a. Freistehende Figuren; ]§1
In der Composition unterscheidet sie sich sowohl von den vorigen
als von der melischen durch den keineswegs gleichgiltigen Umstand,
dass ihr Körper auf dem linken, statt auf dem rechten Beine ruht.
Vielleicht ebendesshalb ist nun auch der rechte Arm der erhobene; der
Kopf aber gleichwohl nach links gewandt. ein wenig abwärts blickend,
wie auf den Gegenstand in der vorgestreckten Linken. Das Gewand ist
etwas höher um. die Hüften gelegt als bei der Aphrodite von Ostia und
entspricht im Umwurf eher der melischen , nur dass die Zipfel um den
linken Vorderarm geschlagen sind. Die Haare, ohne Stirnkrone, sind
zweimal von einem Band umwunden, dessen Enden lockenartig auf die
Schulter herabfallen.
Was die Ergänzung der Arme betrifft, so stehn sich zwei verschie-
dene Ansichten, auf verschiedener Auffassung der Statue beruhend,
gegenüber. Der Bildhauer Girardon, dem Ludwig XIV 1684 die Re-
stauration übertrug, gab ihr in die erhobene Linke den Apfel, in die
Rechte den Spiegel, und so ist es im Wesentlichen bis heute geblieben.
E. Q. Visconti und Clarac dagegen supponierten mit Bezug auf die
unten (p. 185) zu nennenden Gemmen-und Münzdarstellungen als Attri-
bute den Helm des Mars und die Lanze, und die meisten neueren Er-
klärer haben ihnen beigestimmt').
Nun lässt aber eine genauere Vergleichung die Analogie der Gem-
men als eine ziemlich precäre erscheinen. Aphrodite ist auf denselben
angelehnt, die Attribute sind umgekehrt vertheilt. keiner von beiden
Armen ist erhoben, die Lanze schräg in der Linken gehalten. Dazu
kommt, dass der Ausdruck der Arier Statue nicht grade auf eine Victrix
hindeutet. Es fehlt jenes hohe Selbstbcwusstsein, das der Aphrodite von
Melos ihr Gepräge giebt; der Kopf ist träumerisch nach der Seite gesenkt
und zeigt die Göttin der Schönheit ohne den Nebenbegriff des Stolzes und
des Sieghaften, wie es in Verbindung mit den Waffen erwartet werden'
müsste, allerdings auch ohne das aphrodisische Lächeln und vollkom-
men frei von jedem sinnlichen Zuge2). —Die Girardon'sche Restau-
ration verdient daher immer noch wohl beachtet zu werden, und wenn
man auch statt zweier verschiedenen Attribute lieber ein einheitliches
Motiv annehmen möchte, so scheint doch der Charakter dieses Motivs
ein ähnlicher zu sein, wie ihn der Restaurator auffasste, nämlich der,
dass die Göttin mit ihrer Toilette beschäftigt war. Darauf ist auch Fröh-
') Z. B, Waagen Kunstw. und Künstler in Paris p. 140. Müll. Handbuch § 376. 6.
üverbeck Kunstarchäologische Vorlesungen p. 93. No. 142. Beide Restaurationen sind
neben einander abgebildet bei Clarac pl. 342. 1307.
2) Newton vergleicht ihren Kopf mit dem des bekleideten Torso im britischen Mu-
seum (oben p. 112. No. 3). Vgl. Arch. Anz. 1861, p. 243. 3.
In der Composition unterscheidet sie sich sowohl von den vorigen
als von der melischen durch den keineswegs gleichgiltigen Umstand,
dass ihr Körper auf dem linken, statt auf dem rechten Beine ruht.
Vielleicht ebendesshalb ist nun auch der rechte Arm der erhobene; der
Kopf aber gleichwohl nach links gewandt. ein wenig abwärts blickend,
wie auf den Gegenstand in der vorgestreckten Linken. Das Gewand ist
etwas höher um. die Hüften gelegt als bei der Aphrodite von Ostia und
entspricht im Umwurf eher der melischen , nur dass die Zipfel um den
linken Vorderarm geschlagen sind. Die Haare, ohne Stirnkrone, sind
zweimal von einem Band umwunden, dessen Enden lockenartig auf die
Schulter herabfallen.
Was die Ergänzung der Arme betrifft, so stehn sich zwei verschie-
dene Ansichten, auf verschiedener Auffassung der Statue beruhend,
gegenüber. Der Bildhauer Girardon, dem Ludwig XIV 1684 die Re-
stauration übertrug, gab ihr in die erhobene Linke den Apfel, in die
Rechte den Spiegel, und so ist es im Wesentlichen bis heute geblieben.
E. Q. Visconti und Clarac dagegen supponierten mit Bezug auf die
unten (p. 185) zu nennenden Gemmen-und Münzdarstellungen als Attri-
bute den Helm des Mars und die Lanze, und die meisten neueren Er-
klärer haben ihnen beigestimmt').
Nun lässt aber eine genauere Vergleichung die Analogie der Gem-
men als eine ziemlich precäre erscheinen. Aphrodite ist auf denselben
angelehnt, die Attribute sind umgekehrt vertheilt. keiner von beiden
Armen ist erhoben, die Lanze schräg in der Linken gehalten. Dazu
kommt, dass der Ausdruck der Arier Statue nicht grade auf eine Victrix
hindeutet. Es fehlt jenes hohe Selbstbcwusstsein, das der Aphrodite von
Melos ihr Gepräge giebt; der Kopf ist träumerisch nach der Seite gesenkt
und zeigt die Göttin der Schönheit ohne den Nebenbegriff des Stolzes und
des Sieghaften, wie es in Verbindung mit den Waffen erwartet werden'
müsste, allerdings auch ohne das aphrodisische Lächeln und vollkom-
men frei von jedem sinnlichen Zuge2). —Die Girardon'sche Restau-
ration verdient daher immer noch wohl beachtet zu werden, und wenn
man auch statt zweier verschiedenen Attribute lieber ein einheitliches
Motiv annehmen möchte, so scheint doch der Charakter dieses Motivs
ein ähnlicher zu sein, wie ihn der Restaurator auffasste, nämlich der,
dass die Göttin mit ihrer Toilette beschäftigt war. Darauf ist auch Fröh-
') Z. B, Waagen Kunstw. und Künstler in Paris p. 140. Müll. Handbuch § 376. 6.
üverbeck Kunstarchäologische Vorlesungen p. 93. No. 142. Beide Restaurationen sind
neben einander abgebildet bei Clarac pl. 342. 1307.
2) Newton vergleicht ihren Kopf mit dem des bekleideten Torso im britischen Mu-
seum (oben p. 112. No. 3). Vgl. Arch. Anz. 1861, p. 243. 3.