Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bertuch, Friedrich Justin; Bertuch, Carl
Bilderbuch für Kinder: enthaltend eine angenehme Sammlung von Thieren, Pflanzen, Früchten, Mineralien ... alle nach den besten Originalen gewählt, gestochen und mit einer ... den Verstandes-Kräften eines Kindes angemessenen Erklärung begleitet (Band 11) — Weimar, 1824

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3218#0119
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Verm. Gegenstände. CCXCV.

Bd. XL No. 4<*

MANBY'S VERFAHREN, GESTRANDETEN SCHIFFEN Zu

HÜLFE ZU KOMMEM.

Für diese Erfindung hat das Parlament dem Haupt-
mann Manby zu Yarmouth eine Belohnung von 6,000
Pfund Sterling bewilligt; und an den gefährlichsten
Theilen der Englischen Küste ist sie seit mehrern Jah-
ren schon mit dem bestenErfolg angewendet worden.
Die häufigsten und schlimmsten Fälle von Schiffbrü-
chen sind diejenigen, welche sieh in einer Entfernung
von 150 bis 600 Fufs von der Küste ereignen, weit
dann die Menschen, wenn sie an's Land zu schwim-
men versuchen, entweder durch die Heftigkeit getöd-
tet werden, mit welcher sie von den Wogen gegen
(das Ufer geworfen werden, oder weil sie von der Bran-
dung zurückgeworfen werden und, trotz ihrer Anstren-
gungen, ertrinken müssen. Hauptmann Manby befe-
stigt an ein Tau eine Kugel und schiefst diese nachdem
gestrandeten Schiff. Indem er auf diese Weise eine
Communication zwischen dem Schiff und dem Lande
bewerkstelligt hat, so ist es nun leicht, mittelst des
Taues andere Sachen nach dem Schiffe hinzubringen,
wodurch es der Schiffsmannschaft möglich wird, an's
Land zu kommen, Fig. 1. ist ein eiserner Mörser, der
mit der Unterlage 2ç Ceutner wiegt, leicht von zwei
Menschen - auf einer Tragbahre fortgeschafft werden
kann und im Stande ist, eine 24pfündige Kugel, mit
einem 1| Zoll dicken Tau daran, 500 Fufs weit, und
wenn das Tau etwas dünner ist, 640 Fufs weit gegen
den heftigsten Wind anzuschleudern. An einem sol-
chen Tau kann man ein Boot vom Lande nach déni
Schiffe bringen, und diefs ist oft nothwendig und von
der gröfsten Wichtigkeit, da nicht selten das Schiffs-
.volk durch Anstrengungen so erschöpft oder durch
Kälte so erstarrt ist, dafs es zu seiner eigen en Rettung
.nichts mehr zu thun im Stande ist.. Manby bedient
sich zweierlei Kugeln. Die einen bestehen aus einer
kurzen eisernen Stange mit einem Ring an dem einen
Ende und mit dem andern in eine hohle eiserne Kugel
befestigt, die dann mit geschmolzenem Blei ausgefüllt
.wird etc., s> Fig. 2. Die andere Art von Kugeln, Fig. 3.
ist mit Widerhaken versehen, um in das Tauwerk oder
irgend einen andern Theil des gestrandeten Schiffs ein-
zugreifen. Den Widerhaken gegenüber befinden sich
an dem Stiele noch andere Haken, wodurch verhindert
wird, dafs das einmal Gefafste ihr nicht wieder ent-
gleiten kann. An die Kugel befestigt man ein Tau,
oder auch starke Riemen, s. Fig. 2-, welche bis dicht
an den eisernen Ring zusammengeflochten werdenmüs-
sen. Grofse Genauigkeit ist erforderlich bei dem Zu-
rechtlegen des Taues vor dem Abfeuern des Mörsers.
Auf einem ebenen Ufer kann leicht das Tau auf die
Fig. 4. abgebildete Weise gelegt werden; jede einzelne
Lage darf aber nicht über 4 Fuis lang seyn, weil sonst
das Tau zerreifst. Man hat auch eine Vorkehrung ge-
troffen, zurechtgelegte Taue aufzubewahren und von
einem Orte zum andern, ohne eine Verrückung zu
tränsportiren. .'Man. bedient sich dazu eines Korbes,
in welchem das Tau durch eine fest darüber geschnall-
teDecke in der gegebenen.Lage erhalten wird. S.Fig.5.
Hat man eine Kugel mit einem Tau, s. Fig. 6., über das
Schiff weggeworfen, so befestigt die Schiffsmannschaft
das Tau an irgend einem festen Ort, und man kann
alsdann an dem Tau ein Boot von dem Schiff an's
Land, oder vom Lande nach dem Schiff hinbringen.
Statt des Bootes kann man sich auch eines Korbes
oder sogenannten Cms, Fig. 7., bedienen, der durch
Korkhoiz oder angebundene leere und wohlverschlos-

seneTonnen schwimmend gemacht worden ist. Sollte
weder ein Boot, noch ein solches Cot vorhanden sey»,
so zieht man ein Stück Tau in's Schiff, und macht
eine doppelte Schlinge daraus, und diese legf sich der
Mensch dicht unter den Armen um die Brust, so dafs
der Knoten der Schlinge vorn auf's Brustbein zu lie-
gen kommt, Fig. 8. Auf diese Weise befestigt wird
er an's Land gezognen.

Fig. 9. stellt einen Mann vor, der einen leichten
Mörser nebst dem ganzen Rettungsapparat mit Leich-
tigkeit transportirt. Auf dem Rücken trägt er eine»
hölzernen Rahmen mit konischen Pflöcken, Um wel-
che einige 100 Ellen Leine gewunden sind. Ein zwei-
pfündiger Mörser nebst Unterlage hängt an einem
Riemen über die Schulter, und um die Brust ge-
schnallt ist eineBüchse mit Patronen und R.öhren zum.
Abfeuern nebst einem Glas mit Schwefelsäure , Lun-
ten u. s. w. Das Ganze wiegt etwas über S2 Pfund.
Die Kraft eines kleinen Mörsers soll übrigens noch
bedeutend dadurch vermehrt werden, dafs man der
Kugel die Fig. 10. u. 11. dargestellte Form giebt. Die
Schufsweite soll dabei viel gröfser seyn, als bei wirk-,
liehen sphärischen Kugeln. Ereignet sich ein Schiff,
bruch in einer.so dunkeln Nacht, dafs man nicht im
Stande ist, die Stelle zu erkennen, wo das Schiff liegt,
und folglich auch nicht mit dem Mörser darnach zu
zielen, so pflegt Manby eine hohle Kugel, die ge-
rade in den Mörser pafst, aus vielfach übereinander
geklebtem Patronenpapier verfertigt, mit etwa 50
Leuchtkugeln oder sogenannten Sternen und einer hin-
reichenden Menge Schiefspulver zu füllen', die Oeff-
nung mit einer Art Patrone zu verschliefsen und in
diese kleine Lunten oder Schwefelfäden zu befesti-
gen, damit sie das Pulver in der Kugel entzünden und
sie in einer Höhe von S00 Ellen zersprengen müssen.
Siehe Fig. 11. Dadurch werden die Sterne weit um-
hergeworfen, und verbreiten über eine Minute lang
ein solches Licht, dafs man alle Gegenstände genau
erkennen und den Mörser nach dem Schiffe hinrich-
ten kann. Um ferner die Leute auf dem Schiff in,
den Stand zu setzen, die Richtung des Taues und die
Stelle," wo es .niederfällt, zu erkennen, bedient man
sich einer hohlen Kugel, mit 4 Oeffnungen unterhalb
des Ringes. Die Kugel wird mit einer brennbaren
Masse angefüllt, welche bei'm Verbrennen aus jeder
Oeffnung einen Strom des hellsten Feuers von sich
giebt, s. Fig. 12, Die Oeffnungen werden mit einer
A.rt Patrone verschlossen; bei'm Abfeuern entzünden
sich letztere, und verbreiten durch das ausströmende
Feuer in ihrem ganzen Flug ein solches Licht, dafs
man nicht nur die Kugel selbst, sondern auch das
Tau, welches sie nach sich zieht, und alle umgeben-
den Gegenstände erkennen kann. Auch hat man ein
besonders zweckmäfsiges Rettungsboot empfohlen, in
welchem man, um es in jedem Falle schwimmend zu
erhalten, an beiden Seiten leere Tonnen angebracht
hat, und welches aufseu mit Seitenbretern versehen
ist, die so tief herunterragen, als der Kiel. Letztere
dienen dazu, es in einer geraden horizontalen Rich-
tung zu erhalten, wenn es von einem flachen Ufer
abgeht oder an ein solches herankommt. Aufserdem
sind noch eine Menge Vweckmäfsiger Einrichtungen
dabei angebracht. Ein solches Boot ist Fig, 13, ab-
gebildet. .
 
Annotationen