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Berichte des Alterthums-Vereines zu Wien — 1.1854

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Über Burgen und Schlösser im Lande unter der Enns
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I. Einleitendes
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https://doi.org/10.11588/diglit.70122#0074

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Joseph Feil,

fung auf ein altes Gebot der Fürsten von Österreich zugleich den Bestand älterer, seither aber ver-
loren gegangener; wenigstens bis jetzt nicht wieder aufgefundener landesherrlichen Salzungen für diese Stadt
mit Grund voraussetzen lassen. Wollen wir übrigens zugleich nicht übersehen, wie eben auch die berufene
Handfeste Herzog Albrecht’s I. vom 12. Februar 1296, da sie auch selbst des leisesten Nachhalls einer,
durch das frühere Benehmen der Wiener wohl gerechtfertigten Erbitterung dieses Herzogs gegen diese
Stadt baar ist; durch die unbedingt rühmende Anerkennung der von den Wienern seither dem Herzoge
wie dem Reishsoberhaupte erwiesenen Treue; einen fast rührenden Beweis für die milde; wahrhaft gross-
müthige Versöhnlichkeit dieses, langehin so vollends unverdient verlästerten Fürsten liefert, der den schwie-
rigsten Verhältnissen immerdar vollkommen gewachsen und Iräftig, wohl zur unvermeidlichen Wahrung der
neubegründeten Regierungsgewalt nach Noth streng, doch aber stets gerecht, und edlem Vergessen gesühn-
ter Schuld stets zugänglich war, — ein Fürst, dessen persönlicher und Regenten-Werth dem Österreicher,
über verjährte gehässige Vorurtheile hin, zu wahrer Beschämung erst durch nichtösterreichische Geschichts-
forscher vor Augen gestellt werden musste!
Das Wiener Stadtrecht vom J. 1435 enthält derartige Bestimmungen in Bezug auf Burgen und Festen
um Wien nicht mehr. Die darin vorkommenden Bausatzungen beziehen sich nur auf den Bau von Häu-
sern in und nächst der Stadt, wobei insbesondere festgesetzt wurde, dass jeder auf seinem Eigen bauen
(zymern) 2) mag, so hoch er will, es sei denn ein Haus, durch das ein Schaden geschehen kann, als
Raubhäuser und solche Häuser, die vor einer Stadt ausserhalb der Stadtthöre (jnircktör) gelegen sind,
welche Häuser nicht bis zur Höhe der Stadtmauer aufgeführt werden durften, um dem Feinde bei einer Bela-
gerung nicht eine ihm vortheilhafte Stellung zu bieten 3).
Wenn sich nun wohl überzeugend herausstellen dürfte, wie unter den, oben nur im Allgemeinen berühr-
ten, verschiedenartigen natürlichen Einflüssen, und unter den Einwirkungen gewisser Statutarrechte beim
Burgenbau jene strenge Einheitlichkeit sich nur in bei weitem geringeren Masse findet, als bei Kir-
hallen werden musste. Für Wien insbesondere wurde durch Herzog Rudolph IV. unlerm 20. Juli 1361 die gleiche
Steuerpflichtigkeit für alle Innwohner innerhalb des Burgfriedens von Wien ausgesprochen. (Die Urkunde ist abgedruckt
in Hormayr’s Wien, U. B. xxxvin-XLii.) Die Abgrenzung dieses Burgfriedens war in den älteren Zeiten nicht scharf
genug bezeichnet und daher zuweilen streitig. Erst Kaiser Leopold I. bezeichnete in dem Burgfriedens-Privilegium vom
15. Juli 1698 (abgedruckt bei Hormayr a. a. O. IX, U. B. xpi-xdx.) genau die von ihm erweiterte Abmarkung
desselben. Er reichte nämlich bis nach St. Marx (mit Ausnahme von Erdberg), von da nach rechts entlang dem Weg von
St. Marx oberhalb dem gräflich Mansfeld'sehen Garten, und weiterhin oberhalb der Favorite (Theresianum) bis hart an
das erste Haus von Nicolsdorf; ferners bis Margarethen diesseits der Wien, biss an das ruinirte Häussl am Berg oben
inclusive, weiterhin bis an die Windmühl und die neuen Häuser auf den ehemaligen Äckern des Kaiserspitals oberhalb
dem Chaos’schen Stiftsgarten, dann bis ans Ende der Moserischen Wiesmate, welche an die Otagrüner Wiesmate und
Strasse grenzen (St. Ulrich, Neubau, Neustift und das, in der Landeseinlage begriffene Passauische Bcsitzthum ausgenom-
men); bis an die Augustinergartenmauer vor dem Schottenthor, über den Alserbach hinaus bis auf die Höhe nächst Wäh-
ring, sofort bis an die Donau am Ende des gräflich Althann’schen Gartens (das fürstl. Liechtenstein’sche Bräuhaus aus-
genommen) ; endlich jenseits der Schlagbrucken bis zu den neu erbauten Schanzen (die Tabormauth und das dortige
Wirthshaus ausgenommen). Nicht uninteressant ist übrigens die in diesem Burgfriedensprivilegium vorkommende Notiz,
dass die gemeine Stadt Wien, welche vor Alters gegen 5200 bürgerl. Häuser zählte, damals kaum mehr 550 Häuser in
der Stadt und 450 Häuser vor der Stadt hatte, die noch wirklich Bürgern gehörten, indem alles übrige nach und nach zu
Collegien und Klöstern verhaut, von bürgerl. Steuern befreit, und in den Vorstädten mehr als 360 durch die Türkenbela-
gerung 1683 eingeäscherte Häuser und Gärten zur Fortificalion abgebrochen worden seien.
*) Zuerst vom Lucerner Prof. J. E. Kopp in den Urkunden %. Gesch. der eidgenöss. Bünde (Lucern 1835) XVI, 43, 71—72
u. s. vv. in Verbindung mit dessen Untersuchungen: Zur Tells-Sage in den Geschichtsblältern aus der Schwei* * (Lucern
1854) I, 234—245, 314—326; — dann vom Frankfurter Bibliothecar, Dr. Fried. Böhmer in den Regest. Imperii 1246
— 1313. S. 196—198.
2) Zirnern deutet, wohl zunächst auf eia von Holz gezimmertes Gebäude, wird aber auch mit bauen überhaupt gleich-
bedeutend gebraucht.
3) Rauch Script. Rer. Aust. III., 220.
 
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