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Berichte des Alterthums-Vereines zu Wien — 1.1854

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Erzherzog Maximilian I. und Maria von Burgund, und deren älteste Porträte in der K. K. Ambraser- Sammlung
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https://doi.org/10.11588/diglit.70122#0117

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Erzh. Maximilian I. und Maria v. Burgund. 77
ders Ludwig II. (bei Mohacs 29- August 1526), die Königreiche Ungarn und Böhmen mit ihren Ne-
benländern. Vater, Sohn und Enkel sind im Laufe eines halben Jahrhundertes durch ihre Vermählungen
wahre Mehrer der habsburgischen Hausmacht geworden.
Maria wurde aus der zweiten Ehe Karl’s des Kühnen mit Isabella, Herzogin von Bourbon, am
13- Februar 1457 zu Brüssel geboren und unter grösster Feierlichkeit getauft T). Als früh (4* 25. Septem-
ber 1465) die Mutter gestorben, stand sie unter der scharfen Zucht ihres Vaters, hatte sich aber zweier,
durch geistige und sittliche Vorzüge in hohem Grade ausgezeichneten Hofmeisterinen * 2) zu erfreuen, der
Anna von Salins und der Maria von Halle wyn, gebornen von Commines. Später trug auch die
hochgebildete, charaktervolle Stiefmutter Margaretha von York zur Ausbildung der heran wachsenden
Jungfrau Vieles bei. Sie hatte feine Empfindung, dachte klar und urtheilte richtig, war voll innigen reli-
giösen Gefühls und Sittenreinheit. Voll festen Charakters folgte ihre weibliche Natur dem stillen Zuge ihres
Herzens, und wählte unter den zahlreichen Bewerbern 3) um ihre edle Hand nach eigenem Willen. Sie
lernte den Zelter tummeln und die gefährlichen Vergnügungen der Jagd bestehen, die sie mit ihrem Le-
ben bezahlte. Sie liebte Tonkunst, Schachspiel und den Schlittschuhlauf, labte ihr Gemüth an Sagen, Lie-
dern, Chroniken und Geschichten, so dass Lust und Geschmack mit dem ihres nachherigen Gemahls glück-
lich übereinstimmte.
In ihren äussern Zügen hatte sie (nach Münch S. 76) viel von ihrem Vater, jedoch eine sehr weisse
Haut, lebhaftere und freundlichere Augen, Augen voll Güte. Ihr Kinn war etwas länglich und der Mund
etwas gross, ein Erbstück der burgundisch-französischen Familie. Ihre Gestalt war edel, der Körper frisch
und voll. Meist kleidete sie sich einfach, nach flämischer Weise ihr Haupt entweder durch eine Art
Turban geziert oder durch einen Halbhelm, oder das Haar zierlich in eine Flechte zusammengebunden
und durch eine goldene Spindel befestiget. Eine reiche Perlenschnur hieng um den Hals. Der Eindruck,
den sie machte, riss für sie hin, und man hat Gemälde, welche die harten Züge auf Denkmünzen und in Chro-
niken Lügen strafen. Sie liebte nur einmal und wahrhaft, und wurde der ersten glücklichen Liebe gewährt,
sie genoss sie nicht lange aber ganz.
Nach dem Abzüge von Neuss wandte der kühne Herzog Karl von Burgund im J. 1476 seine Streit-
macht voll Übermuthes gegen die Eidgenossen, ward bekanntlich am 3. März bei Gr anson und am 22. Juni
bei Murten von denselben aufs Haupt geschlagen, und verlor im Kriege gegen den Herzog Rene von
Lothringen durch Campobasso am 5. Jänner 1477 im 44. Altersjahre sein unruhvolles Leben.
Maria, dessen einzige Tochter und Erbin reicher Lande, gerieth in die gefahrvollste Lage. Die
Blüthe des burgundischen Adels lag erschlagen, die Finanzen waren erschöpft und ein Theil der Untertha-
nen, vorzüglich die Genter neigten sich zur Empörung, deren aufrührerischen Geist ihres Vaters unversöhn-
licher Feind, König Ludwig XI. von Frankreich nährte, um der Schutzlosen einen Theil ihres Erbes zu
entreissen. Sie sollte seinem Sohne, dem achtjährigen Dauphin Karl, ihre Hand reichen. Zum
Glücke hasste das niederländische Volk jede Verbindung mit Frankreich und fürchtete Zerstückelung. Nur
Mariens Vermählung mit einem mächtigen Fürsten konnte ihm Schutz gewähren und die Einheit erhalten.
Unter zwölf Ehewerbern wählte sie nach dem Drange ihres Herzens unsern Erzherzog Maximilian, den
wegen seiner einnehmenden Gestalt und seines ganzen Wesens ihr Vater in Trier liebgewonnen hatte.

O Die Fürstinnen des Hauses Burgund-Österreich in den Niederlanden. Aus Quellen von Dr. Ernst Münch. Erste Abthei-
lung: Margarethe von York. Maria von Burgund. Leipzig 1832.
2) Die Wahl war günsliger als beim Erzherzog, der im gleichen Alter mutterlos wurde, getroffen.
D Fugger, S. 844, zählt deren zwölf; Weiss-Kunig, S. 117; Münch. S. 79 und 129.
 
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