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Berichte des Alterthums-Vereines zu Wien — 1.1854

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Über Burgen und Schlösser im Lande unter der Enns
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II. Archäologische Beschreibung einiger Ritterburgen und Schlossruinen im Kreise unter dem Wienerwald
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https://doi.org/10.11588/diglit.70122#0092

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52

F. O. von Leber,

Parisers, worin neben dem gewaltigen Biedenhander, dem eisernen Fehdehandschuh und dem Turnierhelm —
die Tabaksdose und der Meerschaumkopf ihr friedliches Plätzchen fanden! —
Am Fusse des Schlossberges liegt das Dorf Feistritz, dessen einzige Merkwürdigkeit die passend
erneuerte Kirche bildet. Sie verdankt ihre schöne Ausstattung ihrem dermaligen Schutzherrn, wie die
Aufschrift besagt:
EX. MVNIFICENTIA. ET. ZELO. RELIG. IELVSTRISSIMI. DOMINI. PATRONE JOSEPHE DE. DIETRICH. IND. HVNG. HOC. RESTAVRATVM.
EST. TEMPLVM. DEI. AN. M. D. CCC. XXI.
An der Aussenwand der Kirche sind neun1) schöne Grabsteine der Familie von Rottal, meist
aus Tiroler Marmor, unter einem offenen Säulengange eingemauert; wahrlich eine lobens- und nachahmens-
würdige Weise, diese belehrenden Reste der Vorzeit vor des Wetters Unbill zu schützen. Sie enthalten zum
grossen Theile Inschriften mit Wappen; zwei davon ein paar lebensgrosse stehende Ritter im ganzen Harnisch,
wenn auch aller Inschrift ermangelnd, doch ihren Waffen und Rüstzeug nach das XVI. Jahrhundert verra-
thend. — Noch zeigt sich auf einem dritten Steine ein lebensgrosser knieender Ritter im ganzen Harnisch
aus dem J. 1600 2).
Die Kirchenfensler enthalten niedliche Glasmalereien des zu seiner Zeit geschickten Glasmalers Koth-
g a s s e r 3).
Doch wir verlassen das Dorf, um das Schloss zu besehen. — Schon aus der Ferne blickt es mit
seinen drei zierlich gedeckten Thürmen, Zinnen, Dächern und Wetterfahnen freundlich in’s Thal, und so
gewährt diese Ritterbaute einen herzlabenden Anblick, der, wenigstens für Augenblicke, uns der Gegen-
wart entrückt.
Durch einen schönen dichten Laubgang schreitet man den herrlichen Fahrweg den Schlossberg hinan
tmd gelangt in kurzem auf den Fusspfad zu der schweren Eisenpforte, welche die Ringmauern erschliesst.
Hier theilt sich der Weg. Zur Linken geleitet ein Pförtchen zu der lieblichsten Gartenanlage 4) und dem
ausgezeichnet schönen Parke, in welchem man die Burg von verschiedenen Seiten betrachten kann; zur
Rechten ist der eigentliche Aufgang zum Burgthor.
Wir übergehen den grossen prachtvollen Park 5) mit seinen Springbrunnen, Grotten, Statuen, prun-
kenden Stein-Lehnstühlen, Kaskaden, Glashäusern mit exotischen Gewächsen, „welche (Glashäuser) nebst
den üppigen Wohlgerüchen auch dem Nichtkenner eine angenehme Unterhaltung ge-
währen^ 6), wie es in einer Beschreibung von Feistritz heisst, ferner mit seinen sieben Teichen 7), Gold-
9 Scheiger nennt in seinen Andeut. zu Ausflügen, wahrscheinlich durch einen Druckfehler, deren 19 stall 9 Stück.
Schmid 1 CWien’s Umgeb., II, 627) gibt diesen Druckfehler getreu wieder.
2) Grabsteine, gleich den letzterwähnten oder jener grösseren Zahl in der Sebensteiner Kirche, bilden für das Waffenstudium
eine gute, ja wohl die sicherste Schule. Während die halbgequetschten kleinen Sigille, die abgegriffenen Münzen, mit
ihren winzigen Undeutlichkeiten hundert Zweifel nähren, bilden diese lebensgrossen, fast unverwüstlichen Zeugen ihrer
Zeit den alten Lehrmeister, der schon mit seinen Zeitgenossen freundlich sprach, der zu uns herüberlebte, und welcher —
sitzt er gleich nimmer in der Doctorschaube mit ehrwürdigem Bart und Barel im Kreise der um ihn gekauerten horchenden
Schüler — noch immer mit deutscher Gründlichkeit für uns offene Schule hält! —
3) Freilich wurde er durch die Münchener Arbeiten bald weit überflügelt.
4) Angeblich dem ehemaligen, ■— wie schon Scheiger witzig bemerkte — in der Anlage verunglückten Turnierplatz.
Was von derlei Turnierplätzen zu hallen sei, findet man in Leber’s Rückblicken in deutsche Vorzeit, I. Bd. Wien 1844.
291—303.
5) Über dessen Einzelheiten Krickel a. a. O. (S. oben S. 50—51, n. 11) 39—46 umständliche Nachricht gibt. F.
6) Die Einrichtung, vermöge deren der Bad-Sallon mit dem Glashause und einem eigenen Gärtchen in Verbindung steht, so
dass sich die Wohlgerüche ins Bad verbreiten, verräth einen feinen Epicureismus — oder wie ein altes Kochbuch aus
dem 16. Jahrhundert sich ausdrückt : „dienet zur errlichen und erlaubten Wollust des Leibs.“
’) In einem derselben ein grosser Kahn für 8—10 Menschen einzig aus Weissblech verfertigt. — Schöne geschmückte
Damen im Sonnenglanz auf silbernem Nachen schwebend, umgeben von der üppigsten Blumenflur — wahrlich ein feenar-
tiges Bild! —
 
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