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Zwei Söhne.
Kriminal-Novelle
von
Ar. Friedrich.'
(Fortsetzung.)
Heinrich blieb noch zurück,
während Geldern sich auf sein
Zimmer begab. Den Zwang,
den er sich hatte auserlegen
müssen, schüttelte er ab, un-
gestört konnte er sich der
Freude über die wichtige Ent-
deckung, zu der ihm ein Zu-
fall verhalfen hatte, hin-
geben. Er konnte kaum die
Zeit abwarten, bis er Licht
angezündct hatte, um beide
Papiere zu vergleichen. Mit
vor Aufregung zitternder
Hand faltete er dieselben aus-
einander und verglich die
Schrift. Nicht einen Augen-
blick lang war er im Zweifel,
daß beide Schriften von Einer
Hand herrührten. Die Aehn-
lichkeit war zu groß, um
täuschen zu können. Der
Streifeir gehörte zu einem
an Hugo gerichteten Briefe
von einen: Mann in der Re-
sidenz, der ihn an die Be-
zahlung einer Schuld er-
innerte.
Seldern hätte über diese
Entdeckung laut aufjubeln
mögen. Jetzt war Hugo's
Schuld unzweifelhaft bewie-
sen, eine Rettung desselben
unmöglich. Er wollte zu
Mattan eilen, um ihm die
wichtige Entdeckung mitzu-
theilen, er hätte ihn indeß
wecken müssen, da es bereits
spät am Abend war, und
er mußte Alles vermeiden,
Was Aufsehen erregen und


GeurriUlierttenant v. Frausrcktz. (S. 147.

Hugo aufmerksam machen konnte. Derselbe hatte! konnte auch an die Entdeckung seines Verbrechens
offenbar von der Bedeutung jenes Brieses keine j nicht denken. Seine Heiterkeit widersprach jedem
Ahnung, sonst würde er ihn vernichtet haben; er Gedanken an eine ihm drohende Gefahr.

Dennoch fiel Seldern
diese Heiterkeit auf. Er
kannte Hugo zu gut, um
nicht zu wissen, daß sie eine
erzwungene und deshalb auch
berechnete war. Was konnte
er dadurch zu erreichen
suchen? Hugo war zu klug,
um irgend etwas ohne Be-
rechnung zu thun.
Seldern löschte das Licht
aus und begab sich durch
die kleine Thüre in den Park,
um Hugo durch das Fenster
zu beobachten. Seine Er-
müdung war durch die Ent-
deckung geschwunden, zum
Schlafe würde er ohnehin
keine Ruhe gefunden haben.
In Hugo's Zimmer be-
merkte er noch Licht, er hörte
wie die Gläser aneinander
klangen, Heinrich war also
noch bei ihm. Einige Zeit
blieb er dem Fenster gegen-
über beobachtend im Gebüsche
stehen. Plötzlich wurde das
Licht ausgelöfcht und gleich
daraus das Fenster leise ge-
öffnet. Er sah Hugo durch
dasselbe in den Park steigen,
ihm folgte Heinrich. Hugo
war ihm beim Niedersteigen
behilflich. Was konnten sic
im Sinne führen?
Arm in Arm schritten sie
dicht an ihm vorüber.
. „Seldern schläft bereits,"
sprach Hugo, indem er zur
Seite blickte.
„Der Wein schien ihm
zu Kopf gestiegen zu fein,"
bemerkte Heinrich.
„Sprich leise," fiel Hugo
mit gedämpfter Stimme ein.

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