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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 2,1): Die Bildnisse der römischen Kaiser: Das julisch-claudische Kaiserhaus — Berlin, 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.663#0430
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Poppaea.

417

Münzen römischen Gepräges existieren von Poppaea keine, und
diejenigen der griechischen Städte sind ziemlich unzuverlässig, was
schon aus der Verschiedenheit ihrer Typen hervorgeht. Doch sieht
man, dass die Haartracht ungefähr die gleiche wie bei der jüngeren
Agrippina: am Vorderkopf gekräuselte Löckchen, hinten ein schleifen-
artiger Zopf und je zwei Seitenlocken. Eine der besten Darstellungen
scheint auf einer Mittelbronze von unbekannter Stadt mit dem Revers
des Nerokopfes erhalten (abg. Taf. XXXV. 19). Danach müsste sie
eine niedrige Stirn und ein griechisches Profil mit wenig zurück-
tretendem Untergesicht gehabt und die Haare etwa wie Agrippina
auf den grösseren Silbermedaillons (ibid. 2. 3) getragen haben.
Indes andere Münzen stimmen damit nicht überein (vergl. das dem
Nero gegenübergestellte Bildnis auf einer smyrnäischen Münze (Taf.
XXXV. 20)1, so dass wir hier ziemlich im gleichen Falle sind wie
bei Octavia.

So lange man keine andern Hilfsmittel als die Münzen hat —
die vermeintlich noch vorhandenen sind ganz trügerisch (s. unten) —
wird man darauf verzichten müssen, Bildnisse der Poppaea ausfindig
zu machen. Was in den Gallerien unter ihrem Namen geht, entbehrt
aller und jeder Begründung.

Die Büste des capitolinischen Kaiserzimmers Nr. 17 (abg.
Bottari II. 18)2 ist ein niedliches, geziertes Dämchen, dessen Frisur
— die Haare sind von einer Flechtenkrone umwunden — wie die
ähnliche der sitzenden sog. Agrippina daselbst auf eine spätere Zeit
als die der Poppaea weist. Künstlerisch ohne Bedeutung ist sie be-
kanntlich ein Unicum dadurch, dass Kopf und Brust aus einem Stück
und doch von verschiedenem Marmor (jener weiss, diese violett
gefleckt).

Die Florentiner Büste, üffiz. Nr. 69 (Dütschke Ant. Bildw. III.
Nr. 123)3, mag nach Zopf und Seitenlockeu der julisch-claudischen
Zeit angehören, obwohl die perrückenartigen Haarwellen ums Gesicht
herum die Sache zweifelhaft machen. Aber warum soll es Poppaea
sein? Von Anklängen an ihre Münzen, wenn man denn in Ermange-
lung eines Besseren an sie recurrieren will, ist keine Spur. Warum
eine Kaiserin? Die stephauosartige Haarflechte kann unmöglich als
dahin zielendes Abzeichen gefasst werden. Die ganze Arbeit scheint
für neronische Zeit zu stumpf und zu roh.

1 Oder die Münzen von Alexandria (Coli. I. p. 315. 3) und von Perinth
(Annal. d. Inst. 1842, Tav. d'agg. 0. 17).

2 Vgl. Winckehnaim W. VI. 2. p. 313.
a Photogr. Alinari. Xr. 112.S7.

Bornonlli, Ikonographie. 11. 27
 
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