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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 2,1): Die Bildnisse der römischen Kaiser: Das julisch-claudische Kaiserhaus — Berlin, 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.663#0378
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lieben und einstige Bildnisse.

bruder Nero bereitete. Er war geboren am 14. Februar 42 x und
hiess eigentlich Ti. Claudius Germanicus. Doch tauschte man diesen
Namen sehr bald gegen den des Britannicus, den der Senat seinem
Vater und ihm nach dem Feldzug gegen Britannien decretierte. Schon
als Kind hatte er Anlass zur Eifersucht gegen seinen um drei Jahre
älteren Vetter L. Domitius, den späteren Nero, der als Enkel des
Germanicus ihm die Volksgunst streitig machte. Nach dem Sturz
seiner Mutter und dem sich daran schliessenden Emporsteigen der
jüngeren Agrippina, begann für ihn eine Zeit der Leiden, die erst mit
seinem Tode aufhörte. Er wurde zurückgesetzt, seiner Freunde be-
raubt, schliesslich vom Hofe entfernt und für epileptisch und blödsinnig
ausgegeben. Claudius wollte sich dagegen auflehnen, aber er musste
selber sterben, und Nero bestieg wirklich statt seines jugendlichen
Vetters und Bruders den Thron. Ein Jahr darauf, als Agrippina mit
ihrem Sohne zerfiel, und ihm drohte den Britannicus zu erheben, trat
das Schicksal auch an diesen heran. Nero reichte dem noch nicht
vierzehnjährigen Knaben beim Mahle den Gifttrank, der ihn sofort
dahinraffte (55).

Die Verhältnisse, unter denen Britannicus aufwuchs, und sein früh-
zeitiger Tod, der ihn nicht einmal den Abschluss der Knabenzeit und
den Empfang der Männertoga mit den dabei üblichen Ehren erleben
Hess, führen zu der Annahme, dass schwerlich jemals viel Bildnisse
von ihm existiert haben werden. So lange Messalina in ihrem Glänze
stand, war er ein unmündiges Kind; mit ihrem Sturze aber gieng sein
Nimbus, d. h. seine Aussicht auf den Thron verloren. So hatte der
Senat und hatten die Städte kein Interesse, ihm Bildsäulen zu er-
richten. Dagegen hatte Nero, nachdem er Kaiser geworden, ein
solches, die wenigen, die aufgestellt worden waren, wieder verschwinden
zu machen 2. Dann kam zwar die flavische Reaction, und Titus Hess
es sich nicht nehmen, das Andenken seines Jugendfreundes durch
zwei Statuen aufzufrischen, eine goldene auf dem Palatium, und eine
elfenbeinerne, welche ihn zu Pferde darstellte und welche noch zu
Suetons Zeit in der Pompa der Circusspiele vorgetragen wurde s. Allein
es scheint dies ein vereinzelter Fall, ein blosser Act der Pietät ge-
wesen zu sein, der keine weitere Nachahmung fand. Im Ganzen hatte
Britannicus eine zu unbedeutende Rolle gespielt, um auch später noch
durch Ehrenstatuen gefeiert zu werden.

1 Vgl. die Ausleger zu Tacit. Annal. XIH. 15 und Sueton Claud. 27.

ä Nach Clarac (zu pl. 937. 2390) und Andern erliess Nero einen ausdrück-
lich auf die Zerstörung der Britannicusbildnissc zielenden Befehl. Doch kann ich
nicht finden, wo dies überliefert ist.

3 Sueton Titus. 2.
 
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