1835 erhalten.
Das Prager Altstädler Rathhaus bestand nämlich von jeher aus einer östlichen, und einer südlichen Fronte, welche
dort, wo sie sich im rechten Winkel begegnen, durch den Thurmbau getrennt oder verbunden worden. Nur die östliche,
bereits unter Kaiser Joseph umgebaule Fronte, wurde im Jahre 1841 demoliert und durch einen Neubau ersetzt, welcher, —
trotz der bedauerlichen, mit enormen Kosten nach einem Plane des Hofbaurathes Sprenger beliebten, spätem, bloss äusser-
lichen Umstaltung desselben, allerdings die Bezeichnung eines jämmerlichen „Gallimathias“ verdient. Die viel interessantere
alte Südfronte dagegen, damals allerdings auch zum Abbruche bestimmt, wurde durch eine eigene, in Folge des gemein-
schaftlichen Einschreitens der Gesellschaft patriotischer Kunstfreunde und des vaterländischen Museums in Prag , deren
Erklärung sich später auch die dortigen Stadlrepräsentanten angeschlossen hatten, im Jahre 1842 erflossene, ihre Conser-
vierung ausdrücklich anbefehlende a. h. Entschliessung glücklicher Weise vor demselben Schicksale bewahrt.
Diese alte Südfronte besieht aus drei (eigentlich vier) Tbeilen; dem Mittelbau, in welchem sich jener schöne Saal
befindet, und dem linken und rechten Flügel, welch’ letzterer wieder durch zwei einzelne Häuser gebildet wird — daher
aus mehreren einzelnen, unter sich verschiedenen, an schönen, interessanten Details reichen, in ihrer wesentlich zur Physiog-
nomie des ganzen Platzes gehörigen Gesammtheit aber überdiess höchst glücklich und malerisch gruppierten Gebäuden, welche
vor kurzem noch das treue Gepräge der verschiedenen Perioden an sich trugen, denen sie ihre Entstehung verdankten.
Allerdings hat auch diese Südfronte in der letzten Zeit — trotz der angeführten a. h. Entschliessung — leider höchst
bedauerliche Verunstaltungen erlitten, indem — von minder Bedeutendem und dem modernnüchternen Neubau der bereits im
Jahre 1841 demolierten schönen gothischen Haupttreppe gar nicht zu reden! — die steilen hohen Giebeldächer der beiden
Flügel abgetragen, und durch ganz styl- und charakterwidrige flache ersetzt wurden, und die ganze Fa^ade überdiess,
ohne Noth und lediglich in der Absicht, die scharfen Kanten und gebrochenen Flächen der einzelnen Häuser, aus denen
sie besteht, zu verkleistern und zu verkleiden, und ihre ganz characlerwidrige Umwandlung in die Fa^ade Eines Gebäudes
anzubahnen, (zu welchem Zwecke noch die beabsichtigte „Regulierung“ der Fenster hinzukommen sollte) inclusive der schönen
Steinarbeiten einen hie und da bis zu 3 Zoll dicken Mörtelanwurf erhielt! so zwar, dass man jetzt vor einem missglückten
Umbaue zu stehen glaubt, und es erst der genauem Untersuchung bedarf, um zur Überzeugung zu gelangen, dass demselben
ein altes, nur in trauriger Weise misshandeltes Baudenkmal zu Grunde liege!
Bei der erwähnten Umwandlung des Dachwerksatzes, die vom slädt. Bauamte und der Landesbaudirection allerdings
für die sämmtlicben Dächer der Südfronte beabsichtigt war, wurde jedoch, Dank dem kräftigen Auftreten des Vorstehers
der städt. Bausection , Sladtrathes Resck, doch wenigstens das alte steile deutsche Dach über dem Mittel- oder Saalbau, an
dessen Dachstuhl die den Plafond des allen Judicialsenat - Saales tragenden Ketten verankert sind, und hierdurch auch dieser
herrliche Saal und der genannte Plafond desselben gerettet.
Es dürfte wohl zu hoffen sein, dass die Prager Stadtgemeinde in Folge des Einschreitens der k. k. Central-Com-
mission zur Erforschung und Erhaltung historischer Baudenkmale — mit Rücksicht auf die angeführte a. h. Entschliessung
sich bereitwillig finden lassen werde, die erwähnten, in neuester Zeit in vollem Widerspruche gegen dieselbe vorgenom-
menen, den wesentlichen Charakter der alten Südfronte so beeinträchtigenden und so anstössigen Verunstaltungen derselben
wieder zu beseitigen, oder doch thunlichst zu maskieren, und das frühere Äussere derselben wieder nach Thunlichkeit herzustellen.
Jedenfalls aber ist der prächtige Judicialsenats-Saal mit seinem in vergoldeten Ketten hängenden Plafond bisher noch
erhalten, und dürfte für denselben wohl auch — wenigstens für die nächste Zukunft — kaum Etwas zu befürchten sein.
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weder eine nähere Erklärung des von Leber Gesagten, oder die Andeutung über seither eingetretene
Änderungen im Gegenstände der Schilderung enthalten. Alle übrigen dem Texte beigefügten Anmerkungen
rühren von Leber selbst her.
In Bezug auf die oben S. 42 in der Anmerkung enthaltene Bemerkung Lebe r ’s über den grossen
Rathsaal zu Prag, erhielt ich von hochverehrter Hand eine dankenswerthe Berichtigung, die ich ihrem ganzen
Inhalte nach hier mittheile, und nur die Bemerkung hinzufüge, dass ich diese Anmerkung Leb er’s gewiss
ganz weggelassen oder doch entsprechend modificiert hätte, wenn mir die theilweise thatsächliche Unrichtigkeit
jener Anführung, auf Welche ich nun aufmerksam gemacht wurde, früher bekannt gewesen wäre. Der hoch-
geschätzte Kunst - Referent im k. k. Cultus- und Unterrichts-Ministerium, Herr Graf Franz Thun, machte mir
nämlich in einem am 10. Februar 1855; bereits während des, seiner glücklich überstandenen schweren Erkran-
kung vorausgegangenen Unwohlseins, geschriebenen Briefe folgende sehr dankenswerthe Mittheilung hierüber:
In der Anmerkung ') zu Lebcrs archäologischen Beschreibung der Ritierburgen und Schlösser im Kreise unter dem
Wiener Wald (p. 42) heisst es daselbst:
grossen prächtigen Rathssaale sw Prag, — der leider abgerissen wurde'. — hingen noch im Jahre 1835
„die ungeheuren Balken an schweren, mit Malergold übergoldeten Ketten. Statt das alte Gebäude in allen seinen
„Verhältnissen getreu wiederzugeben, erbaute die Stadt mit grossen Kosten einen architektonischen Gallimathias,
„dessen Beginn sie nun bitter bereut.“
Wenn sich diese Angabe, wie kaum zu zweifeln scheint, auf den alten Judicialsenal-Saal des Prager Rathhauses be-
zieht, so ist sie nicht richtig; denn derselbe ist sammt seinem in vergoldeten Ketten hängenden Plafond
noch immer wie im J. 1835 erhalten.
Das Prager Altstädler Rathhaus bestand nämlich von jeher aus einer östlichen, und einer südlichen Fronte, welche
dort, wo sie sich im rechten Winkel begegnen, durch den Thurmbau getrennt oder verbunden worden. Nur die östliche,
bereits unter Kaiser Joseph umgebaule Fronte, wurde im Jahre 1841 demoliert und durch einen Neubau ersetzt, welcher, —
trotz der bedauerlichen, mit enormen Kosten nach einem Plane des Hofbaurathes Sprenger beliebten, spätem, bloss äusser-
lichen Umstaltung desselben, allerdings die Bezeichnung eines jämmerlichen „Gallimathias“ verdient. Die viel interessantere
alte Südfronte dagegen, damals allerdings auch zum Abbruche bestimmt, wurde durch eine eigene, in Folge des gemein-
schaftlichen Einschreitens der Gesellschaft patriotischer Kunstfreunde und des vaterländischen Museums in Prag , deren
Erklärung sich später auch die dortigen Stadlrepräsentanten angeschlossen hatten, im Jahre 1842 erflossene, ihre Conser-
vierung ausdrücklich anbefehlende a. h. Entschliessung glücklicher Weise vor demselben Schicksale bewahrt.
Diese alte Südfronte besieht aus drei (eigentlich vier) Tbeilen; dem Mittelbau, in welchem sich jener schöne Saal
befindet, und dem linken und rechten Flügel, welch’ letzterer wieder durch zwei einzelne Häuser gebildet wird — daher
aus mehreren einzelnen, unter sich verschiedenen, an schönen, interessanten Details reichen, in ihrer wesentlich zur Physiog-
nomie des ganzen Platzes gehörigen Gesammtheit aber überdiess höchst glücklich und malerisch gruppierten Gebäuden, welche
vor kurzem noch das treue Gepräge der verschiedenen Perioden an sich trugen, denen sie ihre Entstehung verdankten.
Allerdings hat auch diese Südfronte in der letzten Zeit — trotz der angeführten a. h. Entschliessung — leider höchst
bedauerliche Verunstaltungen erlitten, indem — von minder Bedeutendem und dem modernnüchternen Neubau der bereits im
Jahre 1841 demolierten schönen gothischen Haupttreppe gar nicht zu reden! — die steilen hohen Giebeldächer der beiden
Flügel abgetragen, und durch ganz styl- und charakterwidrige flache ersetzt wurden, und die ganze Fa^ade überdiess,
ohne Noth und lediglich in der Absicht, die scharfen Kanten und gebrochenen Flächen der einzelnen Häuser, aus denen
sie besteht, zu verkleistern und zu verkleiden, und ihre ganz characlerwidrige Umwandlung in die Fa^ade Eines Gebäudes
anzubahnen, (zu welchem Zwecke noch die beabsichtigte „Regulierung“ der Fenster hinzukommen sollte) inclusive der schönen
Steinarbeiten einen hie und da bis zu 3 Zoll dicken Mörtelanwurf erhielt! so zwar, dass man jetzt vor einem missglückten
Umbaue zu stehen glaubt, und es erst der genauem Untersuchung bedarf, um zur Überzeugung zu gelangen, dass demselben
ein altes, nur in trauriger Weise misshandeltes Baudenkmal zu Grunde liege!
Bei der erwähnten Umwandlung des Dachwerksatzes, die vom slädt. Bauamte und der Landesbaudirection allerdings
für die sämmtlicben Dächer der Südfronte beabsichtigt war, wurde jedoch, Dank dem kräftigen Auftreten des Vorstehers
der städt. Bausection , Sladtrathes Resck, doch wenigstens das alte steile deutsche Dach über dem Mittel- oder Saalbau, an
dessen Dachstuhl die den Plafond des allen Judicialsenat - Saales tragenden Ketten verankert sind, und hierdurch auch dieser
herrliche Saal und der genannte Plafond desselben gerettet.
Es dürfte wohl zu hoffen sein, dass die Prager Stadtgemeinde in Folge des Einschreitens der k. k. Central-Com-
mission zur Erforschung und Erhaltung historischer Baudenkmale — mit Rücksicht auf die angeführte a. h. Entschliessung
sich bereitwillig finden lassen werde, die erwähnten, in neuester Zeit in vollem Widerspruche gegen dieselbe vorgenom-
menen, den wesentlichen Charakter der alten Südfronte so beeinträchtigenden und so anstössigen Verunstaltungen derselben
wieder zu beseitigen, oder doch thunlichst zu maskieren, und das frühere Äussere derselben wieder nach Thunlichkeit herzustellen.
Jedenfalls aber ist der prächtige Judicialsenats-Saal mit seinem in vergoldeten Ketten hängenden Plafond bisher noch
erhalten, und dürfte für denselben wohl auch — wenigstens für die nächste Zukunft — kaum Etwas zu befürchten sein.
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