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Altertumsverein zu Wien [Editor]
Berichte und Mitteilungen des Altertums-Vereines zu Wien — 1.1856

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Miscellen
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C. Aus dem Viertel ob dem Manhartsberg vom corresspondierende Mitgleide Ignaz Chalaupka
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https://doi.org/10.11588/diglit.73999#0356

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298

Miscellen.

C. AUS DEM VIERTEL OB DEM MANHARTSBERG.
VOM CORRESPONDIEREXDEN MITGLIEDE
IGNAZ CHALAUPKA.

Die alten Grrabinonnmente zu EAircliberg am ItValde.
Wer die freundliche Pfarrkirche zu Kirchberg am Walde das erste Mal besucht, wird seine Blicke unwillkührlich an
alte Bilder hingezogen fühlen, welche an den beiden Seiten des Kirchenschiffes eingemauert sind, und die sofort zur Beant-
wortung der Frage drängen: wer wohl durch diese Gedächlnisstafeln verehrt werde, und wie die Vereinigung des Alten mit
dem Neuen ohne Beeinträchtigung des harmonischen Ganzen zu Stande gekommen sei? —
Hat der Erbauer dieses Gotteshauses in seiner dermaligen Gestalt, Johann Leopold Graf von Kueffstein in dem Grund-
respective Urbarbucb der ehemaligen Herrschaft Kirchberg am Walde v. J. 1710 Fol. 38 seinen sliftungsmässigen Verfügungen
die wehmuthsvolle Bemerkung beigegeben, dass die Kirche zu Kirchberg am Walde von ihm Anno 1^09 von Fundament
auf ueu erbaut worden ist, also dass kein Stein von der alten Kirche an seinen Ort geblieben’, so ist es doch wenigstens
erfreulich, dass bei der Inangriffnehmung dieses Neubaues die obigen Denkmäler der Vergessenheit entzogen worden sind,
indem sie sowohl für den Kunstkenner als auch für den Alterthumsforscher einen bleibenden Werth enthalten. Diese. Denk-
steine sind nun keine vollständigen Grabmonumente mehr, sondern die wohlerhaltenen Epitaphien derselben. Ihre Anzahl be-
läuft sich auf vier, jedes derselben ist von rolhem Marmor, bei 5' 6" hoch und 2 — 3' breit, und Alle sind, um die Einheit
im Baustyle nicht zu verletzen, insgesammt mit sieben Zoll breiten Rahmen versehen worden.
a) Der Erste dieser Grabsteine ist in der Nähe des Seitenaltars zum heiligen Ullrich zwischen zwei Lesenen sehr glück-
lich angebracht. Er enthält das mit grosser Kunstfertigkeit erhoben gearbeitete Bild eines sterbenden durchaus gerüsteten
Ritters in einer mit dem Angesichte vorwärts gerichteten liegenden Stellung, dessen linke Seile der den Tod symbolisierende
Knochenmann mit einer Lanze gewaltsam durchbohrt. Das Haupt ist von einem mit Slraussfedern geschmückten Helm bedeckt;
das zurückgeschlagene Visier lässt das sehr ausdrucksvolle Antlitz des Hinscheidenden wahrnehmen, lange Barthaare reichen wel-
lenförmig bis auf die Brust herab, die Achseillüge der Rüstung laufen in sogenannte Stosskrägen aus; das Crucifix, um den
Hals hängend, ruht auf der Brust; in der rechten Hand hält er das Schwert, auf dessen Klinge der Stellende ruht; an der
Fussbekleidung unterhalb den geschlossenen Beinröhren sind Sporen sichtbar. Mit der linken Hand hält der Ritter sein Wappen
aufrecht. Dieses ist geviertet, im ersten und letzten rothen Felde sieht man zwei (goldene) in Form eines Andreaskreuzes über-
einander gelegte Streitkolben, in den beiden andern (silbernen) Feldern sind oben drei, in der Mitte zwei, ganz unten ein blauer
sogenannter stehender Eisenhut zu sehen. Dasselbe Wappen ist ganz oben abermal angebracht, wo noch insbesondere zu bei-
den Seiten gekrönte Helme sich befinden, denen zwei Büffelhörner aufsitzen, an deren äusseren Seiten je drei Knorren eines
Streitkolben hervorstehen. Zwischen dem Wappen und beiden Helmen stehen zwei Knappen, von denen jeder mit einer Hand
das Wappen trägt, und mit der andern ein Horn berührt. Dieses Wappen ist das der Freiherrn von Kirchberg. Dieses Ge-
schlecht hatte das Gut Kirchberg am Walde als Lehen fast ununterbrochen inne bis zum Jahr 1492, in welchem laut des n. ö.
Gültenbuches Christoph Freiherr von Hohenfeld vom Kaiser Friedrich IV. damit belehnt worden ist. Im hierortigen Schloss-
archiv werden von jenen Familiengliedern noch zwei Kaufbriefe, u. z. vom Jahre 1345 und 1355 aufbewahrt. Ob nun jener
Grabstein dem Eberhard von Kirchberg, der im 15. Jahrhundert zum Ritter des heiligen Grabes in Jerusalem geschlagen,
gewidmet war, lässt sich mit Gewissheit nicht bestimmen. Dafür aber führt die darauf vorhandene Schrift und Sprachform
zu dem unabweislichen Geständnisse, dass besagtes Denkmal einem späteren Jahrhundert nicht angehören kann. (?)
Unter dem oberen Wappenschilde sind per extensum aus dem Römerbrief folgende Worte eingegraben : Wie durch
Adams sindt der Dott und verdamnus vber alle menschen khommen ist. Also ist auch Cristi gerechtigkhait die auffersteung
der Totten und rechtferdigung des lebens vber alle menschen khomen. de gleichwie sü durch Adam al Sünder worden sindt
vnd Sterben. Also auch durch Cristi gehorsam werden sü gerecht vnd lebendig gemacht.
Uber dem Haupte des Ritters sind auf einer Halternden Schriftrolle in Form eines lateinischen S hineingegraben die
Worte: Die gnadt Jesu Cristi hat mich frey gemacht von dem gesetz Der Sünden vnd des Tottes.
Die Gestalt des Knochenmannes umschlingt in Schlangenkrümmungen ein Band, auf welchem zu lesen ist: Dott wo ist
dein Stachelt, Hell wo ist dein Sig'X-). Dank sey Gott, der vns den Sig geben hat durch Jesu Christü vnsern Herrn. Sterben
wirstu (wirst du) des Todes, den du bist erden nach dem sollst du erden werden.
b) Weiter gegen die südliche Eingangsthüre hin ist zwischen Lesenen der zweite Grabstein eingemauert, dessen Bild
die Jahel vorstellt, wie sie, in dem halbgeöffneten Zelle stehend, mit dem Hammer einen Nagel dem Feldherrn Sissara durch
die Schläfe schlägt. (Nach der h. Geschichte Lib. Judic. IV.) Im Hintergründe ist eine befestigte Stadt, zu deren geschlos-
senem Thore eine Stiege führt. Oberhalb der Stadt über Wolken thront der gestirnte Himmel mit Sonne und Mond. Unter
dieser Vorstellung ist angemerkt:

*) Aus dem 1. Corintherbrief. XV. c.
 
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