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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 2,1): Die Bildnisse der römischen Kaiser: Das julisch-claudische Kaiserhaus — Berlin, 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.663#0255
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Die ältere Aa

Die ältere Agrippina.

Agrippina, die Gattin des Germanicus, wahrscheinlich im Jahre
14 oder 13 v. Chr. geboren, war die Tochter, des M. Agrippa und
der Julia, also die Enkelin des Augustus1. Ungleich ihrer Mutter
und ihrer Schwester, der Jüngern Julia, setzte sie ihren Ruhm in
Tugend und eheliche Treue, wie sie denn ihren Gemahl auf allen seinen
Feldzügen begleitete. Dabei hatte sie einen leidenschaftlichen Cha-
rakter, einen männlichen Geist2, und war erfüllt von dem Bewusstsein
ihrer hohen Abstammung3. Ihre Männlichkeit bewies sie u. a. als
sie in Germanien die durch eine Niederlage demoralisierten Legionen
wieder zum Gehorsam brachte (15 n. Chr.). Ihr Stolz aber offen-
barte sich namentlich in ihrem Benehmen gegen Tiberius und Livia,
welche sie als die Verdränger ihres Gemahls von der Kaiserwürde
betrachtete. Nachdem dieser in Syrien gestorben war (19 n. Chr.),
vergiftet, wie sie glaubte, von den Helfershelfern der Livia, kehrte sie
mit seiner Asche rachedürstend nach Rom zurück. Es genügte ihr
nicht, dass Tiberius den Widersacher und vermeintlichen Mörder des
Germanicus preisgab. Das Verhältnis wurde je mehr und mehr un-
leidlich. Hohe Ansprüche und bittere Reden von ihrer Seite, wach-
sendes Misstrauen des Tiberius und Intrigueu des Sejan von der
andern führten endlich zur Katastrophe. Im Jahr 29 wurde Agrip-
pina durch ein Schreiben des Tiberius des Hochverrats angeklagt und
vom Senat verurteilt. Sie wurde nach der Insel Pandataria verbannt,
wo sie drei Jahre darauf (33 n. Chr.) freiwillig den Hungertod starb4;
circa 46 Jahre alt. Sie hatte ihrem Gemahl neun Kinder geboren,
von denen 3 ganz jung starben. Unter den Ueberlebenden waren
Caligula und die jüngere Agrippina. Ihre Ueberreste wurden später
von Caligula im Mausoleum des Augustus beigesetzt und dorther
stammt das Piedestal der Aschenurne im Hof des Conservatoren-
palastes mit der auf sie bezüglichen Inschrift5.

1 Ueber die Daten ihrer Geburt und ihrer Verheiratung s. Mommsen im
Hermes 1878 p. 225 ff.

2 Ingens animi et qiiae virilibus curit feminarum citia exuerat. Tac. Amial. 1.69.

3 Tac. Annal. IV. 52.

* Suet. Tib. 53; Tac. Annal. VI. 25.
5 Vgl. C, I. L. VI. 886.
 
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