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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 1): Die Bildnisse berühmter Römer — Stuttgart, 1882

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https://doi.org/10.11588/diglit.662#0250

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238

Maeeenas.

Ueber den Charakter seiner Gesichtszüge haben wir keine
Andeutung; doch werden sie ebensowenig die Feinheit seines Geistes
und das neidlose Wohlwollen seiner Gesinnung, wie seinen Hang zur
Ueppigkeit und Weichlichkeit ganz verleugnet haben. Es war ein
Zeichen der letzteren, was ihm Seneca zum Vorwurf macht, dass er
nur mit verhülltem Haupt in öffentlichen Versammlungen zu erschei-
nen pflegte *. Denn dass er kahl gewesen sei und sich bloss ver-
hüllt habe, um seine Kahlheit zu verdecken, wie die Ausleger ge-
wöhnlich annehmen2, geht aus dieser Stelle nicht hervor. In seinen
späteren Jahren war er übrigens kränklich, namentlich durch immer-
währende Fieber und durch Schlaflosigkeit heimgesuchts, welchen
Uebeln er schliesslich erlag.

Die angebl. Maecenasbildnisse sind hauptsächlich auf Gemmen
begründet und haben eine überaus schwache Beglaubigung, obwohl
sonst besonnene Archaeologen ihre Autorität für sie eingesetzt haben.

Im Cabinet des Medailles zu Paris befindet sich ein Amethyst
mit dem Kopf eines unbärtigen bejahrten Mannes und der Künstler-
inschrift JI02KOYPIJOY (abg. Fig. 34) *. Das Bildnis ist charakteri-

siert durch eineGlatze,
welche von der Stirn
durch einen dün-
nen Kranz gelockter
Haare getrennt ist.
Es hat ein senkrechtes
Profil, eine durch-
furchte über der Na-

Fig. 3 4. Amethyst Fig. 35. Karneol
in Paris. in Neapel.

senwurzel vorquel-
lende Stirn, den Hah-
nentritt am Auge, eine
leicht (auf der Vis-
conti'schen Abbildung
viel zu stark) gebo-
gene Nase, abwärts
gezogeneMundwinkel,

eine vorstehende Unterlippe und ein schnell zum Hals abfallendes Kinn.

In Beziehung auf den Gegenstand sprach zuerst der Herzog Philipp

von Orleans die Vermutung aus, es werde, da der Steinschneider Dios-

1 Hunc esse, qui solutis twmeis in urbe semper incesserit..., qui in publico
coetu sie adpanwit, ut pallio velaretur eaput exclmis utrimque auribus. Sen.
Epist. 114. 6.

2 Missirini, Eaoul-Rochette a. a. 0. p. 61 und 93.

3 Plin. H. N. VII. 172.

* Vergrössert bei Bracci Memorie IL 59, Visconti Ieon. rom. XIII. 5; in
Originalgrösse bei Lenormant Tres. de Num. Ieon. rom. pl. IV. 11; Abdruck bei
Cades V. 307. Die Litt, der Abbildungen bei Köhler Ueber die geschnittenen
Steine mit Künstlernamen, p. 298. Anm. 53. Ueber Herkunft und Geschichte
des Steines vgl. Brunn Gesch. d. gr. Künstler II. p. 482 f. — Im Jahre 1812 wurde
er im Auftrag Napoleons weggenommen, um zu einem Schmuck verwendet zu
werden. Indes kehrte er im Anfang der dreissiger Jahre wieder in das Cabinet
zurück. S. Raoul-Rochette in der oben angeführten Schrift Di un busto di
Mecen. p. 100, Anm. 12, wonach Brunn zu vervollständigen.
 
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