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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 2,1): Die Bildnisse der römischen Kaiser: Das julisch-claudische Kaiserhaus — Berlin, 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.663#0135
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Schon früh von Augustus ausgezeichnet, wurde er 25 v. Chr.' mit
dessen Tochter Julia verheiratet und zugleich von ihm adoptiert.
Man glaubte allgemein, er sei von Augustus zum Nachfolger be-
stimmt , was sowohl von Livia als von Agrippa mit höchstem Ver-
druss aufgenommen wurde. Indes im Jahre 23 starb er, kaum 20-
jährig, in Bajae, wie es hiess, von Livia vergiftet. Augustus liess
ihn feierlich auf dem Marsfeld begraben und weihte ihm das daselbst
von Caesar begonnene Theater mit der Verordnung, dass ein goldenes
üildnis des Verstorbenen jeweilen bei den Spielen vorgeführt werden
sollte2. Auch das Volk hatte ihm seine Gunst zugewendet und be-
trauerte ihn, wie später den Drusus und Germanicus.

Vergil lässt ihn in der bekannten Stelle der Aeneis (VI. 860 ff.)
als einen schönen Jüngling in blitzenden Waffen, aber mit melan-
cholischem Ausdruck und niedergeschlagenen Augen dem Aeneas in
der Unterwelt entgegentreten3. Doch scheint der traurige Zug, den
ihm der Dichter giebt, nur eine Wendung zu sein, um an seinen
frühzeitigen Tod zu erinnern. Denn Vellejus (II. 93) nennt ihn im
Gegenteil laetus animi atque ingenii.

Münzen mit seinem Bildnis giebt es keine. Die Deutung des
angeblichen Marcelluskopfes auf einer griechischen Bronzemünze, un-
bekannt welcher Stadt *, hat an der Figur des Reverses (August zu
Pferde) einen viel zu geringen Halt. Auch etwa sich darbietende
Aehnlichkeiten mit Blutsverwandten (Octavia, Augustus) sind ein ver-
fängliches Kriterium. Die Bildnisse seiner Mutter Octavia sind selber
unsicher, und anzunehmen, dass eine physiognomische Verwandtschaft
mit Augustus vorhanden war, dazu haben wir kein Recht. Wenn
in der Ikonographie Mongez's nichtsdestoweniger ein Bildnis des
Marcellus figuriert, so hat es damit folgende Bewandtnis:

In der sog. Basilica zu Otricoli wurde zusammen mit zwei
Augustusstatuen (s. Aug. Nr. 13 und 18) und einer vermeintlichen
Livia (oben p. 91) eine mit der Toga bekleidete Knabenstatue ge-
funden, jetzt in der Candelaber-Gallerie des Vaticans Nr. 208
(der Kopf abg. Fig. 17)5, wie es scheint, ein Glied des augusteischen

1 Tantum quod piteritiam egresso. Suet. Aug. 63.

2 Dio LIH. 30.

8 Egregium forma juceiiem et fulgentibus armis,
Sed frons laeta parum et dejecla himina vultti.

4 Cohen Med. imp. I. p. 186. Anm.

5 Visconti Pio Clem. III. Tf. 24, vgl. tav. d'agg. A. II. 4; Pistolesi II Va-
ticano descr. VI. 39, 2; Mongez Iconogr. pl. 19* 2, der Kopf pl. 19. 6. 7; Duruy
Hist. des Rom. IV. p. 135.
 
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