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Altertumsverein zu Wien [Editor]
Berichte und Mitteilungen des Altertums-Vereines zu Wien — 4.1860

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Vortrag des Präsident- Stellvertreters des Vereines Joesph Feil über den Fortgang der Publicationen des Alterthums- Vereines
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https://doi.org/10.11588/diglit.70120#0026
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XII

(Beilage III).

VORTRAG

DES PRÄSIDENT-STELLVERTRETERS DES VEREINES
JOSEPH FEIL
ÜBER DEN FORTGANG DER PUBLICATIONEN DES ALTERTIIUMS- VEREINES.

VORGELESEN

|IN DER SECHSTEN GENERAL - VERSAMMLUNG AM 18. MAI 1860.

Meine Herren!
Körperschaften, als moralische Personen, nehmen mit dem menschlichen Individuum nicht in allen
Graden einen gleichmässigen Entwicklungsgang. Um dem eben zur Welt gebrachten Kinde die Lebens-
fahigheit zu erhalten, bedarf und erhält es auch in der Regel, eben im Zustande seiner völligen Unselbst-
ständigkeit, am meisten und ununterbrochen fremde Unterstützung. Die unausgesetzte Beihilfe wird,
nach den Bedingungen des physischen Lebens mit den Fortschritten gedeihlicher Entwicklung allmälig
entbehrlicher, je früher das Kind auf eigenen Füssen zu stehen vermag.
Anders im thatsächlichen Entwicklungsgange der Körperschaften, und, wie wir hier zunächst
vor Augen haben, der wissenschaftlichen Vereine, welche wohl ebenso gerade dann, wenn sie in's
Leben treten, am dringendsten der steten Unterstützung von aussenher bedürften, wogegen ihnen
aber, wie der Erfolg zeigt, leider eben zur Zeit, wo sie dessen am dringendsten benöthigten, am
seltensten wirksam unter die Arme gegriffen wird, und fremde Hilfe, länger widerstrebende, erst dann
allmälig sich einfindet, wenn der junge Sprössling durch mühevolle eigene Anstrengung das Vertrauen
errungen hat, dass er auf eigenen Sohlen zu gehen erlernte. Während nun billiges Wohlwollen, bei
selbsteigener Unthätigkeit, doch mindestens den mühevollen Entwicklungsgang schonend zu würdigen
weiss, fehlt es hinwieder auch nicht an einstürmenden Erziehungsbändigern, die jetzt den anfangs
noch unsicheren und ungleichmässigen Schritt mit nutzloser Zungengeläufigkeit zu tadeln wissen, und
zettern, dass das Kind nicht allsogleich zur Wette laufen kann.
So dornigen Pfad hatte auch unser Verein zu durchschreiten. — Lange, — sehr lange ent-
behrte er fast jeder wirksamen Unterstützung von aussenher, und der Ausschuss hatte nicht bloss,
seinem eigentlichen Berufe gemäss, die Vereinsangelegenheiten zu leiten, sondern auch die gesammte
Vereinsthätigkeit in seinen Publicationen fast ausschliesslich auf seinen eigenen Schultern
zu tragen.
 
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