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dieses Plötzliche

Die wilde Prinzeß.
Roma n
von
Kkrk Kartinann-Z-llörr.
(Fortsetzung.) Nachdruck verboten.)
UN Wohl, Maria, Dn Ntagst es immer-
hin erfahren," erwiederte Wellbrandt, „be-
halte aber das Geheimniß noch für Dich —
mn den jungen Komponisten thut es mir-
leid, er ist ein trefflicher Künstler, aber
ich kann ihm nicht helfen — der Verbrecher ist sein
Vater."
„O mein Gott, mein Gott!" jammerte Maria.
„Was ist Dir, mein Kind? Woher
Erschrecken? diese Thränen?"
„Ich darf es Dir nicht länger
verschweigen, Vater, es bricht mir
das Herz — der Komponist, der
Sohn des Freiherrn ist mein Ver-
lobter !"
„Unmöglich, Maria!"
„Ich flehe Dich an, Vater —
Konrad ist so gut, so edel — schone
den Freiherrn um seinetwillen, die
Schande des Vaters trifft ja auch
sein Haupt, gibt auch ihn der Ver-
achtung Preis!"
Wellbrandt erhob sich und ging
erregt mit großen Schritten im
Zimmer auf und ab.
„Er hat mich der Verachtung
preisgegeben," sagte er mit tiefer
Stimme, „er hat mich Jahrzehnte
um mein Lebensglück betrogen, jetzt,
da ich Dich gefunden, Maria, weiß
ich erst, was ich entbehrt habe. Wie?
soll der Missethäter straflos aus-
gehen, während ich gebüßt habe, als
Hütte ich den schweren Diebstahl wirk-
lich begangen? O, nein, nein! So
dürfen wir die göttliche Gerechtigkeit
nicht verrücken, der Himmel hat mich
zum Rächer auserfehen, er hat mir
das Material in die Hand gegeben,
die Rache muß vollzogen werden!"
„Konrad aber ist unschuldig, und
wenn die Strafe feinen Vater erreicht,
so muß auch er unsäglich darunter
leiden. Vater, es ist die erste Bitte,
die ich an Dich richte, wende dieses
furchtbare Schicksal vom Haupte mei-
nes Verlobten ab!"
„Maria, was muthest Du mir
zu! Weißt Du, was Du von mir
forderst? Du verlangst von mir, ich
soll die einzige Gelegenheit unbenutzt
lassen, meinen ehrlichen Namen wieder
zu erhalten! Auch die Ehre Deines
Namens steht auf dem Spiel!"

und seine Ehre, und nun bricht die Sonne aus den
dunkeln Wolken zum ersten Male wieder hervor, die
himmlische Aussicht eröffnet sich mir, daß meine Un-
schuld an den Tag gelangt, daß meine Ehre wieder her-
gestellt wird, daß ich den fremden Namen abwerfen und
den ehrlichen Namen Wellbrandt wieder tragen kann,
daß ich mich nicht scheu zu verstecken brauche, wenn
mir ein Gesicht begegnet, das ich von früher zu kennen
glaube, daß ich ohne Furcht die Gespielen meiner
Jugend aufsuchen, und ohne die Augen niederschlagen zu
müssen jedem Menschen in meiner Heimath frei iws
Gesicht blicken darf — und jetzt soll ich Alles, Alles
anfgeben? Aufgeben den süßen Traum meiner endlichen
Rechtfertigung? Soll wieder das Land verlassen, das
mir ausis Neue theuer geworden, und auch von Dir
mich fern halten, damit man nicht den verbreche-
rischen Vater in mir ahnt? O, das
wäre hart, bitter hart!"
„Gott, Gott!" schluchzte Maria,
„gibt es denn kein Mittel, Dich von
dem Verdacht der Schuld zu befreien
und Konrads Vater vor dem fürch-
terlichen Sturz zu bewahren? Wenn
Du zu ihm gingest? Wenn Du
ihm die Beweise zeigtest und ihn
auffordertest, irgend eine Form zu
erdenken, wodurch Deine Unschuld
anerkannt werden könne. Welche
Wege stehen einem so einflußreichen
Manne nicht offen? Wenn er in
den öffentlichen Blättern bekannt
machte, ein Mann, dessen Name er
feiner Familie wegen nicht nennen
wolle, habe ihm auf den: Todten-
bette auvertraut, daß er der Thäter
des Diebstahls und Wellbrandt un-
schuldig fei, Ulan würde ihm glauben
und Du wärest von aller Schuld
gereinigt!"
„Du hast einen erfinderischen Geist,
Maria. Nun denn, es sei! Wenn
er das will, und dazu werden ihn
doch Wohl meine Beweise zwingen,
so will ich um Deinetwillen meine
Rachegcdanken aufgeben und mich
begnügen mit der Herstellung meines
ehrlichen Namens. Das ist der ein-
zige Ausweg — Du hast Recht, so
kann es gehen, auf diese Weise können
Deine Thränen, mein Kind, am besten
getrocknet werden!"
Er nahm die beiden Handschriften
aus feiner Brieftasche heraus und sie
seiner Tochter zeigend, sagte er:
„Betrachte sie Dir einmal, Maria,
das wird doch Jedem einleuchten,
daß beide von einer Hand geschrie-
ben sind! Die Schrift ist zu eigen-
thümlich mit all ihren Schnörkeln,
so, gerade so gibt es keine Zwei von
verschiedenen Verfassern."

„O mein Gott, wer hilft, wer rettet uns aus diesem
Unglück? Und wenn mein jetziger Name gereinigt
wird, fo ist mein zukünftiger wieder entehrt! Ja, wird
Konrad die Tochter des Mannes noch lieben können,
dessen Vater ihn und seine Familie in das Unglück ge-
stürzt? Ach, kein Ausweg, wohin ich blicke!"
Der Schmerz der Tochter zog dem Vater das Herz
krampfhaft zusammen, feine Athem wurde schwer, als
wenn sich plötzlich eine Last auf feine Brust gelegt hätte,
mit noch größeren Schritten durchmaß er unaufhaltsam
das Zimmer und fuhr sich mit der Hand durch das
graue Haar.
„O, wenn Du wüßtest," sprach er mit einem tiefen
Seufzer nach einer längeren Pause, „was es heißt, un-
schuldig vom Schwurgericht verurtheilt zu werden, fliehen
zu müssen in ein anderes Land, zurückzulasfen fein Kind
 
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