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Der Husar von Straßburg.
Eine Geschichte aus der Franzoscnz eit
von
Kilo Weser-
(Fortsetzung.)
Der Obermeister stärkte sich nach dieser Ver-
vollständigung der betreffenden Gespenstergeschichte
durch einen derben Schluck und die Großmutter
fuhr in ihrer Erzählung fort:
„Der Lieutenant stellte sich am
Abend vor seiner Abreise schon zeitig
ein, obgleich er wußte, daß der Vater
im versammelten Handwerke zu thnn
hatte und vor sieben Uhr nicht zu-
rückkehren würde. Ziegenhorn fand
mich demnach allein. Nachdem er
mich begrüßt und Säbel nebst Tzschako
abgelegt hatte, schaute er eine kurze
Weile stumm vor sich hin. Dann
trat er auf mich zu und sagte mit
einer so sanften Stimme, daß sie
zu dem kriegerischen Gesicht gar nicht
paßte: „Jungfer Rechne, ich bin
zeitig gekommen, um Sie allein an-
zutreffen, denn ich habe etwas mit
Ihnen insgeheim zu sprechen."
Aengstlich und betroffen schaute
ich dem Offizier in seine blitzenden
schwarzen Augen. Um des Himmels
willen — wußte er vielleicht gar
was von dem versteckten Straßbur-
ger Husaren?
Meine Befürchtung war uu-
nöthig. Der Lieutenant öffnete einige
Knöpfe seiner Uniform und zog das
silberne Herzlein mit den rothen
Steinchen hervor, welches er an einem
schwarzen Bande auf der Brust trug.
Er erzählte mir darauf, wie er mich
schon vor vier Jahren lieb gehabt,
aber als ein armer Geselle nicht
den Muth besessen habe, mir das
zu sagen. — Es steht einer alten
Frau nicht wohl au, von solchen
Liebesgeschichten zu sprechen, deshalb
will ich nur kurz bemerken, daß der
Lieutenant mich fragte, ob ich seine

Frau werden wolle. Nun war ich aber damals k
schon verlobt, und das sagte ich dem Lieutenant
und bat ihn, mir nur ja seine Freundschaft nicht
zu entziehen, die mir viel werth sei. Ich sah,
daß er gerührt war. Er faßte meine Hand und
blickte mich treuherzig an.

berne Herzleiu mit den rothen Steinen als An-
denken an meine erste und letzte Liebeswerbung
tragen. Es ist für einen Soldaten wohl auch so
am besten! Lassen Sie mich Ihren Freund sein
und denken Sie manchmal an mich. — Und nun
wollen wir über dis Sache kein Wort mehr

Moriz Karl Henning v. Blnnckenburg. (S. 507.)

„Es soll nicht sein, Jungfer Regine," sagte er, sprechen!
„und so wünsche ich Ihnen in Ihrem künftigen! „Ich bin stolz auf die Freundschaft eines Man-
Ehestande alles Glück. Dagegen werde ich ein nes wie Sie, Herr Lieutenant," rief ich. „Und zwar
Junggeselle bleiben bis zum Grabe und das sil- jetzt gleich können Sie mir einen Beweis dieser
Freundschaft geben, indem Sie mir
und meinem Vater einen Dienst lei-
sten, der für uns von der höchsten
Wichtigkeit ist."
„Ich schwöre Ihnen bei meiner
Ehre, daß ich's thun werde," rief
der Offizier.
„Nun wohlan, Herr Lieutenant.
Hier im Hause halten wir feit drei
Wochen einen französischen Soldaten
versteckt und den — müssen Sie
retten!"
Der Offizier fuhr zurück als
hätte ihn eine Schlange gestochen.
„Ein Franzose im Hause? Um Gottes
willen — ist Ihnen der Befehl des
Gouverneurs nicht bekannt?" rief er.
„Freilich ist er mir bekannt und
eben deshalb muß der Franzose fort!"
antwortete ich. — Und nun erzählte
ich dem Offizier die ganze Geschichte
von dem Husaren und daß außer
mir Niemand um das Geheimniß
seiner Anwesenheit wisse, selbst mein
Vater nicht. Zugleich verschwieg ich
ihm auch nicht das Gerächt von
der Gespenstererscheinung.
Ziegenhorn ging einige Male
nachdenklich im Zimmer auf und ab,
dann blieb er vor mir stehen und sah
mich mit strengem Blicke an. Meine
Herzensangst könnt ihr euch denken!
„Jungfer Regine," begann er,
„Gott ist mein Zeuge, daß ich mei-
nen König und meine Soldatenehre
höher schätze, als das Leben. Meine
Pflicht wäre es, den Franzosen ohne
Weiteres zu verhaften und dem Gou-
vernement auszuliefern; aber mag
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