über Friedrich Otto Edlen von Leber.
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Als aber diese Männer weggestorben, da war dem wissenschaftlichen und künstlerischen Streben eine trübe
Zeit zu Theil 5 jene, die doch dem Drang zu wirken nicht gebieten konnten, waren raro nantes in gurgite
vasto, ihr höchster Lohn — das anerkennende Wohlwollen weniger gleichgebildeter und empfänglicher
Freunde.
Wenden wir die Allgemeinheit dieser Bemerkungen im engeren Geleise auf das Gebiet der Kunde von
der Vergangenheit und ihrem Wirken an, so linden wir jetzt wohl dem Forschungsdrang ein weites Feld
geöffnet, seitdem auf vaterländischen Hochschulen die Wissenschaft als solche sorgliche Vertretung fand,
und die, durch ein grosses kaiserliches Wort in s Leben geführte Akademie der Wissenschaften dem ernsten
Streben wirksame Förderung, dem wissenschaftlichen Wirken würdige Verbreitung und durch reichhal-
tige Publicationen dem Fortschritt auf der Bahn der Wissenschaft unermessliche Fundgruben eröffnet hat.
Allein bevor dies kaiserliche Institut sein segensreiches Dasein hatte, bevor die zahlreichen Landesvereine
auf engerem Gebiete nach verwandtem Ziele strebten, — war der Einzelne, im beharrlichsten Drange zum
Wirken auf dieser Bahn, in jeder Beziehung vereinzelt, ja sein Wirken, statt gelohnt zu sein, erheischte
meist noch schwere Opfer, um die Werke seines mühevollen Strebens endlich in die Öffentlichkeit zu
bringen.
So uneigennütziges Streben aus reinster Quelle möge aber die begünstigte Gegenwart aus ihrem mehr
gesicherten Hafen nicht leichthin übersehen, oder gar vergessen. So sei denn hier der Ort, das Wirken
eines Mannes — wenn auch durch Freundeshand, doch darum nicht befangner Überschätzung — ins Ge-
dächtniss rückzurufen, der seines Daseins volle Rührigkeit, ob auch vereinzelt nur, doch ganz dem
schönen Zwecke widmete, den nun der Alterthumsverein mit gliederreicher Thätigkeit verfolgen will und
soll, — jenes Mannes, dessen Nachlass zum Theile zu bewahren, die erste Druckveröffentlichung des Ver-
eines ihre Blätter gerne bot: — Friedrich Otto von Leber ist gemeint, der in der Blüthe des kräftigsten
Mannesalters, inmitten der reichsten Wirksamkeit seines literarischen Strebens vorzeitig abberufen worden
war, bevor die Mitwelt noch die schönsten Früchte geerntet, welche die mühevolle Errungenschaft
seiner Lebenswirksamkeit waren. Mit ihm ging ein unersetzlicher Schatz reichen Wissens zu Grabe, in einem
Gebiete eben, das in Österreich bis auf die jüngste Zeit nur erst von einem engeren Kreise nach seinem
ganzen Werth gewürdigt wurde, eines Wissens, dem es daher nur um die gute Sache zu tliun sein
konnte, ferne von jeder anderen Nebenrücksicht, unbekümmert um den Beifallsjubel der nur nach dem
Genüsse des Augenblickes jagenden Menge. Sein Streben lag also wohl entfernter von den dringendsten
Fragen seiner Zeit, die fast nur industriele und ökonomische Fortschritte zu würdigen gewohnt war- aber
seinem unermüdeten Forschen ist es auch unter dem Drucke wenig ermunternder Zeitverhältnisse gelungen,
mit vereinzelter Kraft aus neblichen Bezirken den Schleier von Jahrhunderten zu lüften, und tiefe Einblicke
in eine viel verkannte Vorzeit zu eröffnen, — ins deutsche Mittelalter und seine Kraft.
Nicht der hohe Werth seiner persönlichen Vorzüge, wie er als liebender Gatte, zärtlicher Vater, treuer,
rath- und thatbewährter Freund, in einer liebenswürdigen Persönlichkeit mit offenem Herz und Kopl, voll
heitern Ernstes gewesen, kann Gegenstand der Würdigung in diesen Blättern sein; diese schönen Züge echten
Manneswerthes bleiben unvergessen in stillen Herzensplätzchen jenem engeren Kreise, dem es gegönnt war,
auf der breiten Heerstrasse des Lebens mit ihm in engere Berührung zu treten, um ihn zu kennen und zu
lieben, und mit dem treuen Angedenken an den zu früh Dahingeschiedenen eine theure Erinnerung — wenn
auch in stiller Wehmuth — zu bewahren.
Was er aber wirkte und noch leisten wollte auf der schönen Bahn des Wissens, was er errungen
hat am Wunderborn der Vorzeit, um es — wie schmerzlich es auch lauten mag — mit seinem Leben zu be-
zahlen, daran zu mahnen, mag sich hier wohl ziemen.
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Als aber diese Männer weggestorben, da war dem wissenschaftlichen und künstlerischen Streben eine trübe
Zeit zu Theil 5 jene, die doch dem Drang zu wirken nicht gebieten konnten, waren raro nantes in gurgite
vasto, ihr höchster Lohn — das anerkennende Wohlwollen weniger gleichgebildeter und empfänglicher
Freunde.
Wenden wir die Allgemeinheit dieser Bemerkungen im engeren Geleise auf das Gebiet der Kunde von
der Vergangenheit und ihrem Wirken an, so linden wir jetzt wohl dem Forschungsdrang ein weites Feld
geöffnet, seitdem auf vaterländischen Hochschulen die Wissenschaft als solche sorgliche Vertretung fand,
und die, durch ein grosses kaiserliches Wort in s Leben geführte Akademie der Wissenschaften dem ernsten
Streben wirksame Förderung, dem wissenschaftlichen Wirken würdige Verbreitung und durch reichhal-
tige Publicationen dem Fortschritt auf der Bahn der Wissenschaft unermessliche Fundgruben eröffnet hat.
Allein bevor dies kaiserliche Institut sein segensreiches Dasein hatte, bevor die zahlreichen Landesvereine
auf engerem Gebiete nach verwandtem Ziele strebten, — war der Einzelne, im beharrlichsten Drange zum
Wirken auf dieser Bahn, in jeder Beziehung vereinzelt, ja sein Wirken, statt gelohnt zu sein, erheischte
meist noch schwere Opfer, um die Werke seines mühevollen Strebens endlich in die Öffentlichkeit zu
bringen.
So uneigennütziges Streben aus reinster Quelle möge aber die begünstigte Gegenwart aus ihrem mehr
gesicherten Hafen nicht leichthin übersehen, oder gar vergessen. So sei denn hier der Ort, das Wirken
eines Mannes — wenn auch durch Freundeshand, doch darum nicht befangner Überschätzung — ins Ge-
dächtniss rückzurufen, der seines Daseins volle Rührigkeit, ob auch vereinzelt nur, doch ganz dem
schönen Zwecke widmete, den nun der Alterthumsverein mit gliederreicher Thätigkeit verfolgen will und
soll, — jenes Mannes, dessen Nachlass zum Theile zu bewahren, die erste Druckveröffentlichung des Ver-
eines ihre Blätter gerne bot: — Friedrich Otto von Leber ist gemeint, der in der Blüthe des kräftigsten
Mannesalters, inmitten der reichsten Wirksamkeit seines literarischen Strebens vorzeitig abberufen worden
war, bevor die Mitwelt noch die schönsten Früchte geerntet, welche die mühevolle Errungenschaft
seiner Lebenswirksamkeit waren. Mit ihm ging ein unersetzlicher Schatz reichen Wissens zu Grabe, in einem
Gebiete eben, das in Österreich bis auf die jüngste Zeit nur erst von einem engeren Kreise nach seinem
ganzen Werth gewürdigt wurde, eines Wissens, dem es daher nur um die gute Sache zu tliun sein
konnte, ferne von jeder anderen Nebenrücksicht, unbekümmert um den Beifallsjubel der nur nach dem
Genüsse des Augenblickes jagenden Menge. Sein Streben lag also wohl entfernter von den dringendsten
Fragen seiner Zeit, die fast nur industriele und ökonomische Fortschritte zu würdigen gewohnt war- aber
seinem unermüdeten Forschen ist es auch unter dem Drucke wenig ermunternder Zeitverhältnisse gelungen,
mit vereinzelter Kraft aus neblichen Bezirken den Schleier von Jahrhunderten zu lüften, und tiefe Einblicke
in eine viel verkannte Vorzeit zu eröffnen, — ins deutsche Mittelalter und seine Kraft.
Nicht der hohe Werth seiner persönlichen Vorzüge, wie er als liebender Gatte, zärtlicher Vater, treuer,
rath- und thatbewährter Freund, in einer liebenswürdigen Persönlichkeit mit offenem Herz und Kopl, voll
heitern Ernstes gewesen, kann Gegenstand der Würdigung in diesen Blättern sein; diese schönen Züge echten
Manneswerthes bleiben unvergessen in stillen Herzensplätzchen jenem engeren Kreise, dem es gegönnt war,
auf der breiten Heerstrasse des Lebens mit ihm in engere Berührung zu treten, um ihn zu kennen und zu
lieben, und mit dem treuen Angedenken an den zu früh Dahingeschiedenen eine theure Erinnerung — wenn
auch in stiller Wehmuth — zu bewahren.
Was er aber wirkte und noch leisten wollte auf der schönen Bahn des Wissens, was er errungen
hat am Wunderborn der Vorzeit, um es — wie schmerzlich es auch lauten mag — mit seinem Leben zu be-
zahlen, daran zu mahnen, mag sich hier wohl ziemen.
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